vorläufig nicht rechtskräftig
Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG: Aufzeichnung der Betriebseinnahmen, Schätzung
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen einer Hinzuschätzung gemäß § 162 AO.
- Für Unternehmen, die den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, ergibt sich eine Aufzeichnungsverpflichtung aus § 22 UStG i.V.m. §§ 63-68 UStDV.
- Die Aufzeichnungsverpflichtung aus einem Steuergesetz wirkt grds. unmittelbar auch für andere Steuergesetze.
- Zwar besteht nach § 4 Abs. 3 EStG grds. keine Pflicht zur Führung eines Kassenbuchs, indes müssen die Bareinnahmen und Barausgaben auch bei EÜR täglich aufgezeichnet werden. Es ist nicht ausreichend, die Kassenbelege nur zu sammeln und sie dann seinem Steuerberater zu übergeben, der die Zahlen dann zeitlich später aufzeichnet.
- Gerade in Fällen, in denen Stpfl. eine Einzelaufzeichnungspflicht nicht zuzumuten ist, muss die Einnahmeermittlung nachvollziehbar dokumentiert und überprüfbar sein, das gilt insbesondere für die vollständige Erfassung der baren Betriebseinnahmen.
Normenkette
AO §§ 140, 145-146, 158, 162, 200; EStG § 4 Abs. 3; UStG § 22; UStDV § 63ff.
Streitjahr(e)
2004, 2005, 2006
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte befugt war, Hinzuschätzungen zu den erklärten Einkünften aus Gewerbebetrieb vorzunehmen.
Der Kläger erzielte gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb eines Kiosks. Er ermittelte den Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung.
Der Kläger verkaufte überwiegend Getränke, Süßwaren und Tabak. Wochentags war der Kiosk von 18 Uhr bis 22 Uhr, samstags von 13.30 Uhr bis 22 Uhr und an Sonn- und Feiertagen von 10 Uhr bis 22 Uhr geöffnet. Der Kläger führte in den streitigen Jahren eine offene Ladenkasse. Die Tageseinnahmen trug er in Kassenberichte ein.
Die erklärten Rohgewinnaufschlagsätze betrugen:
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2004 |
2005 |
2006 |
wirtschaftlicher Umsatz |
174.101,54 |
171.147,73 |
182.267,74 |
Wareneinsatz |
149.398,13 |
146.728,01 |
154.234,08 |
Rohgewinn |
24.703,41 |
24.419,72 |
28.033,66 |
Rohgewinnaufschlag |
16,54 % |
16,64 % |
18,18 % |
Lt. Richtsatz Kiosk |
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- Nahrungs- u. Genussmittel |
22-33-49 |
20-39-82 |
20-39-82 |
- Tabak, Zeitschriften |
15-22-33 |
15-22-33 |
14-23-35 |
Im Rahmen einer Außenprüfung stellte die Prüferin fest, dass die Eintragungen auf den Kassenberichten teilweise durchgestrichen und durch andere Zahlen ersetzt worden waren. Außerdem waren die Tageseinnahmen teilweise mit einem anderen Stift geschrieben worden als die übrigen Angaben. In den Akten finden sich folgende Beispiele:
In dem Kassenbericht vom 16. August 2004 wurde der Kassenbestand bei Geschäftsschluss zunächst mit 6.081,28 € angegeben. Dieser Betrag wurde durchgestrichen und durch einen Betrag in Höhe von 7.514,59 € ersetzt. Dieser Betrag wurde wiederum durchgestrichen und durch die Zahl 7.361,27 € ersetzt. Werden die aufgezeichneten baren Ausgaben in Höhe von 2.456,18 € hinzugerechnet und eine unleserliche Einlage von der Bank abgezogen, soll sich nach den Aufzeichnungen ein Betrag von 5.928,05 € ergeben. Der abzuziehende Kassenbestand des Vortags wurde mit 6.081,28 € angegeben (wie oben). Dieser Betrag wurde aber wiederum durchgestrichen. Die Bareinnahmen wurden mit 389,40 € ausgewiesen. Diese Zahl wurde mit einem anderen Stift geschrieben als die übrigen Angaben (Blatt 141 Bp-Arbeitsakte).
In dem Kassenbericht vom 24. August 2004 wurde der Kassenbestand bei Geschäftsschluss zunächst mit 4.664,62 € angegeben. Dieser Betrag wurde durchgestrichen und durch 5.086,51 € ersetzt. Dieser Betrag wurde erneut durchgestrichen und durch 4.911,30 € ersetzt. Nach Hinzurechnung einer unleserlichen Bankeinzahlung wurde der Kassenbestand anschließend mit 8.447,66 € angegeben und der Kassenbestand des Vortags mit 8.025,77 €. Beide Zahlen wurden aber wiederum durchgestrichen und der aktuelle Kassenbestand durch die Zahl 8.272,45 € ersetzt. Die Tageseinnahmen sollen 397,20 € betragen haben. Diese Zahl wurde mit einem anderen Stift geschrieben als die übrigen Angaben (Blatt 142 Bp-Arbeitsakte).
In dem Kassenbericht vom 6. September 2004 wurde der Kassenbestand bei Geschäftsschluss zunächst mit 19.441,67 € erfasst. Der Betrag wurde durchgestrichen und durch einen Betrag in Höhe von 4.912,61 € ersetzt. Dieser Betrag wurde wiederum durchgestrichen und durch einen Betrag in Höhe von 4.636 € ersetzt. Die hinzuzurechnenden baren Ausgaben wurden mit einem anderen Stift geschrieben als die übrigen Eintragungen. Die Summe wurde zunächst mit 6.983,77 € ausgewiesen. Dieser Betrag wurde durchgestrichen und durch den Betrag in Höhe von 6.807,16 € ersetzt. Der Kassenbestand des Vortags wurde zunächst mit 10.812,85 € ausgewiesen, dann aber wieder durchgestrichen. Die Tageseinnahme wurde mit 409,35 € angegeben. Diese Zahl wurde mit demselben Stift geschrieben, mit dem auch die baren Ausgaben erfasst worden waren (Blatt 148 Bp-Arbeitsakte).
Am 8. Februar 2005 wurde ein Betrag in Hö...