Gleichlautende Ländererlasse v. 2.11.2012, BStBl I 2012, 1101
Wird im Rahmen eines Erwerbs von Todes wegen oder einer Schenkung unter Lebenden ein Nießbrauchsrecht an einem Anteil an einer Personengesellschaft im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 3 oder § 18 Absatz 4 Satz 2 EStG eingeräumt oder die Ausübung eines solchen Nießbrauchsrechts einem anderen überlassen, richtet sich die erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtliche Beurteilung nach der Ausgestaltung des Nießbrauchsrechts.
Im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht bestimmt sich der Zuwendungsgegenstand grundsätzlich nach dem Zivilrecht. Ob das zugewendete Vermögen zum Betriebsvermögen gehört, richtet sich jedoch nach den Grundsätzen des Ertragsteuerrechts, denn nach § 97 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 BewG bilden alle einer inländischen Personengesellschaft im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 3 oder § 18 Absatz 4 Satz 2 EStG gehörenden Wirtschaftsgüter einen Gewerbebetrieb.
Ist das Nießbrauchsrecht so ausgestaltet, dass der Nießbraucher ertragsteuerrechtlich als Mitunternehmer der Personengesellschaft anzusehen ist, gehört das Nießbrauchsrecht als immaterielles Wirtschaftsgut ertragsteuerrechtlich und damit auch bewertungsrechtlich zum Sonderbetriebsvermögen, da es unmittelbare und untrennbare Voraussetzung für die Erzielung der gewerblichen Einkünfte ist (BFH vom 1.9.2011, BFH/NV 2011 S. 2066). Dies gilt unabhängig davon, ob der Nießbraucher zivilrechtlich Gesellschafter der Personengesellschaft ist.
Entsprechendes gilt auch, wenn ein Nießbraucher auf seinen Nießbrauch verzichtet und dadurch eine Mitunternehmerstellung des Nießbrauchers auf den Gesellschafter übergeht.
1. Zum Sonderbetriebsvermögen gehörendes Nießbrauchsrecht
Handelt es sich bei dem Nießbrauchsrecht ertragsteuerrechtlich um Sonderbetriebsvermögen bei der Personengesellschaft, gilt hinsichtlich der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Behandlung Folgendes:
a) Steuerentstehung vor dem 1.1.2009
Die Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens sind bei der Bewertung des Betriebsvermögens mit ihrem Steuerbilanzwert anzusetzen (§ 12 Absatz 5 ErbStG a.F. in Verbindung mit § 109 Absatz 1 BewG a.F.). Da das Nießbrauchsrecht nicht entgeltlich erworben wurde, gilt ertragsteuerrechtlich das Aktivierungsverbot für immaterielle Wirtschaftsgüter (§ 5 Absatz 2 EStG). Das Nießbrauchsrecht ist deshalb nicht anzusetzen (BFH vom 1.9.2011, BFH/NV 2011 S. 2066).
b) Steuerentstehung nach dem 31.12.2008 oder Antrag nach Artikel 3 des Erbschaftsteuerreformgesetzes vom 24.12.2008 (BGBl l 2008 S. 3018) gestellt
Die Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens sind bei der Bewertung des Betriebsvermögens mit ihrem gemeinen Wert anzusetzen (§ 97 Absatz 1a Nummer 2 BewG). Für das Nießbrauchsrecht ist der Kapitalwert nach §§ 13 bis 16 BewG zu ermitteln.
Da der Nießbraucher ertragsteuerrechtlich Mitunternehmer der Personengesellschaft ist, handelt es sich bei dem Nießbrauchsrecht um einen Anteil an einer Personengesellschaft im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 3 oder § 18 Absatz 4 Satz 2 EStG. Da auch für den in § 13b Absatz 1 Nummer 2 ErbStG verwendeten Begriff der Personengesellschaft die ertragsteuerrechtlichen Grundsätze maßgebend sind, gehört das Nießbrauchsrecht bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 13b Absatz 1 Nummer 2 ErbStG zum begünstigungsfähigen Betriebsvermögen. Dabei ist unbeachtlich, dass nur Sonderbetriebsvermögen übertragen wird, da der Mitunternehmeranteil ausschließlich hierin besteht. Die Zuordnung zum begünstigungsfähigen Betriebsvermögen erfordert nicht den Erwerb einer zivilrechtlichen Gesellschafterstellung (BFH vom 1.9.2011, BFH/NV 2011 S. 2066). Die Steuerbefreiung nach § 13a ErbStG ist ausgeschlossen, wenn das Betriebsvermögen der Personengesellschaft zu mehr als 50 Prozent aus Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 Satz 2 ErbStG besteht oder soweit zum Betriebsvermögen junges Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 Satz 3 ErbStG gehört.
In den Fällen, in denen der zivilrechtliche Eigentümer des Gesellschaftsanteils Mitunternehmer der Gesellschaft bleibt, ist für die Ermittlung der Verwaltungsvermögensquote nach § 13b Absatz 2 Satz 4 ErbStG auch hinsichtlich des Nießbrauchsrechts auf den damit belasteten Anteil abzustellen, da der Nießbraucher berechtigt ist, die Nutzungen aus diesem Anteil zu ziehen. Die Ermittlung der Verwaltungsvermögensquote für das Nießbrauchsrecht erfolgt somit anhand des belasteten Anteils nach H E 13b.20 „Anteil des jungen Verwaltungsvermögens bei Beteiligungen an Personengesellschaften” ErbStH 2011. Besteht das Nießbrauchsrecht nur an einem Teil des Anteils, ist der entsprechende Teil des Anteils zugrunde zu legen. Gehört zum Mitunternehmeranteil des zivilrecht...