Leitsatz (amtlich)
Auch eine zugunsten einer GmbH von ihren Gesellschaftern im Zeitpunkt einer Krise abgegebene harte Patronatserklärung gegenüber einem Dritten als Darlehensgeber kann eine eigenkapitalersetzende Sicherung i.S.d. § 32a Abs. 2 GmbHG darstellen. Sie ist nicht geeignet, die Überschuldung der Gesellschaft zu beseitigen, wenn sie dieser keinen eigenen durchsetzbaren Anspruch einräumt.
Verfahrensgang
LG Stade (Urteil vom 06.12.2007; Aktenzeichen 8 O 87/07) |
Tenor
Die Berufungen der Beklagten gegen das am 6.12.2007 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer (Kammer für Handelssachen) des LG Stade werden zurückgewiesen.
Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagten auf Erstattung von Geldbeträgen nach den Grundsätzen der Gesellschafterhaftung für eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfen in Anspruch. Wegen des Sachverhalts und der tatsächlichen Feststellungen des LG wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, mit dem die Kammer der Klage stattgegeben hat.
Hiergegen richten sich die Berufungen der Beklagten, die ihr erstinstanzliches Prozessziel vollständiger Klagabweisung weiterverfolgen. Das LG habe eine Überraschungsentscheidung getroffen, weil es zunächst angekündigt habe, es komme auf die Herkunft der fraglichen Zahlungen an, mit denen der Sollstand des Geschäftskontos der späteren Insolvenzschuldnerin zurückgeführt worden sei. Von dieser Auffassung habe sich die Kammer im Urteil zu Unrecht abgewandt, haftungsauslösend könnten nur Leistungen der Gesellschaft zugunsten der Gesellschafter sein. Im Wesentlichen seien die Zahlungen, die zu einer Rückführung des Sollstandes auf dem Geschäftskonto geführt hätten, aber durch die D. B. GmbH (im Folgenden: DBT) erfolgt, die die entsprechenden Mittel selber fremdfinanziert habe, wofür die Beklagten zu 1 bis 4, die auch Gesellschafter der DBT seien, als Bürgen ebenfalls zu haften hätten. Deshalb seien sie durch die Entscheidung des LG hinsichtlich der fraglichen Beträge im wirtschaftlichen Ergebnis doppelt belastet. Zudem, so der Beklagte zu 5, seien Ansprüche aus der Patronatserklärung ohnehin bereits verjährt gewesen, als der Kontostand zurückgeführt worden sei.
Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II. Die Berufungen erweisen sich als unbegründet. Das LG hat aus zutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst verwiesen wird, der Klage deswegen stattgegeben, weil die von den Beklagten als Gesellschaftern der späteren Insolvenzschuldnerin unter dem 14.11.2000 ggü. der Sparkasse S. abgegebene (harte) Patronatserklärung (Anlage K 2 im gesonderten Hefter) als eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe zu behandeln ist, nachdem die Beklagten diese stehen gelassen haben, als die Gesellschaft spätestens im Jahr 2003 in die Krise geraten und kreditunwürdig geworden ist. Weil die Patronatserklärung nach oben hin nicht beschränkt gewesen ist, sind die Beklagten von aus der Abgabe dieser Erklärung ggü. der Bank drohenden Schadensersatzansprüchen insoweit frei geworden, als der Sollstand des Geschäftskontos der Gesellschaft (hier in den letzten drei Monaten vor der Insolvenzeröffnung) in einem Umfang von rund 150.000 EUR zurückgeführt worden ist bzw. der Kläger als Insolvenzverwalter im Sicherungseigentum der Sparkasse stehendes Inventar der Insolvenzschuldnerin für knapp 37.000 EUR freihändig verwertet und die Sparkasse mit diesem Betrag befriedigt hat (§§ 32a Abs. 2, 32b GmbHG). Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist folgendes festzuhalten:
1. Die Gesellschaft befand sich zum Zeitpunkt der Rückführung des Sollsaldos (zwischen Mitte September und Ende November 2004) in der Krise und war kreditunwürdig, was sich daraus entnehmen lässt, dass ihre Bilanz zum 31.12.2003 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von über 800.000 EUR ausweist (bereits im Jahr zuvor bestand ein solcher i.H.v. 678.000 EUR). Die vom Kläger vorgelegte Handelsbilanz (Anlage K 5 im gesonderten Hefter) indiziert die rechnerische Überschuldung der Gesellschaft, weil (was auch die Beklagten nicht behaupten) stille Reserven oder sonstiges aktivierbares weiteres Vermögen nicht vorhanden gewesen ist. Gleichwohl haben die Beklagten die von ihnen am 14.11.2000 ggü. der Sparkasse abgegebene Patronatserklärung, die zu den einer Bürgschaftsgewährung nach § 32a Abs. 2 GmbHG gleichzustellenden Sicherungsmitteln gehört (vgl...