rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anschaffungs- und Herstellungskosten vertretbarer Sachen nach § 44 Abs. 1 UStDV - Geringfügigkeitsgrenze und Vorsteuerberechtigung
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen für die Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a Abs. 2 UStG.
- Die Berichtigung ist für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem das WG verwendet wird.
- Bei der Auslegung des Merkmals „Wirtschaftsgut” ist grds. eine Einzelbetrachtung vorzunehmen.
- Bei den Anschaffungs- und Herstellungskosten vertretbarer Sachen nach § 44 Abs. 1 UStDV kann nicht die vertragliche Vereinbarung mit dem Lieferanten sondern entspr. der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers nur die handelsübliche Anzahl, Größe oder Menge maßgebend sein.
Normenkette
UStG § 15a Abs. 2; UStDV § 44 Abs. 1
Streitjahr(e)
2011
Tatbestand
Streitig ist, ob es aufgrund der Geringfügigkeitsgrenze in § 44 Abs. 1 UStDV dem Beklagtem, dem Finanzamt (FA), versagt war, eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 2 UStG durchzuführen.
Der Kläger hatte für seinen landwirtschaftlichen Betrieb zum 1. Januar 1998 zur Regelbesteuerung optiert. Mit Schreiben vom 20. Oktober 2010 widerrief er die Option, so dass seine Umsätze seit dem 1. Januar 2011 gem. § 24 UStG nach Durchschnittssätzen besteuert werden. Die Umsatzsteuererklärung 2011 ging am 21. Dezember 2012 bei FA ein. Danach ergab sich eine Umsatzsteuerfestsetzung von 18.425,94 €.
Im Rahmen einer Außenprüfung nahm der Prüfer an, dass der Wechsel der Besteuerungsform eine Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 15a UStG darstellt. Er nahm daher eine Überprüfung der Vorsteuerberichtigung des Umlaufvermögens gemäß § 15a Abs. 2 UStG vor. Der Kläger hatte im Jahr 2011 Lieferungen aus dem Anbau von Kartoffeln, Weizen, Gerste, Raps und Roggen getätigt. Die Lieferung der Kartoffeln erfolgte aufgrund von Anbau- und Lieferverträgen zum Festpreis. Geliefert wurde in Teilmengen auf Abruf.
Für die Lieferungen für Getreide und Raps wurden von den Empfängern Gutschriften erstellt. Die Gutschriften fassen mehrere Lieferungen zusammen. Teilweise enthalten sie Hinweise auf vorhandene Kontrakte. Die einzelnen Lieferungen erfolgten zum jeweils gleichen Kilopreis. Der Prüfer sah die einzelnen Lieferungen als Teillieferungen eines Rahmenvertrags an. Der Rahmenvertrag bilde das Berichtigungsobjekt. Durch diese Beurteilung waren die Grenzen des § 44 Abs. 1 UStDV überschritten. Der Prüfer nahm daher eine entsprechende Vorsteuerkorrektur vor. Dabei ermittelte er für nicht direkt zuzuordnende Kosten die auf die einzelnen Fruchtarten entfallenden Vorsteuerbeträge pro Hektar unter Zugrundelegung von Vergleichszahlen und rundete diese zu Gunsten des Steuerpflichtigen ab. Die der Schätzung zugrundliegenden Werte sind vom Kläger auch auf Befragen in der mündlichen Verhandlung vom 18. Februar 2016 nicht in Zweifel gezogen worden. Wegen der Einzelheiten wird auf Tz. 15 des BP-Berichts vom 11. November 2013 verwiesen.
Das FA erließ am 31. Januar 2014 einen entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheid. Den Einspruch hiergegen wies es mit Bescheid vom 16. März 2015 als unbegründet zurück. Im Gegensatz zur Lieferung von Masttieren, wie sie dem Urteil des BFH vom 3. November 2011, V R 32/10 zugrunde lag, sei bei der Lieferung von vertretbaren Sachen wie Getreide, Kartoffeln und Raps keine Individualisierung mehrerer eigenständiger Wirtschaftsgüter möglich. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger mit seinen Abnehmern Rahmenverträge abgeschlossen habe. Da die Vereinbarungen in den Rahmenverträgen die Betragsgrenzen nach § 44 UStDV überschritten, sei eine Vorsteuerkorrektur nach § 15a Abs. 2 UStG vorzunehmen.
Mit seiner hiergegen gerichteten Klage macht der Kläger geltend, bei der Lieferung von Getreide, Kartoffeln und Raps handele es sich wie bei Schweinen um die Lieferung vertretbarer Sachen. So wie das Berichtigungsobjekt nach § 15a Abs. 2 UStG im Falle der Lieferung von Schweinen das einzelne Schwein sei, müsse dies bei der Lieferung von Getreide, Kartoffeln und Raps die Dezitonne oder Tonne Getreide etc. sein. Nach diesen Maßeinheiten würden handelsüblich Preise und Qualitäten von landwirtschaftlichen Bodenerzeugnissen festgelegt. Die in einem Rahmenvertrag festgelegte Menge könne schon deshalb nicht ein einheitlicher Liefergegenstand und damit Berichtigungsobjekt sein, da bei Abschluss der Vereinbarung die exakten Mengen und Qualitäten noch nicht bekannt seien. Auch sei nach EuGH-Rechtsprechung auf die Sichtweise eines Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Also komme es darauf an, nach welcher Maßeinheit handelsüblich Preise und Qualitäten von landwirtschaftlichen Produkten festgelegt würden.
Der Kläger beantragt,
die Umsatzsteuer 2011 unter Aufhebung des Umsatzsteuerbescheids vom 31. Januar 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. März 2015 auf 18.425,94 € herabzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung beruft es sich auf seine Einspruchsentscheidung.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Die a...