Entscheidungsstichwort (Thema)

Selbständiges Einziehungsverfahren nach Teileinstellung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der selbstständigen Einziehung des Erlangten aus nach § 154a Abs. 2 StPO abgetrennten Teilen der Tat ist das seit dem 1. Juli 2017 geltende Recht der Vermögensabschöpfung auch dann zu Grunde zu legen, wenn vor Inkrafttreten des neuen Rechts bereits ein Urteil über andere abtrennbare Teile der Tat ergangen ist, in dem eine Verfallsanordnung wegen entgegenstehender Ansprüche der Verletzten unterblieben ist.

2. Nach § 73d Abs. 1 Satz 2 letzter Halbsatz StGB n.F. unterliegen dem Abzugsverbot nicht solche Aufwendungen, die eine synallagmatische Verbindung mit der Leistung des Geschädigten aufweisen, die sich also etwa als Gegenleistung eines durch Betrug zustande gekommenen Austauschvertrages darstellen.

 

Normenkette

StGB §§ 73, 73a Abs. 1, § 73b Abs. 1 Nr. 1, § 73d Abs. 1-2, § 76a Abs. 1, 3; EGStGB Art. 316h; StPO § 154a Abs. 2, § 434 Abs. 2, § 436 Abs. 2; EGStPO Art. 14

 

Verfahrensgang

LG Stade (Entscheidung vom 13.03.2018; Aktenzeichen 50 KLs 9/17)

 

Tenor

1. Die sofortigen Beschwerden werden mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass

a) die gegen die Betroffenen M. und H. sowie die Einziehungsbeteiligte T. A. GmbH i. L. angeordnete Einziehung des Wertes des Taterlangten jeweils auf 584.427,93 Euro herabgesetzt wird und

b) die gegen die Betroffenen M. und H. sowie die Einziehungsbeteiligte T. A. GmbH i. L. angeordnete erweiterte Einziehung des Wertes des Taterlangten jeweils auf 84.279,64 Euro angehoben wird.

2. Die Beschwerdeführer haben die Kosten der Beschwerdeverfahren zu tragen.

 

Gründe

I.

1. Mit Beschluss vom 13. März 2018 hat die 5. große Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stade im selbstständigen Einziehungsverfahren die Einziehung des Wertes des Taterlangten unter Anordnung der gesamtschuldnerischen Haftung gegen die Betroffenen M. und H. sowie die Einziehungsbeteiligte T. T. A. GmbH i. L. in Höhe von jeweils 607.733,12 Euro, gegen die Einziehungsbeteiligte I. I. T. M./N. Ltd. in Höhe von 90.533,51 Euro, gegen die Einziehungsbeteiligte T. T. A. Ltd. in Höhe von 63.861,96 Euro und gegen die Einziehungsbeteiligte D. N. Ltd. in Höhe von 203.946,88 Euro angeordnet. Des Weiteren hat das Landgericht - ebenfalls unter Anordnung der gesamtschuldnerischen Haftung - die erweiterte Einziehung des Wertes des Taterlangten gegen die Betroffenen M. und H. sowie die Einziehungsbeteiligte T. T. A. GmbH i. L. in Höhe von jeweils 60.974,45 Euro angeordnet.

Dem lagen im Wesentlichen folgende Feststellungen zu Grunde:

a) Der Betroffene H. gründete am 14. Juli 1989 die T. T. A. GmbH mit Sitz in Celle. Durch diese bot er gemeinsam mit dem Betroffenen M. unter der zu ihren Gunsten im Markenregister eingetragenen Wort- und Bildmarke "I. M. I." an, Forderungen einzuziehen. Sie warben damit, dass sie im Gegensatz zu anderen mit dem Forderungseinzug befassten Unternehmen oder Rechtsanwälten effektivere Wege auch jenseits einer reinen Bürobearbeitung beschritten. Die Zahlungsbereitschaft der Schuldner ihrer Vertragspartner sollte durch die gezielte persönliche Ansprache am jeweiligen Wohnort oder im sozialen Umfeld durch mehrere, in der Außendarstellung stets schwarz gekleidete Mitarbeiter eines sogenannten Außendienstes gefördert werden. Die T. T. A. GmbH bot mehrere Arten von Vertragspartnerschaften an, die sich hinsichtlich ihrer Laufzeit und des zu entrichtenden Entgelts unterschieden. Gemeinsam war ihnen der vertraglich zugesagte "Außendiensteinsatz". Die Durchführung dieser Außendienste übertrug die T. T. A. GmbH im Oktober 2005 der kurz zuvor im Handelsregister in C. (England) eingetragenen I. I. T. M./N. Ltd., die ebenfalls von den Betroffenen H. und M. geleitet wurde.

b) Um einen Auftrag erteilen zu können, mussten die - als Mitglieder bezeichneten - Kunden sogenannte Vertragspartnerschaften mit der I. M. I. eingehen. Es konnten Vertragspartnerschaften mit einer Laufzeit von 12, 24 oder 36 Monaten eingegangen werden, für die neben einer einmaligen Aufnahmegebühr von 150 Euro monatliche Beiträge zwischen 25 und 100 Euro sowie bei Realisierung einer Forderung Erfolgshonorare in unterschiedlicher Höhe zu entrichten waren. Der Einzug der "Mitgliedsbeiträge" erfolgte zunächst durch Rechtsanwalt P. über dessen Konto bei der Dresdner Bank, von dem er sie an die T. T. A. GmbH weiterleitete. Ab Juli 2007 wurde der Beitragseinzug von der am 15. Mai 2007 nach britischen Recht gegründeten D. N. Ltd. mit eingetragenem Sitz in B. über ihr Konto bei der HypoVereinsbank durchgeführt. Von dort wurden die eingezogenen Beiträge auf andere, für die diversen Unternehmen des Betroffenen H. eingerichteten Bankkonten weitergeleitet. Daneben bestand für den Betroffenen H. über die am 19. Mai 2005 nach britischen Recht gegründete T. T. A. Ltd. nach Übertragung von Geschäftsanteilen eine Möglichkeit des Zugriffs auf das Vermögen der T. T. A. GmbH.

c) Aufgrund des infolge erheblichen Medieninteresses an diesem Geschäftsmodell erlangten Bekanntheit...

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