vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung der eigenen Einkünfte und Bezüge eines in Ausbildung befindlichen nicht verheirateten Kindes mit eigenem Kind

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zur Berechnung der Einkünfte und Bezüge eines in Ausbildung befindlichen Kindes, das selbst ein eigenes Kind hat, aber nicht verheiratet ist.
  2. Befand sich das Kind im gesamten Kalenderjahr in Berufsausbildung bzw. in einer Übergangsphase zwischen zwei Ausbildungsabschnitten, ist das gesamte im Kalenderjahr erzielte Einkommen einschließlich der Bezüge zu berücksichtigen.
  3. Einkünfte und Bezüge des Kindesvaters sind bei Berechnung der Einkünfte und Bezüge des Kindes nicht zu berücksichtigen, wenn der Kindesvater der Kindesmutter gegenüber (Tochter der Klägerin) nicht unterhaltsverpflichtet ist.
 

Normenkette

EStG §§ 63, 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2

 

Streitjahr(e)

2009

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.01.2013; Aktenzeichen V R 42/11)

BFH (Urteil vom 24.01.2013; Aktenzeichen V R 42/11)

 

Tatbestand

Die am 08.02.1988 geborene Tochter R der Klägerin ist ledig. Am 09.10.2007 hat die Tochter der Klägerin ihre Tochter A geboren. Der Kindesvater S war als Zeitsoldat tätig und bewohnt seit dem 1. 10. 2008 mit der Tochter der Klägerin eine gemeinsame Wohnung in H. Die Vaterschaft hat er mit Urkunde der Landeshauptstadt H vom 5. September 2007 (Reg.-Nr.: 1368/2007) anerkannt. Unterhalt gem. § 1615 l BGB zahlte er für die Tochter der Klägerin nach der Geburt von A nicht.

Der Klägerin war für ihre Tochter seit August 2008 Kindergeld bewilligt worden. Diese besuchte seit August 2008 die Fachoberschule – Wirtschaft und Verwaltung – Schwerpunkt Verwaltung und Rechtspflege, die sie mit Abschlusszeugnis vom 24.06.2009 beendete. Mit Vertrag vom 20.04.2009 wurde die Tochter der Klägerin für die Zeit vom 26.08.2009 bis zum 25.08.2011 als Beschäftigte nach § 14 Abs. 2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TZBFG) vom 21.12.2000 in den Dienst der Stadt H eingestellt. Die regelmäßige Arbeitszeit betrug gem. § 2 Abs. 1 Ziffer 6 des Vertrages unter Bezugnahme auf § 6 des Tarifvertrages im öffentlichen Dienst 39 Std. pro Woche. Zweck des Beschäftigungsverhältnisses war die Qualifizierung als Nachwuchskraft zur Verwaltungsfachwirtin. Als Entgelt für ihre Tätigkeit waren monatlich 1.642,80 € brutto vereinbart. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag der Tochter der Klägerin mit der Landeshauptstadt H verwiesen.

Nachdem die Klägerin der Familienkasse mitgeteilt hatte, dass ab 01.09.2009 die Voraussetzungen für weitere Kindergeldzahlungen für ihre Tochter R nicht mehr vorlägen, stellte diese die Zahlungen mit Ablauf September 2009 ein. Mit Bescheid vom 24.08.2010 hob die Familienkasse die Bewilligung der Kindergeldfestsetzung rückwirkend ab Januar 2009 auf und forderte gezahltes Kindergeld für die Monate Januar bis September 2009 einschließlich eines einmaligen Kinderbonusses von 100 € in Höhe von insgesamt 1.576,00 € zurück. Der dagegen eingelegte Einspruch war erfolglos. Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stünde Kindergeld für die Zeit Januar bis September 2009 zu. Die eigenen Einkünfte und Bezüge ihrer Tochter lägen im Streitzeitraum unterhalb des Grenzbetrages. Der Beklagte habe eigene Einkünfte ihrer Tochter für die Zeit vom 26.08. bis 31.12.2009 nicht berücksichtigen dürfen, da insofern kein Kindergeldanspruch geltend gemacht worden sei. Ferner habe der Beklagte keine Unterhaltsansprüche ihrer Tochter gegenüber dem Kindesvater S berücksichtigen dürfen, da ein Unterhaltsanspruch nicht bestanden habe. Unabhängig davon sei der Kindesvater unter Berücksichtigung eines notwendigen Eigenbedarfs (Selbstbehalt) in Höhe von 1.000 € nicht leistungsfähig gewesen. Außerdem habe der Beklagte die vom Kindesvater gezahlten Kinderbetreuungskosten zu Unrecht nur zu 2/3 anerkannt.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 24.08.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.03.2011 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, der Klägerin stünde Kindergeld für ihre Tochter R nicht zu, da dieser für 2009 unter Berücksichtigung von Unterhaltsansprüchen gegenüber dem mit ihr zusammenlebenden Kindesvater Einkünfte und Bezüge zuzurechnen seien, die den Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG überstiegen und ein sogenannter Mangelfall nicht vorliege.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Der Klägerin steht für ihre Tochter R Kindergeld zumindest für die Zeit von Januar bis September 2009 zu. Die eigenen Einkünfte und Bezüge der Tochter der Klägerin lagen in 2009 unterhalb des Jahresgrenzbetrages gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG.

1. Für das Kind R lagen im gesamten Kalenderjahr 2009 die Anspruchsvoraussetzungen als berücksichtigungsfähiges Kind der Klägerin gemäß § 63 Abs. 1 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG vor.

a) In der Zeit vom 01.01. bis 24.06.2009 besuchte die Tochter der Klägerin die Berufsschule für Verwaltung und Wirtschaft und befand sich damit...

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