Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Bankenhaftung nach § 20 Abs. 6 ErbStG bei Unbedenklichkeitsbescheinigung
Leitsatz (redaktionell)
- Eine Bank haftet nach § 20 Abs. 6 Satz 2 ErbStG u. a. in Höhe des ausgezahlten Betrags für die Erbschaftsteuer, soweit sie in ihrem Gewahrsam befindliches Vermögen eines Erblassers vorsätzlich oder fahrlässig vor Entrichtung oder Sicherstellung der Steuer einem außerhalb des Gesetzes wohnhaften Berechtigten zur Verfügung stellt.
- Erteilt das Finanzamt der Bank eine Unbedenklichkeitsbescheinigung, wonach (erbschaftsteuerlich) keine Bedenken bestehen, die im Gewahrsam der Bank befindlichen Vermögenswerte des Erblassers in ein Gebiet außerhalb des Geltungsbereichs des ErbStG zu verbringen, kommt ein Schuldvorwurf gegenüber der Bank nicht in Betracht.
Normenkette
ErbStG § 20 Abs. 6 S. 2
Streitjahr(e)
2004, 2005
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin für Erbschaftsteuer haftet.
Die im Dezember 2001 im Alter von 82 Jahren verstorbene H unterhielt bei der Klägerin ein Girokonto, auf dem am Todestag ein Guthaben von ca. 214.000 DM ausgewiesen war. Das Versorgungsamt V überwies die Rente der H noch bis April 2003 auf dieses Konto. H wurde von ihrem in Großbritannien lebenden Sohn beerbt.
Der Beklagte (das Finanzamt) erteilte der Klägerin am 13. Februar 2003 eine Unbedenklichkeitsbescheinigung, wonach erbschaftsteuerlich keine Bedenken bestünden, die im Gewahrsam der Klägerin befindlichen Vermögenswerte der Erblasserin bis auf einen Betrag von 17.000 EUR in ein Gebiet außerhalb des Geltungsbereichs des Erbschaftsteuergesetzes zu verbringen oder außerhalb des Geltungsbereichs des Gesetzes wohnhaften Berechtigten zur Verfügung zu stellen, wenn aus den freigegebenen Geldern zuvor ein bestimmter Teilbetrag der Erbschaftsteuer entrichtet würde. Der Teilbetrag wurde gezahlt. Die Klägerin stellte das restliche Vermögen dem Sohn insoweit zur Verfügung, als es ein auf dem Konto gebuchtes Guthaben von 17.000 EUR überstieg.
Mit Schriftsatz vom 9. April 2003 forderte das Versorgungsamt V die für Januar 2002 bis April 2003 gezahlten Rentenbeträge von der Klägerin unter Hinweis auf § 118 Sozialgesetzbuch (SGB) VI zurück (Rentenrückruf). Die Klägerin entsprach dieser Forderung und belastete das Girokonto mit dem Rückzahlungsbetrag von 5.840 EUR.
Das verbliebene Guthaben reichte nicht mehr aus, um nach Eintritt der Bestandskraft des Erbschaftsteuerbescheides die festgesetzte Erbschaftsteuer zuzüglich der angefallenen Säumniszuschläge zu begleichen. Der Sohn entrichtete die Restforderung des Finanzamts trotz mehrfacher Aufforderungen nicht. Vollstreckungsmöglichkeiten gegen den Sohn sind dem Finanzamt nicht bekannt.
Das Finanzamt nahm die Klägerin mit Bescheid vom 8. September 2004 für die Restforderung Erbschaftsteuer ohne Nebenleistungen in Höhe von 2.642,57 EUR nach § 20 Abs. 6 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) in Haftung. Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsbescheid vom 11. März 2005) die Klage.
Die Klägerin ist der Auffassung, sie treffe kein Verschulden daran, dass das Guthaben auf dem Girokonto nicht zur Begleichung der Restforderung des Finanzamts ausgereicht habe. Sie habe, wie in der Unbedenklichkeitsbescheinigung verlangt, nach der Überweisung an den Sohn und der Entrichtung des Teilbetrags der Erbschaftsteuer noch ein Guthaben von 17.000 EUR zurückbehalten. Sie habe aber nicht etwa zugesagt, dass 17.000 EUR für die Zahlung der Erbschaftsteuer zur Verfügung stünden. Eine „anderweitige Verfügung” über das Guthaben, die nach § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI die Klägerin berechtigt hätte, die Rückzahlung der überzahlten Renten an das Versorgungsamt zu verweigern, sei darin auch nicht zu erblicken.
Es sei nicht ersichtlich gewesen, dass die Renten unter Vorbehalt gezahlt worden seien. Der Vorbehalt ergebe sich vielmehr nur aus der gesetzlichen Regelung in § 118 Abs. 3 SGB VI, wonach Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf ein Konto bei einem Geldinstitut im Inland überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gälten. Zur Prüfung der Gut- und Lastschriften auf einem Konto sei die Klägerin angesichts von…Millionen von ihr geführter Konten im Inland weder in der Lage noch verpflichtet.
Die Inanspruchnahme der Klägerin sei auch ermessensfehlerhaft. Das Finanzamt hätte berücksichtigen müssen, dass die Klägerin eine öffentlich-rechtliche Rentenverbindlichkeit der Erblasserin getilgt habe.
Die Klägerin beantragt,
den Haftungsbescheid vom 8. September 2004 und den Einspruchsbescheid vom 11. März 2005 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er meint, durch die Unbedenklichkeitsbescheinigung seien 17.000 EUR zugunsten des Finanzamts „geblockt” worden. Dadurch sei eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung der Klägerin begründet worden, 17.000 EUR für die Begleichung der Erbschaftsteuer bereitzuhalten. Hierin sei eine „anderweitige Verfügung” im Sinne des § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB ...