Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitpunkt der Lieferung als Maßstab für die Höhe des Vorsteuerabzugs; Fahrten zwischen Wohnung und Unternehmen dienen nichtunternehmerischen Zwecken
Leitsatz (redaktionell)
- Hat ein Stpfl. seinen Pkw erst nach der Entscheidung des Rates der EU vom 28.2.2000 (Entscheidung 2000/186), mit der die Bundesrepublik Deutschland ermächtigt wurde, abweichend von Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie und abweichend von Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der o.g. Richtlinie den Abzug der MwSt auf die Gesamtausgaben für Fahrzeuge, die nicht ausschließlich für betriebliche Zwecke genutzt werden, auf 50% zu beschränken, von seinem Lieferanten bezogen und hat er den Pkw daher erst nach der Veröffentlichung der Ratsentscheidung 2000/186 seinem Unternehmensvermögen zugeordnet, so ist der Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1 b UStG 1999 auf 50 v.H. beschränkt.
- Fahrten, die ein Unternehmer von seiner Wohnung zu seiner Arbeitsstätte durchführt, dienen (umsatzsteuerrechtlich) i.d.R. nicht unternehmerischen Zwecken, sondern privaten Zwecken des Unternehmers. Die Abgrenzung, inwiefern Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte i.S. des Art. 6 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie unternehmerischen Zwecken dienen, kann bei Fahrten von Unternehmern mit deren eigenen Pkw nicht nach anderen Kriterien erfolgen als beim Transport von Arbeitnehmer.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1b; EWGRL 388/77 Art. 6 Abs. 2
Streitjahr(e)
2000
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, inwieweit die Anschaffung eines Pkw im Jahr 2000 zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Der Kläger ist als Rechtsanwalt selbständig tätig. In seiner Umsatzsteuervoranmeldung für März 2000 machte der Kläger u.a. Vorsteuern aus dem Kauf eines Pkw geltend. Der Pkw wurde am 24.01.2000 bestellt und am 27.03.2000 ausgeliefert. Am 17.03.2000 erfolgte eine Rechnung gegenüber dem Kläger mit offenem Umsatzsteuerausweis.
Mit Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für März 2000 vom 17.05.2000 ließ der Beklagte unter Hinweis auf § 15 Abs. 1 b Umsatzsteuergesetz (UStG) in der im Jahr 2000 geltenden Fassung lediglich 50 % dieser Vorsteuerbeträge zum Abzug zu.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Kläger hiergegen die vorliegende Klage, die er wie folgt begründet: Ihm stehe der Vorsteuerabzug in voller Höhe zu, da der Pkw nahezu ausschließlich betrieblich genutzt werde. Für Privatfahrzeuge stehe ihm ein anderes Fahrzeug zur Verfügung.
Der Kläger legte mit Schriftsatz vom 31.07.2001 ein – nach eigenen Angaben – „offengehaltenes” elektronisches Fahrtenbuch für 2000 vor. Demnach ist der Kläger im Jahr 2000 lediglich 292 km privat gefahren; dies sind 1,92 % der laut Fahrtenbuch insgesamt gefahrenen Kilometer. Ferner weist dieses Fahrtenbuch 10.936 betrieblich gefahrene Kilometer auf (71,77 %) und 4.010 km für Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsstätte (26,32 %).
Der Kläger ist der Ansicht, als Anwalt könne von ihm nicht verlangt werden, ein „ordnungsgemäßes” Fahrtenbuch zu führen, da er in diesem Fall gegen seine berufliche Verschwiegenheitsverpflichtung verstoßen würde. Der Kläger macht geltend, er führe getrennt ein Verzeichnis der Namen und Adressen der jeweils aufgesuchten Mandanten, das aus berufs- und verfassungsrechtlichen Gründen nicht vorgelegt werde, bis hierüber eine rechtskräftige bzw. verfassungsgerichtliche Entscheidung vorliege.
Der Kläger trägt ferner vor, minimale Änderungen des Fahrtenbuches, das bei der Einkommensteuerveranlagung vorgelegt worden sei, im Vergleich zu dem in diesem Klageverfahren vorgelegten Fahrtenbuch seien aufgrund eines nochmaligen nachträglichen detaillierten Datenabgleichs mit den handschriftlichen Aufzeichnungen des Klägers vorgenommen worden. Diese minimalen Korrekturen sprächen nicht gegen die Ordnungsmäßigkeit des Fahrtenbuches.
Im Hinblick auf das Urteil des EuGH vom 29.04.2004 (Rechtssache C-17/01 Sudholz, UR 2004, 315) sei sein Vertrauen auf die Möglichkeit, den vollen Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen zu können, schutzwürdig, da er sein Fahrzeug im Januar 2000 verbindlich bestellt habe, also vor der Entscheidung des Rates der EU vom 28.02.2000, die die Einschränkung des Vorsteuerabzugs ermöglichte. Durch diese Bestellung habe er die für den Vertrauensschutz maßgebliche Investitionsentscheidung getroffen.
Während des Klageverfahrens gab der Kläger am 28.03.2002 eine Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr ab, der der Beklagte zunächst zustimmte. Am 08.07.2002 erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid, der auf § 164 AO gestützt wurde, und in dem wiederum lediglich 50 % der Vorsteuerbeträge aus der Anschaffung des PKW zum Abzug zugelassen wurden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Umsatzsteuerbescheid 2000 vom 8. Juli 2002 dahingehend zu ändern, dass weitere Vorsteuern i.H.v.…DM zum Abzug zugelassen werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, die Beschränkung des Vorsteuerabzugs auf 50 v.H. nach § 15 Abs. 1 b UStG ...