Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesellschaftsdarlehen im Überschuldungsstatus und bei der Gläubigerbegünstigung
Leitsatz (amtlich)
1. Nach Inkrafttreten des MoMiG dürfen Forderungen aus Gesellschafterdarlehen im Überschuldungsstatus nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn für sie ein Nachrang i.S.v. § 39 Abs. 2 InsO hinter die Ansprüche aus § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 InsO vereinbart worden ist.
2. Nach der Aufgabe der Rechtsfigur der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen durch das MoMiG führen Gesellschafterdarlehen zu einer Gläubigerstellung i.S.v. § 283c StGB. Demnach erfüllt die Rückzahlung eigenkapitalersetzender Darlehen nunmehr grundsätzlich den Tatbestand des § 283c StGB und nicht denjenigen des § 283 StGB.
Normenkette
StGB §§ 283, 283c; StPO § 203; InsO § 39 Abs. 1 Nrn. 1-5, Abs. 2; GVG § 24 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Entscheidung vom 14.12.2012) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft wird der Beschluss der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Verden vom 17.09.2013 aufgehoben.
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Verden vom 14.12.2012 wird mit der Maßgabe zugelassen, dass die Angeschuldigten hinreichend verdächtig sind, gemeinschaftlich in Kenntnis ihrer Zahlungsunfähigkeit einem Gläubiger eine Sicherheit oder Befriedigung gewährt zu haben, die dieser nicht zu beanspruchen hatte und ihn dadurch absichtlich vor den übrigen Gläubigern begünstigt zu haben (Vergehen der Gläubigerbegünstigung nach §§ 283 c, 25 Abs. 2 StGB) .
Das Hauptverfahren wird vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Verden eröffnet.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden den Angeschuldigten auferlegt.
Gründe
I.
Die Staatsanwaltschaft hat den Angeschuldigten mit ihrer Anklageschrift vom 14.12.2012 einen Bankrott gemäß §§ 283 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 6, 283 a Satz 1, Satz 2 Nr. 1 StGB zur Last gelegt.
1. In der Anklageschrift wird dem Angeschuldigten H. als faktischem Geschäftsführer und der Angeschuldigten B. als Geschäftsführerin der H. Musikproduktions GmbH (seit 09.05.2006 umfirmiert in "Dienstleistungszentrum H. GmbH" und seit 12.10.2007 umfirmiert in "Dienstleistungszentrum W. GmbH", im Folgenden hier "H. Musik") vorgeworfen, am 27.07.2007 in W. einen Sicherungs- und Übereignungsvertrag auf dem Computer unter dem Datum 30.12.2005 nachträglich erstellt zu haben. Mit diesem Vertrag soll die H. Musik der die Diskothek "e." und das Tanz-Café "L. B." (im Folgenden nur noch als "Diskothek" bezeichnet) zu diesem Zeitpunkt betreibenden H. Gastronomiebetriebs GmbH (im Folgenden: "H. Gastro") zur Absicherung zweier Darlehen in Höhe von insgesamt 372.161,76 € das gesamte Inventar der Diskothek übereignet haben. Bereits am 19.07.2007 hatte es in dieser Diskothek gebrannt, dabei war die Inneneinrichtung vollständig vernichtet worden. Deshalb zahlte der Versicherer, die B. S. Versicherungs-AG, am 25.01.2008 an die H. Gastro als Versicherungsnehmerin die Entschädigungssumme in Höhe von 235.000 € aus, die dieses Geld dem Tatplan entsprechend zu Unrecht vereinnahmt haben soll. Die Angeschuldigten sollen bei Erstellung des fingierten Sicherungs- und Übereignungsvertrages am 27.07.2007 gewusst haben, dass die H. Musik spätestens seit dem 31.12.2006 überschuldet gewesen sei. Die Angeschuldigte B. stellte am 23.04.2008 für die H. Musik Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, der jedoch mangels Masse abgelehnt worden ist. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Verden vom 14.12.2012 Bezug genommen.
In seiner Schutzschrift hat der Angeschuldigte H. zwar eingeräumt, als faktischer Geschäftsführer für die H. Musik verantwortlich gehandelt zu haben. Beide Angeschuldigte haben jedoch im Übrigen ihre Verantwortung für die ihnen zur Last gelegte Tat bestritten. Der Sicherungs- und Übereignungsvertrag sei tatsächlich am 27.07.2007 erstellt und unterzeichnet worden. Damit sei aber nur ein bereits am 30.12.2005 unterzeichneter Sicherungs- und Übereignungsvertrag, dessen einziges noch vorhandenes Vertragsexemplar beim Brand vernichtet worden sei, ersetzt worden.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Kammer die Eröffnung des Hauptverfahrens aus tatsächlichen Gründen abgelehnt.
Die Ermittlungen hätten nicht ergeben, dass die Angeschuldigten die Entschädigungssumme in Höhe von 235.000 € der Insolvenzmasse der Schuldnerin H. Musik entzogen hätten. Durch die angeblich nachträgliche Erstellung des Sicherungs- und Übereignungsvertrages vom 30.12.2005/27.07.2007 sei die Rechtsstellung der H. Musik im Hinblick auf die Entschädigungssumme nicht verschlechtert worden.
Dies beruhe zum einen darauf, dass die H. Musik mit Vereinbarung vom 13.09./14.09.2001 ein Darlehen in Höhe von 48.777,14 € zuzüglich Mehrwertsteuer von der L. AG in Anspruch genommen habe und zur Sicherung dieses Darlehens der L. AG das Inventar mit Sicherungsübereignungsvertrag vom 13.09./14.09.2001 bereits übereignet habe. Die Ansprüche aus diesem Darlehen seien zum Tatzeitpunkt noch nicht vollstän...