Rn. 440
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Die Vorschrift steht seit 1934 unverändert im Gesetz. Sie hat als lex specialis rein deklaratorischen Charakter (allgemeine Meinung, zB BFH v 28.11.1980, VI R 193/77, BStBl II 1981, 368; BFH v 27.04.1990, VI R 35/86, BFH/NV 1990, 701; Kreft/Bergkemper in H/H/R, § 9 EStG Rz 430). Zu den WK gehören nach § 9 Abs 1 S 3 Nr 3 EStG auch:
- Beiträge zu Berufsständen und sonstigen Berufsverbänden,
- deren Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist.
Rn. 441
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§ 9 Abs 1 S 3 Nr 3 enthält selbst keine Begriffsbestimmung des Berufsverbands bzw Berufsstands. Nach einer vom BFH verwendeten Definition ist unter Berufsverband ein Zusammenschluss natürlicher oder juristischer Personen zur Wahrnehmung allgemeiner, aus der beruflichen oder unternehmerischen Tätigkeit erwachsender ideeller und wirtschaftlicher Interessen eines Berufsstands oder Wirtschaftszweigs zu verstehen (BFH v 04.03.1986, VIII R 188/84, BStBl II 1986, 373; BFH v 27.04.1990, VI R 35/86, BFH/NV 1990, 701; s auch Gutachten des BFH v 17.05.1952, I D 1/52 S, BStBl III 1952, 228). Berufsstand und Berufsverband werden allgemein als Synonyme angesehen, wobei Berufsverband der Oberbegriff ist.
Rn. 442
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Abzugrenzen ist der Berufsverband von Vereinigungen, die sich, über die spezifischen Interessen des konkreten Berufs hinausgehend, im Wesentlichen allgemein-politisch betätigen, da sonst die Einschränkung der Abzugsfähigkeit für Spenden an politische Parteien umgangen werden könnte. Kein Beitrag zu einem Berufsverband – aber möglicherweise abzugsfähige Spende – liegt beispielsweise vor, wenn ein Verein über die berufliche Gleichstellung homosexueller Menschen hinausgehend die Gleichstellung in allen gesellschaftlichen Bereichen anstrebt (FG Sa v 14.03.2005, 1 K 30/02). Schädlich ist es deshalb auch, wenn ein Berufsverband seine Beitragseinnahmen in nicht unerheblichem Umfang (mehr als 20–25 %) an eine politische Partei weiterleitet.
Rn. 443
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Typische Berufsverbände sind zB Gewerkschaften, Beamten- und Richterbund, Institut der Wirtschaftsprüfer, Steuerberater-, Ärzte-, Anwalts-, Industrie- und Handelskammern, Haus- und Grundbesitzervereine. Ob ein Verband im Einzelfall als Berufsverband angesehen werden kann, ist nach seinen satzungsgemäßen Aufgaben, darüber hinaus aber auch nach seiner tatsächlichen Verbandstätigkeit zu bestimmen (misstrauisch der BFH gegenüber dem Wirtschaftsrat der CDU eV, BFH v 13.08.1993, VI R 51/92, BStBl II 1994, 33, Berufsverbandseigenschaft vom FG RP im zweiten Rechtsgang aber letztlich bejaht, FG RP v 26.04.1995, 1 K 2662/93, EFG 1995, 799). Eine satzungswidrige Geschäftstätigkeit des Verbands ist aber nur dann schädlich, wenn der StPfl Kenntnis von ihr hatte (BFH v 07.06.1988, VIII R 76/85, BStBl II 1989, 97).
Rn. 444
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Negatives Tatbestandsmerkmal ist, dass der Zweck des Verbands nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet sein darf. Hinsichtlich des Begriffs des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs kann auf § 14 AO verwiesen werden. Käme hier ein WK-Abzug in Betracht, könnte sich der Verband gegenüber seiner Konkurrenz ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile im Hinblick auf seine Selbstfinanzierungskosten verschaffen.
Rn. 445
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Ein WK-Abzug durch den StPfl setzt neben der abstrakten Berufsverbandseigenschaft der Organisationseinheit weitergehend voraus, dass dieser Verband die spezifischen Interessen des jeweiligen StPfl vertritt (BFH v 02.10.1992, VI R 11/90, BStBl II 1993, 53; BFH v 13.08.1993, VI R 51/92, BStBl II 1994, 33). Dies wird beispielsweise zu verneinen sein, wenn der StPfl nach einem Berufswechsel weiterhin Mitglied seines bisherigen Berufsverbands bleibt oder er nicht darlegt, warum der Berufsverband gerade seine Interessen vertritt (FG Sa v 25.01.2001, 1 K 104/00: nichtselbstständig beschäftigter ArbN als Mitglied in einem Verband der Jungunternehmer).
Ebenso deckt § 9 Abs 1 S 3 Nr 3 EStG nur den Beitrag als solchen ab, nicht aber Aufwendungen anlässlich der Mitgliedschaft, wie etwa für die Teilnahme an Veranstaltungen gesellschaftlichen Charakters (Polizeifest, FG Köln v 26.10.1988, 1 K 259/86, EFG 1989, 171) oder Reisen allgemein-touristischen Inhalts (Bildungsreise des DGB in die Sowjetunion ohne Bezug zur Berufstätigkeit des StPfl, BFH v 25.03.1993, VI R 14/90, BStBl II 1993, 559).
Auszugrenzen sind Aufwendungen insoweit, als ihnen konkrete Gegenleistungen des Verbands gegenüberstehen, wie etwa bei einer mit der Mitgliedschaft verknüpften Rechtsschutzversicherung, Sterbegeldumlage einer Rechtsanwaltskammer oder bei Bezug einer auch entgeltlich im Zeitschriftenhandel vertriebenen, vom Verband herausgegebenen Zeitschrift (FG BdW v 22.02.2002, 12 K 119/01: VDI-Nachrichten; im Streitfall wurde Beitrag allerdings als Sonderausgabe geltend gemacht). In diesem Fall sind die entsprechenden Aufwendungen, notfalls im Wege der Schätzung, aus d...