vorläufig nicht rechtskräftig
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VI R 91/10)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Häusliches Arbeitszimmer: Arbeitsplatz beim ArbG
Leitsatz (redaktionell)
- Ein „anderer Arbeitsplatz” i. S. des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG ist grds. jeder „zum Arbeiten bestimmte Platz”. Die Abzugsbeschränkung setzt keinen eigenen und räumlich abgeschlossenen Arbeitsbereich voraus. Auch ein Großraumbüro kann einen anderen Arbeitsplatz i. S. der Abzugsbeschränkung darstellen.
- Steht einem Steuerpflichtigen bei seinem ArbG ein Büroarbeitsplatz zur Verfügung und nutzt er sein häusliches Arbeitszimmer nach Feierabend/am Wochenende zur Vertiefung von Sprachkenntnissen, so kann er den Abzug der Anwendungen für sein häusliches Arbeitszimmer nicht geltend machen.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 5, § 4 Abs. 5 Nr. 6b
Streitjahr(e)
2005, 2006
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer.
Der Kläger erzielte als Elektrotechniker Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er war in den Streitjahren bei der B GmbH in S beschäftigt.
Er lebte in den Streitjahren zusammen mit einer Partnerin in einer ca. 80 qm großen Wohnung in H. Der Kläger nutzte einen ca. 10 qm großen Raum als häusliches Arbeitszimmer.
Für das häusliche Arbeitszimmer machte der Kläger in seinen Einkommensteuererklärungen folgende Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend:
2004 |
1.177,04 € |
2005 |
1.176,12 € |
2006 |
1.205,30 € |
Als Begründung gab der Kläger jeweils an, dass er das Arbeitszimmer zur Verbesserung seiner englischen Sprachkenntnisse benötige. Er müsse Gespräche, Korrespondenz und Besprechungen in der Firma bzw. mit Kunden in Englisch führen. Er arbeite zeitweise mit ausländischen Kollegen in einem Team zusammen, die die deutsche Sprache nicht sprechen würden. Außerdem sei er auch im Ausland tätig.
Er absolviere einen interaktiven Sprachkurs, der auf dem PC in seinem Arbeitszimmer installiert sei. Diese Software könne er nur im häuslichen Arbeitszimmer bedienen, weil er an seinem Arbeitsplatz bei der B GmbH keine mitgebrachte Software installieren dürfe. Deshalb sei kein anderer Arbeitsplatz vorhanden, an dem die erforderliche Fortbildung ausgeübt werden könne.
Der Beklagte erkannte in den Einkommensteuerbescheiden vom 18. April 2005 (Einkommensteuer 2004), vom 19. Juni 2006 (Einkommensteuer 2005) und vom 18. Mai 2007 (Einkommensteuer 2006) die geltend gemachten Aufwendungen mit der Begründung nicht an, dass die berufliche Nutzung des häuslichen Arbeitszimmer nicht mehr als 50 % der gesamten beruflichen Tätigkeit betrage und für die Tätigkeit ein anderer Arbeitsplatz in der Firma zur Verfügung gestanden habe.
Der Kläger legte für alle drei Jahre fristgemäß Einspruch ein. In den Einspruchsverfahren trug der Kläger vor, dass ihm kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden habe. Es reiche nicht aus, dass dem Steuerpflichtigen irgendein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werde. Der Arbeitsplatz müsse so beschaffen sein, dass der Steuerpflichtige auf das häusliche Arbeitszimmer nicht angewiesen sei.
Er legte eine Bescheinigung seiner Arbeitgeberin vor, wonach es für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sei, über sehr gute englische Sprachkenntnisse zu verfügen, weil er häufig Kontakt zu ausländischen Kunden und zu Kollegen an ausländischen Standorten habe, mit denen er in Englisch kommunizieren müsse.
Am 19. Oktober 2006 erging für das Streitjahr 2005 ein Änderungsbescheid. Für das Streitjahr 2006 erging am 9. Juni 2008 ein Änderungsbescheid.
Der Beklagte wies zunächst nur den Einspruch wegen Einkommensteuer 2004 zurück. Die Einspruchsverfahren für die Jahre 2005 und 2006 ruhten bis zum Abschluss des Verfahrens für das Jahr 2004.
In dem Einspruchsbescheid für das Jahr 2004 führte der Beklagte aus, dass die berufliche Nutzung des Arbeitszimmers offensichtlich weniger als 50 % der gesamten beruflichen Tätigkeit betrage. Es stehe dem Kläger auch ein anderer Arbeitsplatz in der Firma zur Verfügung. Bei nur einer beruflichen Tätigkeit müsse geprüft werden, ob der Arbeitsplatz für alle Aufgabenbereiche der Erwerbstätigkeit genutzt werden könne. Müsse der Steuerpflichtige einen nicht unerheblichen Teil seiner beruflichen Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer verrichten, sei er trotz des grundsätzlich vorhandenen Arbeitsplatzes auf das häusliche Arbeitszimmer angewiesen. Eine solche Fallgestaltung liege beim Kläger aber nicht vor. Der Gesetzgeber habe das Vorhalten eines Arbeitszimmers allein für Weiterbildungsmaßnahmen nicht für erforderlich gehalten.
Der Kläger erhob hiergegen Klage vor dem Niedersächsischen Finanzgericht (Az.: 12 K 391/05). Entscheidend sei, dass der Kläger die benötigte Software für den interaktiven Englischkurs an seinem Arbeitsplatz nicht verwenden dürfe. Für die sprachliche Fortbildung habe dem Kläger kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden.
In der mündlichen Verhandlu...