Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteueraufteilung auch ab 2004 nach einem Umsatzschlüssel möglich
Leitsatz (redaktionell)
- Die ab 2004 geltende Regelung des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG, die eine Vorsteueraufteilung nach einem Umsatzschlüssel faktisch ausschließt, ist europarechtswidrig.
- Der Stpfl. kann sich unmittelbar auf die günstigere Regelung im europäischen Gemeinschaftsrecht berufen.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 4 S. 3
Streitjahr(e)
2004
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Frage, ob nach Inkrafttreten des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG im Jahre 2004 die Vorsteuern für ein Gebäude weiterhin nach einem Umsatzschlüssel aufgeteilt werden können.
Die Klägerin errichte in Hannover in den Jahren 2003 und 2004 den 3. Bauabschnitt eines Wohn- und Geschäftshaus, das sie nach Fertigstellung Ende 2004 teils steuerfrei zu privaten Wohnzwecken, teils steuerpflichtig als Geschäftsräume vermietete. Der Flächenanteil der Wohnungen beläuft sich auf 65,6 v.H., jener der Geschäftsräume auf 34,4 v.H.
Zusammen mit der Bauplanaufstellung kalkulierte sie im Jahre 2003 Umsätze aus der Vermietung von Wohnungen zu privaten Wohnzwecken in Höhe von 152.000 € (45,93 v.H.) und der Vermietung von Geschäftsräumen in Höhe von 179.000 € (54,07 v.H.). Nach der schrittweisen Vermietung der Räume, die in 2005 abgeschlossen wurde, stellte sich das Verhältnis wie folgt dar: Umsätze Vermietung von Wohnungen zu privaten Wohnzwecken 221.150 € (54,76 v.H.), Geschäftsräume 182.730 € (45,24 v.H.).
Für das Jahr 2004 fielen Vorsteuern in Höhe von 37.439,26 € an, die den einzelnen Gebäudeteilen direkt zugeordnet werden konnten. Weitere Vorsteuern in Höhe von 446.610,27 € waren nicht direkt zuordnungsfähig.
Die Klägerin teilte die Vorsteuern zunächst in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen, sodann in ihrer Umsatzsteuerjahreserklärung für 2004 nach dem Verhältnis der im Jahre 2003 kalkulierten Ausgangsumsätze auf und machte – neben den direkt zurechenbaren Vorsteuern, die auf die Geschäftsräume entfielen, – 54,07 v.H. der restlichen Vorsteuern (241.475,70 €) geltend. Auch die Vorsteuern des Jahres 2003 hatte die Klägerin bereits in diesem Verhältnis aufgeteilt.
Am 23. November 2004 fand bei der Klägerin eine Umsatzsteuersonderprüfung statt. Der Prüfer vertrat unter Hinweis auf die zum 1. Januar 2004 in Kraft getretene Regelung des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG die Auffassung, dass die Vorsteuern des Jahres 2004 nach einem Flächenmaßstab aufzuteilen seien und der von der Klägerin in ihren Steuererklärungen vorgenommenen Aufteilung nicht gefolgt werden könne. Für das Jahr 2003 sei zwar noch eine Aufteilung der Vorsteuern nach dem Umsatzschlüssel möglich gewesen. Die gesetzliche Neuregelung stelle jedoch eine Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse im Sinne des § 15 a Abs. 1 UStG dar, so dass die für 2003 anerkannten Vorsteuern in 2004 insoweit zu berichtigen seien, als sich nach dem Flächenschlüssel ein geringerer Betrag an abzugsfähigen Vorsteuern ergebe als nach dem Umsatzschlüssel.
Dementsprechend berücksichtigte der Beklagte im erstmaligen Umsatzsteuerbescheid 2004 vom 9. Juni 2006 neben den direkt zuzuordnenden Vorsteuern anteilig Vorsteuern in Höhe von 153.715,79 € sowie einen Berichtigungsbetrag gem. § 15 a UStG in Höhe von 1.454 €. Der zuletzt genannte Zahlenwert wurde betragsmäßig mit der Klägerin abgestimmt und ist der Höhe nach nicht streitig.
Der gegen den Umsatzsteuerbescheid 2004 gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.
Im Klageverfahren vertritt die Klägerin weiterhin die Auffassung, dass sie auch unter Geltung des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG ab 2004 befugt sei, eine Vorsteueraufteilung anhand eines Umsatzschlüssels vorzunehmen. Die nationale Regelung stehe nicht in Einklang mit Art. 17 Abs. 5 6. EG-Richtlinie. Diese lege den Umsatzschlüssel für die Mitgliedstaaten verbindlich als Regelaufteilungsmaßstab fest. Das ergebe sich aus der Verweisung von Art. 17 Abs. 5 auf Art. 19 Abs. 1 6. EG-Richtlinie. Die Ermächtigung in Art. 17 Abs. 5 Unterabsatz 3 6. EG-Richtlinie beziehe sich allein darauf, für einzelne Tätigkeitsbereiche des Steuerpflichtigen die gesonderte Ermittlung des pro-rata Satzes zu ermöglichen anstelle eines einheitlichen Satzes für die Gesamtheit der vom Steuerpflichtigen bewirkten Umsätze. Der deutsche Gesetzgeber habe mit der von ihm getroffenen Regelung die Grenzen seiner Regelungskompetenz überschritten.
Entsprechend finde auch keine Vorsteuerberichtigung nach § 15 a UStG statt.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuer 2004 auf ./. 165.970,61 € herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist auf die Vorschrift des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG. Danach sei eine Vorsteueraufteilung nach Umsätzen nur noch zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich sei. Im Streitfall sei jedoch eine Zurechnung nach dem Nutzflächenverhältnis möglich.
Die Vorschrift widerspreche auch nicht gemeinschaft...