rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gleichbehandlung von Ehegatten und eingetragene Lebenspartnern – vorläufiger Rechtsschutz
Leitsatz (redaktionell)
- In der Besteuerung einer Grundstücksübertragung unter eingetragenen Lebenspartnern liegt gegenüber der Steuerbefreiung bei Ehegatten ein Gleichheitsverstoß.
- Der Anspruch des Antragstellers auf effektiven vorläufigen Rechtsschutz tritt nicht hinter ein „öffentliches Interesse an einer geordneten Haushaltswirtschaft des Staates” zurück.
Normenkette
GrEStG § 3 Nr. 4; LPartG; GG Art. 19 Abs. 4
Tatbestand
Das vorliegende Verfahren zur Erreichung vorläufigen Rechtsschutzes hängt zusammen mit dem unter dem Aktenzeichen 7 K 65/10 anhängigen Klageverfahren, das die Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnern und Ehegatten nach dem Grunderwerbsteuergesetz in der Fassung nach dem Jahressteuergesetz 2009 vom 19.12.2008 (BGBl. I 2008, S. 2794) betrifft. Nach dem hier umstrittenen § 3 Nr. 4 GrEStG ist von der Besteuerung ausgenommen:
„der Grundstückserwerb durch den Ehegatten des Veräußerers”.
Den Ehegatten wird die Befreiung von der Grunderwerbsbesteuerung unabhängig vom Vorhandensein von Kindern gewährt. Dagegen sind eingetragene Lebenspartner von der Begünstigung ausgeschlossen. Nach dem Jahressteuergesetz 2010 vom 8.12.2010 (BGBl. I 2010, S. 1768, verkündet am 13.12.2010) ist bei der Grunderwerbsteuer – im Gegensatz zur Erbschaft- und Schenkungsteuer (vgl. § 37 Abs. 5 ErbStG) – erst für Erwerbsvorgänge ab dem 14.12.2010 eine Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnern und (auch kinderlosen) Ehegatten vorgesehen (dazu § 3 Nrn. 3 bis 7 GrEStG in Verbindung mit § 23 Nr. 9 GrEStG). Der Gesetzgeber ist den Vorgaben des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 21.7.2010 (1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07, DStR 2010, S. 1721) für die Erbschaft- und Schenkungsteuer auch in allen noch offenen Fällen ab dem 1.8.2001 (= Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes) gefolgt, dagegen fehlt es für die Grunderwerbsteuer an einer Regelung für ältere noch nicht bestandskräftige Fälle.
Die eingetragene Lebenspartnerschaft ist ein familienrechtliches Institut für eine auf Dauer angelegte gleichgeschlechtliche Paarbindung (vgl. Beschluss des BVerfG vom 7.7.2009 1 BvR 1164/07, BVerfGE 124, S. 199, 206, zur betrieblichen Hinterbliebenenversorgung). Mit dem am 1.8.2001 in Kraft getretenen Gesetz über die eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz – LPartG) vom 16.2.2001 (BGBl. I 2001, S. 266) wurden die Begründung und die Aufhebung der eingetragenen Lebenspartnerschaft sowie die persönlichen und die vermögensrechtlichen Rechtsbeziehungen der Lebenspartner geregelt. Nach § 2 LPartG sind die eingetragenen Lebenspartner einander zur Fürsorge und Unterstützung sowie zur gemeinsamen Lebensgestaltung verpflichtet und tragen füreinander Verantwortung. Näheres zur Ausprägung der bürgerlich-rechtlichen Gleichstellung von Lebenspartnern und Ehegatten führt aus der Beschluss des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 21.7.2010 zur Erbschaft- und Schenkungsteuer (1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07, Randnrn. 55 bis 59, DStR 2010, S. 1721).
Der Antragsteller hatte mit einem Mann am 1.3.2002 vor dem Standesbeamten in Meinersen eine Lebenspartnerschaft begründet. Die verpartnerten Männer leben seit dem 1.8.2009 voneinander getrennt. Im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung erhielt der Antragsteller von seinem Lebenspartner durch notariellen Vertrag vom 12.11.2009 dessen Miteigentumsanteil an einem Hausgrundstück; der Vertrag vom 12.11.2009 ist wie folgt überschrieben: „Übertragungsvertrag nebst Regelungen für die Zeit des Getrenntlebens und für den Fall der Aufhebung der Lebenspartnerschaft”. Der Antragsteller beantragte Befreiung von der Grunderwerbsteuer nach § 3 Nr. 4 GrEStG. Der Antragsgegner (das Finanzamt) setzte indes mit Bescheid vom 15.12.2009 die Grunderwerbsteuer auf 1.400 Euro fest. Dagegen wandte sich der Antragsteller mit seinem Einspruch und seinem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung vom 15.1.2010.
Nach erfolglosem Antragsverfahren zur Erreichung des vorläufigen Rechtsschutzes beim Finanzamt trägt der Antragsteller beim Finanzgericht im Wesentlichen Folgendes vor:
Die Rechtsauffassung, nach der die Steuerbefreiung für „Ehegatten” nicht auf „Lebenspartner” auszudehnen sei, verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. So habe das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 7.7.2009 (1 BvR 1164/07) aufgezeigt, dass im Hinblick auf die Ungleichbehandlung von verheirateten und eingetragenen Lebenspartnern ein strenger Maßstab für die Prüfung geboten sei, ob ein hinreichend wichtiger Differenzierungsgrund vorliege. Die Zielsetzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes ergebe sich aus seiner Benennung in der Langform (Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften). Da eine Ungleichbehandlung von Ehepaaren und eingetragenen Lebenspartnern eine Anknüpfung an die sexuelle Orientierung beinhalte, seien ...