Entscheidungsstichwort (Thema)
Einziehung von Taterträgen bei versuchter Einkommensteuerhinterziehung
Leitsatz (amtlich)
Der dem Täter einer versuchten Einkommensteuerhinterziehung durch die erlangte Steuerersparnis zugeflossene Vermögensvorteil stellt ein "erlangtes Etwas" i.S. von § 73 Abs. 1 StGB dar und unterliegt daher der Einziehung.
Normenkette
StGB §§ 22-23, 73 Abs. 1, 2 S. 1, Abs. 3, § 73c; AO 1977 §§ 38, 155 Abs. 1, § 370 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2; EStG § 25 Abs. 1, § 35 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Hannover (Entscheidung vom 04.10.2018) |
Tenor
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 04.10.2018 im Rechtsfolgenausspruch hinsichtlich der Einziehungsentscheidung dahin abgeändert, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen in den Fällen 1-4 der Urteilsgründe i.H. von insgesamt 11.482,93 € angeordnet wird.
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Angeklagte.
Gründe
I.
1.
Nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen - soweit für die Prüfung der Revision der Staatsanwaltschaft von Bedeutung - betrieb der Angeklagte seit Anfang Juli 2007 ein Metallbauunternehmen. Entgegen der ihm bekannten Pflicht gab er in den Fällen 1 und 2 der Urteilsgründe für die Veranlagungszeiträume 2013 und 2014 keine Einkommensteuererklärungen sowie im Fall 4 der Urteilsgründe für das Jahr 2015 keine Umsatzsteuerjahreserklärung ab. Hierdurch kam es ausweislich der vom Finanzamt später vorgenommenen Steuerfestsetzungen zu Steuerverkürzungen i.H. von insgesamt 7.239,77 €.
Im Fall 3 der Urteilsgründe unterließ der Angeklagte pflichtwidrig die Abgabe der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2015. Nachdem das Finanzamt im Rahmen einer Betriebsprüfung Kenntnis von den steuerlich relevanten Sachverhalten erlangt hatte, erfolgte die Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, welches dem Angeklagten am 09.11.2017 bekannt gegeben wurde. Im weiteren Verlauf setzte das Finanzamt die Einkommensteuer auf der Grundlage der ermittelten Besteuerungsgrundlagen i.H. von 5,528 € fest.
2.
Das Amtsgericht hat den Angeklagten in den Fällen 1, 2 und 4 der Urteilsgründe jeweils wegen Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO sowie im Fall 3 der Urteilsgründe wegen versuchter Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AO zu Einzelgeldstrafen verurteilt und aus diesen eine Gesamtgeldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 45 € gebildet.
Darüber hinaus hat das Amtsgericht gemäß §§ 73 Abs. 1, 73c StGB die Einziehung von Wertersatz für die in den Fällen 1, 2 und 4 vom Angeklagten im Hinblick auf die ersparten Einkommens- und Umsatzsteuern erlangten Taterträge angeordnet und nach Abzug der zwischenzeitlich geleisteten Steuernachzahlungen einen Gesamtbetrag von 5.954,93 € festgesetzt.
Im Fall 3 der Urteilsgründe hat das Amtsgericht hingegen die Voraussetzungen für eine Wertersatzeinziehung verneint. Bei dieser Tat habe es am Eintritt des Taterfolges gefehlt, weshalb der Angeklagte keine der Einziehung unterliegenden Taterträge i.S. von § 73 Abs. 1 StGB habe erlangen können. Allein die Nichtabgabe einer Steuererklärung trotz Ablaufs der Abgabefrist führe bei dem Täter einer versuchten Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AO noch nicht zu einem Vermögensvorteil. Ein der Einziehung unterliegender Vermögensvorteil in Form einer Steuerersparnis falle erst dann an, wenn der Steueranspruch des Staatsfiskus in Folge der Steuerfestsetzung durch das Finanzamt und deren Bekanntgabe gegenüber dem Täter gemäß § 220 Abs. 2 Satz 2 AO fällig geworden sei. Erst mit der Steuerfestsetzung werde festgestellt, ob der Täter überhaupt eine Steuer schulde.
3.
Mit ihrer ausdrücklich auf die Einziehungsentscheidung beschränkten und auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft ausschließlich die vom Amtsgericht im Fall 3 der Urteilsgründe abgelehnte Einziehungsanordnung.
Die Generalstaatsanwaltschaft ist dem Rechtsmittel beigetreten.
II.
Die Revision der Staatsanwaltschaft ist zulässig und führt in der Sache zum Erfolg.
1.
Die ausdrückliche Beschränkung der Revision auf die Einziehungsentscheidung des Amtsgerichts betreffend den Fall 3 der Urteilsgründe ist wirksam (vgl. hierzu BGH NStZ-RR 2019, 22).
2.
Die Revision ist auch begründet.
Die mit der allgemeinen Sachrüge allein angegriffene Einziehungsentscheidung im Fall 3 der Urteilsgründe hält der rechtlichen Prüfung nicht stand. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts lagen auch bei dieser Tat die Voraussetzungen für die Einziehung des Wertes von Taterträgen gemäß §§ 73 Abs. 1, 73c StGB vor.
a)
Das Amtsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Frage der Einziehung von Taterträgen für die abgeurteilten Taten des Angeklagten gemäß der Übergangsvorschrift des Art. 316h Satz 1 EGStGB nach den durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.04.2017 (BGBl. I S. 872) neu gefassten Vorschriften des Strafgesetzbuches beurteilt (vgl. hierzu BGH aaO).
b)
Nach § 73 Abs. 1 StGB unterliegen Vermöge...