Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung der abziehbaren Vorsteuern beim Betrieb einer Spielhalle mit Geldspielgeräten und anderen Unterhaltungsgeräten
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen des Vorsteuerabzuges nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG.
- Zur Aufteilung nicht direkt den steuerfreien oder den steuerpflichtigen Umsätzen zuzurechnenden Vorsteuern nach § 15 Abs. 4 UStG.
- Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge grundsätzlich im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln; es ist Sache des Unternehmers, zu entscheiden, welche Schätzungsmethode er wählt.
- Die vom Unternehmer gewählte Methode ist auch dann zu Grunde zu legen, wenn mehrere „sachgerechte” Aufteilungsmethoden in Betracht kommen.
- Die Aufteilung von Vorsteuern nach einem Flächenschlüssel, die im Zusammenhang mit Raumkosten angefallen sind, stellt grundsätzlich einen sachgerechten Aufteilungsmaßstab dar.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 4
Streitjahr(e)
1996, 1997, 1998
Tatbestand
Die Klägerin war mit dem Betrieb von diversen Spielstätten unternehmerisch tätig. Die Spielstätten waren gemietet. In ihnen waren geleaste Geldspiel- und Unterhaltsgeräte aufgestellt. Die der Klägerin für den Betrieb der Geldspielgeräte erteilte Konzession enthielt die Auflage, dass für jedes Geldspielgerät eine Fläche von 15 qm zur Verfügung stehen müsse, die mit Unterhaltungsgeräten aufgefüllt werden konnten. Der Bereich der Geldspielgeräte (GSG) war durch Trennwände weitgehend vom übrigen Bereich getrennt. Im übrigen Bereich der Spielstätten waren Unterhaltsgeräte (USG) aufgestellt. Hierbei handelte es sich um Punktspielgeräte, Fun-Games und Sportspielgeräte wie Billard und Dart, sowie weitere Zusatzgeräte wie Jackpots, Tokenmanager oder Multiplay Fun Games. Außerdem befanden sich in den Ladenlokalen ein Tresen mit dem Arbeitsplatz der Spielhallenaufsicht, allgemein zugängliche Toiletten, ein Personalraum und eine Personaltoilette.
Im Einzelnen handelte es sich um Flächen folgender Spielstätten:
Standort |
Mietfläche |
Fläche |
Nebenflächen |
Fläche GSG |
Fläche UG |
A |
235,00 qm |
146,51 qm |
68,00 qm |
29,75 qm |
137,25 qm |
B |
170,00 qm |
127,01 qm |
67,20 qm |
25,50 qm |
77,30 qm |
C |
169,69 qm |
163,22 qm |
61,50 qm |
22,25 qm |
85,94 qm |
D |
260,00 qm |
238,62 qm |
82,20 qm |
46,00 qm |
131,80 qm |
EI |
113,43 qm |
91,30 qm |
41,40 qm |
16,25 qm |
55,78 qm |
F |
187,81 qm |
100,00 qm |
115,00 qm |
26,40 qm |
46,41 qm |
G |
191,71 qm |
152,17 qm |
56,00 qm |
25,23 qm |
110,48 qm |
H |
250,00 qm |
162,88 qm |
100,61 qm |
25,00 qm |
124,39 qm |
I |
147,00 qm |
138,15 qm |
78,00 qm |
24,75 qm |
44,25 gm |
|
1.724,64 qm |
1.319,86 gm |
669,91 qm |
241,13qm |
813,60 qm |
|
|
|
Aufteilung zu je 1/2 |
334,96 qm |
334,95 qm |
Flächenzurechnungen |
|
576,09 gm |
1.148,55 gm |
Wegen der Einzelheiten der Aufteilung wird auf die Grundrisse der Spielstätten verwiesen.
Die Klägerin erzielte in den Streitjahren folgende Umsätze:
Beiträge in DM |
Steuerfreie Umsätze aus GSG |
Steuerpflichtige Umsätze aus USG (netto) |
Umsatzsteuer auf Umsätze aus USG |
Umsatzsteuer auf Umsätze aus USG (brutto) |
Gesamtumsatz |
1996 |
X |
X |
X |
X |
X |
1997 |
X |
X |
X |
X |
X |
1998 |
X |
X |
X |
X |
X |
Die den steuerfreien Umsätzen direkt zuordbaren nicht abzugsfähigen Vorsteuern betrugen 1996 0 DM, 1997: 48.074,25 DM und 1998: 44.733,15 DM. Die auf die Mieten für die Spielstätten entfallenden Vorsteuern betrugen 1996: 150.993,45 DM, 1997: 131.033,34 DM und 1998: 126.911,24 DM. Die übrigen, im Wege des Ausschlussverfahrens ermittelten nicht direkt zuordbaren Vorsteuern betrugen in 1996: 133.857,55 DM, 1997: 40.560,55 DM und 1998: 40.477,38 DM.
In den Umsatzsteuererklärungen der Streitjahre erklärte die Klägerin die Umsätze aus den Geldspielgeräten zunächst als steuerpflichtige Umsätze und nahm aus den hiermit in Zusammenhang für ihr Unternehmen bezogenen Leistungen den vollen Vorsteuerabzug in Anspruch. Die Vorsteuern betrugen 1996 284.851,04 DM, 1997: 270.568,08 DM und 1998: 262.097,42 DM.
Die Umsatzsteuerfestsetzungen der Streitjahre ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Mit Bescheiden vom 12. Oktober 2001 hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Hiergegen legte die Klägerin am 7. November 2001 mit der Begründung eines möglichen Verstoßes der nationalen Regelung des § 4 Nr. 9 b UStG gegen Artikel 13 Teil B Bucht. f der 6. EG-Richtlinie Einspruch ein. Gleichzeitig stimmte er dem Ruhen des Rechtsbehelfsverfahrens zu. Das Einspruchsverfahren ruhte danach einvernehmlich.
Im November 2004 fanden gegen die Klägerin Ermittlungsmaßnahmen des Finanzamts für Strafsachen Z wegen des Verdachts einer Steuerhinterziehung in den Jahren 1999 bis 2002 statt. Gegenstand der Ermittlungen waren Einnahmemanipulationen an Geldspielautomaten. Die Ermittlungen führten zu keinen Änderungen in den Streitjahren. Mit Schreiben des Finanzamts für Fahndung und Strafsachen Z vom 6. Dezember 2007 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass die Überprüfung bei ihr in den Streitjahren zu keinen Feststellungen geführt habe.
Im Hinblick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 17. Februar 2005 in der Rechtssache Linneweber (Az. C-453/02) strebte die Klägerin seit Juni 2005 eine Erledigun...