vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzug der Verluste ausländischer Tochtergesellschaften bei deutscher Muttergesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
- § 14 KStG verstößt insoweit gegen die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43, 48 EG-Vertrag, als auch sog. „definitive” Verluste der Tochtergesellschaften von einem Abzug in Deutschland ausgeschlossen werden.
- Für deutsche Muttergesellschaften ist ein Abzug „definitiver” Verluste ausländischer Tochtergesellschaften nur möglich, wenn sie sich im Voraus vertraglich bindend zur Übernahme der Verluste verpflichtet haben.
Normenkette
KStG § 14
Streitjahr(e)
2002, 2003, 2004, 2005
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin ist eine geschäftsleitende Holding, die Tochterkapitalgesellschaften im In- und Ausland unterhält. Streitig ist, ob Verluste, die zwei Tochtergesellschaften mit Geschäftsleitung und Sitz jeweils in Italien (X und Y) aus ihrer Geschäftstätigkeit in Italien erlitten haben, von dem inländischen zu versteuernden Einkommen der Streitjahre abzugsfähig sind.
Die Klägerin leistete in den Streitjahren (2002 - 2005) Zahlungen an ihre italienischen Tochtergesellschaften in Höhe von … €, die sie zunächst teilweise als Anschaffungskosten der Beteiligung und im Übrigen als Darlehen aktivierte. … Soweit zunächst Gesellschafterdarlehen gewährt wurden, wandelte die Klägerin diese in den Jahren 2003 - 2006 im Wege des Darlehensverzichts in Eigenkapital der Tochtergesellschaften um. …
Im Jahr 2005 nahm die Klägerin eine Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an der Y in Höhe von … € vor, die gemäß § 8 b Abs. 3 Körperschaftsteuergesetz (KStG) das Einkommen der Klägerin nicht gemindert hat. Weitere Teilwertabschreibungen auf die Beteiligungen an den Tochtergesellschaften nahm die Klägerin im Zeitraum von 2006 - 2009 vor. ...
Die Klägerin wurde für die Streitjahre zunächst erklärungsgemäß zur Körperschaftsteuer veranlagt. Die Steuerfestsetzungen erfolgten unter Vorbehalt der Nachprüfung. Mit Schreiben vom 15. August 2007 beantragte sie, ihr Einkommen in den Veranlagungsjahren 2002 bis 2005 um die in diesen Jahren erlittenen – und nach ihren Angaben nach deutschem Steuerrecht ermittelten – Verluste der italienischen Tochtergesellschaften in Höhe von insgesamt … € zu kürzen.
Zur Begründung ihres Antrags führte die Klägerin aus, sie habe im Jahr 2002 zwei italienische Tochtergesellschaften gegründet, die bis zur Einstellung ihres Betriebs im Jahr 2006 fortlaufend Verluste erlitten hätten. Im Rahmen einer faktischen Organschaft habe sie sämtliche Verluste der Tochtergesellschaften übernommen. Da nach italienischem Gesellschaftsrecht kein Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen werden könne, habe eine steuerrechtliche Organschaft nicht begründet werden können. Der vom deutschen Körperschaftsteuerrecht geforderte doppelte Inlandsbezug und die unerfüllbare Voraussetzung eines zivilrechtlich wirksamen Gewinnabführungsvertrages verstießen gegen das Diskriminierungsverbot und die Niederlassungsfreiheit. Aufgrund des Anwendungsvorrangs europäischen Rechts sei § 14 KStG so anzuwenden, als ob die beschränkenden Tatbestandsmerkmale (doppelter Inlandsbezug und Gewinnabführungsvertrag) nicht vorhanden wären. Infolge der faktischen Organschaft seien die nach deutschem Steuerrecht ermittelten Verluste der italienischen Tochtergesellschaften vom steuerpflichtigen Einkommen der Klägerin abzuzielen. Der Verlustabzug müsse phasengleich im jeweiligen Verlustentstehungszeitraum erfolgen, da Verluste der Organgesellschaften dem Organträger nach nationalem Recht phasengleich zugerechnet würden.
Mit allen operativ tätigen deutschen Tochtergesellschaften bestehe eine Organschaft. Die Klägerin habe von Anfang an mit Anlaufverlusten in Italien gerechnet. Deshalb hätte sie ihre italienischen Tochtergesellschaften in den Organkreis aufgenommen, wenn dies möglich gewesen wäre. Da sich das Italiengeschäft aber noch ungünstiger als angenommen entwickelt habe und die Klägerin in allen Jahren seit 2002 zur Deckung der notwendigen Eigenkapitalbasis der Tochtergesellschaften Nachschüsse habe leisten müssen, habe die Klägerin am 18. September 2006 formell beschlossen, die italienischen Tochtergesellschaften zu liquidieren. Die geltend gemachten Verluste der italienischen Tochtergesellschaften beruhten auf Jahresabschlüssen, die auf der Grundlage der deutschen Rechnungslegungsvorschriften des HGB erstellt worden seien. Ab dem Jahr 2002 hätten die Tochtergesellschaften ihre Verluste in Italien vorgetragen. Diese Verlustvorträge seien wirtschaftlich wertlos geworden, da die Geschäftstätigkeit in Italien eingestellt sei. Die Klägerin habe von der Gründung bis zur Liquidation der beiden italienischen Tochtergesellschaften ununterbrochen alle Anteile gehalten, zeitweise allerdings einen geringen Teil der Anteile mittelbar über die Z-GmbH, die sich ebenfalls in Alleinbesitz der Klägerin befunden habe und später mit dieser ...