Entscheidungsstichwort (Thema)

Einziehung von Taterträgen bei Dritten: Erforderlichkeit eines Bereicherungszusammenhangs zwischen Tatvorteilen und Vorteilseintritt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I, 872) kann die Einziehung von Taterträgen bei einem Drittbegünstigten nach § 73b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StGB nur dann stattfinden, wenn der Drittbegünstigte die Taterträge in einer ununterbrochenen Bereicherungskette ausgehend vom Tatbeteiligten erlangt hat. Dies gilt auch dann, wenn die Verschiebung auf der Weiterreichung des Wertersatzes von Tatvorteilen - wie etwa bei einem Bankguthaben - beruht.

2. Wird der Taterlös mit legalem Vermögen vermischt und erst dann an den Dritten weitergeleitet, steht dies der Annahme eines Bereicherungszusammenhangs grundsätzlich nicht entgegen. Ein Bereicherungszusammenhang besteht jedoch nur dann, wenn sich aufgrund weiterer Umstände - etwa durch eine Gesamtschau der Zahlungsflüsse - feststellen lässt, dass mit den in Frage stehenden Transaktionen das Ziel verfolgt wurde, das durch die Tat unmittelbar begünstigte Vermögen des Täters oder eines weiteren Dritten dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen oder die Tat zu verschleiern.

 

Normenkette

StPO § 111e Abs. 1; StPOEG § 14; StGB § 73b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2; StGBEG Art. 316h

 

Verfahrensgang

LG Stade (Entscheidung vom 09.01.2018; Aktenzeichen 601 KLs 141 Js 28422/13 (8/17)

 

Tenor

Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft wird als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen der Einziehungsbeteiligten werden der Staatskasse auferlegt.

 

Gründe

I.

1. Die Staatsanwaltschaft Stade - Zentralstelle für Wirtschaftsstrafsachen - hat gegen die Angeschuldigten unter dem 30. Juni 2016 Anklage wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in 24 Fällen, davon in acht Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung sowie in weiteren fünf Fällen in Tateinheit mit Kreditbetrug vor dem Landgericht Stade - Wirtschaftsstrafkammer - erhoben.

Die Staatsanwaltschaft legt den Angeschuldigten zur Last, ein als Schneeballsystem ausgestaltetes betrügerisches Anlagemodell errichtet und betrieben zu haben, in deren Verlauf eingegangene Gelder allein zur Rückzahlung zuvor geleisteter Anlagegelder, Ausschüttung versprochener Renditen und für eigene Aufwendungen dienten. Hinsichtlich der im Tatzeitraum angeklagten Taten seien demzufolge bereits geleistete Anlagegelder überwiegend gar nicht oder allenfalls in geringerem Umfang zurückgezahlt worden.

In Umsetzung ihres Geschäftskonzepts sollen die Angeschuldigten im bewussten und gewollten Zusammenwirken und auf Grund eines gemeinsamen Tatplans im Zeitraum zwischen den Jahren 2010 und 2014 anlegebereite Darlehensgeber unter Vortäuschung hoher Zinsversprechen und Vorspiegelung einer sicheren Geldanlage für vermeintlich lukrative Immobiliengeschäfte geworben haben. Hierbei sei den Geschädigten und späteren Darlehensgebern ein Geschäftsmodell angepriesen worden, wonach durch die Angeschuldigten günstig gelegene Immobilienobjekte preiswert angekauft und nach einer gegebenenfalls wertsteigernden Sanierung mit hohem Gewinn weiterveräußert werden sollten. Um die Sicherheit der Anlageform zu bekräftigen, hätten die Angeschuldigten mitunter gegenüber den Darlehensgebern wahrheitswidrig die Existenz schon bekannter Käufer für die Immobilienobjekte benannt. Zur Absicherung soll der Angeschuldigte zu Ziffer 1 darüber hinaus teilweise Schuldanerkenntnisse sowie Eigentümergrundschulden an die Darlehensgeber abgetreten haben, die jedoch entweder wenig werthaltig gewesen oder schon gar nicht zur Eintragung gelangt seien bzw. den tatsächlichen Wert der Immobilien erheblich überstiegen hätten.

Tatsächlich sollen die Angeschuldigten nicht vorgehabt haben, die erhaltenen Geldmittel wie versprochen sicher und gewinnbringend anzulegen. So seien unter anderem neu eingehende Gelder eingesetzt worden, um Rendite- und Rückzahlungsforderungen der Altinvestoren soweit wie möglich zu befriedigen, um diese in Sicherheit zu wiegen und zu weiteren Einzahlungen zu bewegen. Bei dem auf Täuschung aufgebauten Geschäftsmodell soll es sich nach der Anklageschrift um ein Schneeballsystem gehandelt haben, bei dem im Anfangsstadium noch eine Rückzahlung der versprochenen Darlehensvaluta an die erfolgreich akquirierten Geldgeber stattgefunden hätte. Im weiteren Verlauf sei die Rückzahlung von Darlehensbeträgen zeitweise nur mit weiteren betrügerisch erlangten Geldern sichergestellt worden, bis eine Bedienung der Verbindlichkeiten - wie vornehmlich in Bezug auf die angeklagten Taten - gar nicht mehr erfolgt sei.

Im angeklagten Tatzeitraum sollen die Angeschuldigten auf diese Weise von insgesamt 19 privaten Geldgebern Beträge zwischen 15.000,- und 600.000,- EUR, insgesamt 3.460.500,- EUR, erlangt haben, deren Rückzahlung zum überwiegenden Teil - wie von Anfang an beabsichtigt oder zumindest in Kauf genommen - nicht erfo...

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