Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang der vom Grundsicherungsträger zu erstattenden Nebenkosten

 

Orientierungssatz

1. Kosten des Hilfebedürftigen für den Schriftverkehr mit dem Grundsicherungsträger sind nach dem SGB 2 nicht erstattungsfähig. Diese sind aus dem Regelbedarf aufzubringen. Die Erstattung von Kosten eines Verwaltungsverfahrens sieht weder das SGB 2 noch das SGB 10 vor.

2. Fahrtkosten zum Träger der Grundsicherung sind lediglich nach den Vorschriften des § 65a SGB 1 bzw. des § 59 SGB 2 erstattungsfähig.

3. Eine Erstattung von Bewerbungskosten setzt nach § 37 Abs. 1 SGB 2 eine Antragstellung vor Anfall der Kosten voraus.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 28.09.2017; Aktenzeichen B 4 AS 323/17 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 30.05.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten für Postwertzeichen, Druckkosten, Fahrkosten, für Arbeitskleidung sowie von Kosten der Kontoüberziehung.

Der am 00.00.1968 geborene Kläger bezieht zumindest ab 2013 als Alleinstehender durchgehend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

Am 02.12.2015 war der Kläger als Komparse für die O TV Produktionsgesellschaft mbH tätig. In einer E-Mail vom 30.12.2015 teilte der Kläger dem Beklagten diese Tätigkeit und das hierbei erzielte Einkommen mit, forderte Unterstützung bei der Arbeitssuche und beantragte die Übernahme der Kosten für eine "Druckerpatrone für das Ausdrucken von Formularen und anderweitigen Beantragungen".

Mit Schreiben vom 09.01.2016, übersandt als Anlage zu einer E-Mail vom selben Tage, beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Übernahme bzw. Erstattung folgender Kosten im Zusammenhang mit Bewerbungen und Schriftverkehr mit dem Beklagten: Druckerpatrone in Höhe von 20,99 Euro (Kaufbeleg vom 08.01.2016), Druckkosten seit dem 03.01.2014: 1.226 Seiten x 0,20 Euro = 245,20 Euro sowie Fahrkosten seit dem 15.10.2015: 3.489 km x 0,20 Euro = 697,80 Euro.

Mit einem weiteren Schreiben vom 17.01.2016, ebenfalls übersandt als Anlage zu einer E-Mail, beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Übernahme bzw. Erstattung folgender Kosten: Postwertzeichen für die Übersendung der Weiterbewilligungsanträge (Beleg über 4,40 Euro), Arbeitskleidung für seine "Tätigkeit als Darsteller im TV" (Kaufbelege über Hosen, Schuhe und einen Schal über insgesamt 122,35 Euro vom 12. und 14.01.2016), Kosten der Kontoüberziehung ohne Angabe der Höhe, Druckkosten für Anträge: 14 x 0,20 Euro = 2,80 Euro sowie Fahrkosten für die Zustellung der Anträge bei dem Beklagten: 22 km x 0,20 Euro = 4,40 Euro.

Mit Bescheid vom 20.01.2016 lehnte der Beklagte die Übernahme bzw. Erstattung der Kosten ab. Leistungen für die Beschaffung von Postwertzeichen sowie die Übernahme von Druckkosten seien nur nach §§ 16 SGB II i.V.m. 44 SGB III möglich, soweit dies für die Anbahnung oder Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung notwendig sei. Die geltend gemachten Kosten seien hingegen durch die Stellung der Weiterbewilligungsanträge angefallen. Diese Kosten seien bereits in dem Regelbedarf berücksichtigt.

Hiergegen erhob der Kläger am 25.01.2016 Widerspruch und machte weitere Kosten geltend (Druckkosten in Höhe von 3,20 Euro, Portokosten "Zustellung Sozialgericht Aachen" (ohne Angabe der Höhe) sowie Fahrkosten für die Zustellung von Anträgen bei dem Beklagten in Höhe von 4,40 Euro). Mit Widerspruchsbescheid vom 29.01.2016, zugestellt am 30.01.2016, wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Eine Erstattung von Kosten für Anträge etc. im Zusammenhang mit einem Verwaltungsverfahren sehe weder das SGB X noch das SGB II vor. Dies gelte auch hinsichtlich der Kosten für die Druckerpatrone, die Druck- und Fahrkosten. Sollten diese Kosten im Zusammenhang mit der Eingliederung in Arbeit entstanden sein, sei zum einen zu berücksichtigen, dass der Kläger nach den eingereichten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seit dem 13.02.2014 arbeitsunfähig sei; zum anderen habe der Kläger den erforderlichen Antrag zu spät gestellt. Ferner habe der Kläger offensichtlich keine Arbeitskleidung, sondern bürgerliche Kleidung gekauft. Dieser Bedarf sei durch den Regelbedarf abgedeckt. Selbst wenn es sich hierbei um Arbeitskleidung gehandelt haben sollte, habe der Kläger den erforderlichen Antrag erst nach dem Kauf gestellt. Auch die Kosten der Kontoüberziehung seien in dem Regelbedarf enthalten. Eine Übernahme von Kosten im Zusammenhang mit Klageverfahren vor dem Sozialgericht Aachen komme erst nach deren Erledigung in Betracht.

Hiergegen hat der Kläger am 04.02.2016 Klage vor dem Sozialgericht Aachen erhoben und sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Vorverfahren vertieft.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 20.01.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.01.2016 zu verurteilen, ihm Kosten für Postwertzeichen...

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