Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung, Aufhebung und Rückforderung der Kindergeldfestsetzung
Leitsatz (redaktionell)
- Haben sich die Verhältnisse, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, geändert, ist die Festsetzung des Kindergeldes gem. § 70 Abs. 2 EStG mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern.
- Eine rückwirkende Änderung der Kindergeldfestsetzung nach § 70 Abs. 2 EStG kann selbst dann noch mit Wirkung ab Änderung der für die Festsetzung maßgebenden Verhältnisse geändert werden, wenn dem Arbeitsamt (Familienkasse) die Änderung der Verhältnisse zeitnah bekannt geworden sind, es aber nicht zugleich die Kindergeldfestsetzung aufhebt, sondern das Kindergeld zunächst noch längere Zeit, aus welchen Gründen auch immer, auszahlt. In diesem Fall kann das überzahlte Kindergeld nach § 37 Abs. 2 AO zurückgefordert werden.
- Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 70 Abs. 2 EStG ist die Aufhebung oder Änderung zwingend vorzunehmen, es handelt sich insoweit um eine gebundene Entscheidung und es kommt nicht auf ein etwaiges Verschulden der Familienkasse oder des Berechtigten an.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4, § 63 Abs. 1 Nr. 1, § 70 Abs. 2; AO § 37 Abs. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte die Kindergeldfestsetzung für die Tochter des Klägers rückwirkend aufheben und das in der Vergangenheit gewährte Kindergeld zurückfordern durfte. Gegenstand des Rechtsstreits ist der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 30.03.1998 in der Fassung des im Einspruchsverfahren geänderten Bescheides vom 04.06.1998 (Aufhebung und Rückforderung in Höhe von 2.640 DM für das Kalenderjahr 1998).
Der Kläger erhielt im streitgegenständlichen Jahr 1997 für seine über 21 Jahre alte Tochter Kindergeld, da diese nach einer der beklagten Familienkasse vorgelegten Ausbildungsbescheinigung vom 20.09.1996 am 16.09.1999 eine dreijährige Ausbildung zur Kauffrau für Bürokommunikation begonnen hatte. Da der Kläger nachfolgend keine Nachweise über die tatsächliche Fortdauer der Ausbildung und die erhaltene Ausbildungsvergütung vorlegte, hob der Beklagte mit Bescheid vom 30.03.1998 die Kindergeldfestsetzung, gestützt auf § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG), wegen Änderung der Verhältnisse rückwirkend ab 10/1996 bis 12/1997 und für die Zukunft ab 1/1998 auf und forderte das in diesem Zeitraum noch ausgezahlte Kindergeld in Höhe von 3.240 DM gemäß § 37 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) zurück.
Im Einspruchsverfahren stellte sich heraus, dass die Tochter aufgrund Kündigung durch den Ausbildungsbetrieb während der Probezeit die Ausbildung im Dezember 1996 abbrechen musste, bis April 1997 Sozialhilfe erhalten hatte, danach bis Juli inhaftiert war, erneut bis Oktober Sozialhilfe bezogen hatte und seit November in einem Arbeitsverhältnis stand. Da die Ausbildung erst im Dezember 1996 geendet hatte, änderte der Beklagte den angefochtenen Bescheid dahin, dass die Kindergeldfestsetzung erst mit Wirkung ab 1/1997 aufgehoben wurde und nur noch 2.640 DM zurückgefordert wurden. Im übrigen hatte der Einspruch keinen Erfolg.
Hiergegen richtet sich die Klage. Der Kläger meint, er habe für das gesamte Jahr 1997 noch Anspruch auf Kindergeld. Die Tochter habe zwar im Dezember 1996 ihre Ausbildung abgebrochen und auch nicht wieder fortgesetzt, vielmehr Sozialhilfe beantragt. Hierüber sei der Beklagte aber auch schon im Dezember 1996 informiert worden. Die Tochter selbst sei nämlich im Dezember 1996 beim Beklagten gewesen und habe sich arbeitslos melden wollen; ihr sei damals bedeutet worden, sie habe keine Ansprüche vom Arbeitsamt zu erwarten und müsse sich deshalb bei der Sozialhilfe melden. Außerdem sei das Kindergeld bei der Sozialhilfe der Tochter abgezogen worden. Aus seiner Sicht sei es damals unerheblich gewesen, ob er weiterhin Kindergeld erhalte und die Tochter weniger Sozialhilfe oder ob er kein Kindergeld erhalte, dafür die Tochter mehr Sozialhilfe. Da der Beklagte über die veränderten Verhältnisse rechtzeitig informiert gewesen sei, dürfe er, wenn er gleichwohl das Kindergeld weiter gezahlt habe, dieses nicht zurückfordern.
Der Kläger beantragt,
den angefochtenen Bescheid vom 04.06.1998 dahingehend zu ändern, dass die Aufhebung des Kindergeldes für den Zeitraum Januar 1997 bis Dezember 1997 rückgängig gemacht wird und entsprechend der Rückforderungsbetrag von 2.640 DM entfällt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält an der Begründung der Einspruchsentscheidung fest. Soweit der Kläger nunmehr noch auf die Folgewirkungen bei der seiner Tochter gewährten Sozialhilfe verweise, sei dieses unbeachtlich, weil es sich insoweit um einen anderen Leistungsträger handele. Im Übrigen ergebe sich aus den Akten kein Hinweis darauf, dass der Familienkasse der Abbruch der Ausbildung im Dezember 1996, wie der Kläger behauptet, auch schon zu diesem Zeitpunkt bekanntgeworden wäre.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
1. Der Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger für das hier streitige Kalend...