Entscheidungsstichwort (Thema)
Beteiligung an einem auf dem Schneeballprinzip beruhenden „Unternehmensspiel” ist keine nichtselbständige Tätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
- Zum Begriff des Unternehmers nach § 2 Abs. 1 UStG.
- Maßgebend für die Abgrenzung einer selbstständigen von der nichtselbstständigen Tätigkeit ist das Gesamtbild der Verhältnisse Dabei sind die für und gegen die Unternehmereigenschaft sprechenden Merkmale, die im Einzelfall unterschiedlich gewichtet werden können, gegeneinander abzuwägen.
- Ein Stpfl., der sich an dem auf dem Schneeballprinzip beruhenden Unternehmensspiel „Life” beteiligt, wird unternehmerisch tätig. Das gilt insbesondere dann, wenn es Aufgabe des Stpfl. ist, innerhalb kurzer Zeit selbst möglichst viele neue Mitspieler zu werben, weil absehbar ist, dass das Spiel früher oder später zusammenbrechen wird.
- Zum Begriff der Nachhaltigkeit.
Normenkette
UStG § 2 Abs. 1
Streitjahr(e)
1993, 1994
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger beteiligte sich im August 1993 mit einem Betrag von 6.500,- DM an dem sog. Unternehmensspiel „Life”. Dieses Spiel beruhte auf dem Schneeballprinzip. Der Teilnehmer erwarb die „Mitgliedschaft” in der Spielgemeinschaft „Life” gegen Zahlung eines „Mitgliedsbeitrags” in Höhe von 5.000,- DM bis März 1993 und von 6.500,- DM für die Zeit danach. Durch die Mitgliedschaft erhielt der Teilnehmer das Recht, weitere Mitglieder zum Eintritt in das Spiel gegen Zahlung eines Entgelts zu werben. An diesen Einzahlungen sowie den Einzahlungen weiterer, nunmehr von den Neumitgliedern geworbener weiterer Teilnehmer wurde das „Alt”-Mitglied beteiligt.
Neue Mitglieder konnten ausschließlich auf vom Initiator des Spiels, Herrn A, bzw. seinen Mitarbeitern organisierten Veranstaltungen geworben werden. Diese fanden in Hotels oder Gaststätten im gesamten Bundesgebiet statt. Neue Interessenten konnten an den Veranstaltungen ausschließlich in Begleitung von bereits geworbenen Mitgliedern erscheinen. Auf den Ablauf dieser Werbeveranstaltungen hatte der Kläger keinerlei Einfluss.
Der Kläger erzielte aufgrund seiner Mitgliedschaft im Jahre 1993 Einnahmen in Höhe von 37.957,- DM, am 4. Januar 1994 in Höhe von 8.008,- DM und am 10. Februar 1994 in Höhe von 500,- DM. Dies beruhte auf der Werbung von insgesamt 84 Mitgliedern (Bl. 18 ff FG-Akte). Er hat sich dahingehend geäußert, dass er – im Bewusstsein der Chancen und Risiken eines auf dem Schneeballprinzip beruhenden Spiels – allenfalls mit einer Verdoppelung seines Einsatzes von 6.500,- DM gerechnet habe (Bl. 19 Umsatzsteuer-Akte; Bl. 7 FG-Akte). Als Zahl nennt der Kläger in diesem Zusammenhang den Betrag von 12.000,- DM.
Der Umstand, dass der Kläger aus der Teilnahme am Unternehmensspiel „Life” Einnahmen erzielte, wurde dem Beklagten aufgrund von Maßnahmen des Finanzamts für Fahndung und Strafsachen Oldenburg im Jahre 1997 bekannt. Daraufhin setzte der Beklagte mit Umsatzsteuerbescheiden 1993 und 1994, jeweils vom 28. April 1997, Umsatzsteuer fest, wobei er aus den vereinnahmten Beträgen die Umsatzsteuer herausrechnete.
Einen Antrag auf Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten hat der Kläger im Verlaufe des Verfahrens nicht gestellt. Da die Zahlung vom 4. Januar 1994 auf einer Mitgliedswerbung im Jahre 1993 beruhte, ging der Beklagte im weiteren Verfahren davon aus, dass die entsprechende Leistung bei Versteuerung nach vereinbarten Entgelten bereits in 1993 und nicht 1994 zu erfassen sei. Mit Änderungsbescheid vom 9. März 2006 brachte der Beklagte 1994 einen um 6.963,- DM niedrigeren Umsatz in Ansatz. Für 1993 erhöhte der Beklagte mit auf § 174 AO gestütztem Änderungsbescheid vom 20. März 2006 die Umsätze um den gleichen Betrag.
Der gegen die Umsatzsteuerbescheide 1993 und 1994 vom 28. April 1997 gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg. Im ersten Rechtsgang hat der 5. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts der Klage (5 K 55/98) stattgegeben, im zweiten Rechtsgang der 16. Senat die Klage abgewiesen (16 K 16/06). Der BFH hat die Urteile des Niedersächsischen Finanzgerichts jeweils aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben.
Der Kläger hält im dritten Rechtsgang an seiner Auffassung fest, dass er nicht unternehmerisch tätig geworden sei. Er habe als schlichter Spielteilnehmer an dem Unternehmensspiel „Life” teilgenommen und weder gewerblich, noch nachhaltig gehandelt. Er habe keinen geschäftlichen Betätigungswillen gehabt. Der strukturelle und organisatorische Rahmen der Spiels habe den einzelnen Mitgliedern keinen eigenen Handlungsspielraum belassen.
Aber selbst, wenn der Kläger als Unternehmer anzusehen sei, werde keine Umsatzsteuer erhoben, weil er unter die Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG falle. Nach § 19 UStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung werde keine Umsatzsteuer erhoben, wenn die Umsätze zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 25.000,- DM und im laufenden Kalenderjahr 100.000,- DM voraussichtlich nicht übersteigen würden. Bei ...