Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbscheinserteilung
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 24.05.1995; Aktenzeichen 2/9 T 311/94) |
AG Bad Homburg (Aktenzeichen 4 VI Sch 24/93) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 1) hat die der Beteiligten zu 2) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde beträgt 5.000,– DM.
Gründe
Der im Jahre 1954 geborene Erblasser schloß im Jahre 1980 mit der Beteiligten zu 1) die Ehe, aus der die im Jahre 1985 geborene Tochter …– die Beteiligte zu 2) – hervorgegangen ist. Seit dem 1.4.1991 lebten die Eheleute getrennt. Die Beteiligte zu 1) reichte mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 4.5.1992 bei dem Amtsgericht – Familiengericht – Bad Homburg v.d.H. Scheidungsklage ein, die dem Erblasser am 13.5.1992 zugestellt wurde. Dieser ließ mit Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten im Scheidungsverfahren vom 15.6.1992 vortragen: „Der Antragsgegner wird, da die Antragstellerin die Scheidung begehrt, sich damit einverstanden erklären”. Dessen ungeachtet versuchte der Erblasser im Herbst 1992 durch Einschaltung der beiderseitigen Prozeßbevollmächtigten zu 1) zu versöhnen und diese zur Rücknahme ihres Scheidungsantrags zu bewegen. Die Beteiligte zu 1) lehnte dies damals ab. Das Familiengericht bestimmte unter dem 15.1.1993 Termin zur mündliche Verhandlung auf den 10.3.1993.
Am 20.2.1993 erlitt der Erblasser einen Unfall, bei dem er sich schwere Kopfverletzungen zuzog. Er wurde in die Medizinische Klinik I der Kliniken des Hochtaunuskreises in Bad Homburg v.d.H. eingeliefert. Wenige Stunden danach fiel er in tiefe Bewußtlosigkeit und war nicht mehr in der Lage, auf Fragen zu antworten. Die ärztlichen Untersuchungen ergaben einen großen Bluterguß auf der linken Hälfte des Großhirns, eine allgemeine Hirnschwellung und eine beginnende Einklemmung des Mittelhirns. Daraufhin wurde der Erblasser noch am Abend des 20.2.1993 in die neurochirurgische Abteilung der Universitätsklinik Frankfurt am Main gebracht, wo ein neurochirurgischer Eingriff an ihm vorgenommen wurde. In den späten Abendstunden des 20.2.1993 wurde er in die internistische Intensivstation des Bad Homburger Krankenhauses zurückverlegt. Von diesem Zeitpunkt an bestanden klinische Zeichen einer schwerer Funktionsstörung des Gehirns; Hornhautreflex und Schluckreflex waren nicht mehr auslösbar. An dem Zustand tiefster Bewußtlosigkeit änderte sich nichts mehr. Die Spontanatmung war ausgefallen, so daß er fortan künstlich beatmet werden mußte. Die Funktionen von Herz und Kreislauf mußten medikamentös gestützt werden, ohne daß sie künstlich aufrechterhalten wurden.
Bei dem Erblasser stellten der Chefarzt … am 23.2.1993 gegen 14,30 Uhr uns der Oberarzt Dr. … am 24.2.1993 um 9,45 Uhr die typischen Symptome des Ausfalls der Hirnfunktion fest. Allerdings wurde eine Ableitung der Hirnströme (EKG) nicht durchgeführt, weil dies in dem Bad Homburger Krankenhaus aus technischen Gründen nicht möglich war.
Am 23.2.1993 ließ die Beteiligte zu 1) mit einer bei dem Familiengericht am frühen Nachmittag eingegangenen Fernkopie ihrer Verfahrensbevollmächtigten ihren Scheidungsantrag zurück ziehen. In den frühen Morgenstunden des 26.2.1993 kam es bei dem Erblasser zum Herzstillstand mit nachfolgendem biologischen Tod.
Die Beteiligte zu 1) hat unter dem 11.3.1993 beantragt, ihr einen Erbschein des Inhalts zu erteilen, daß der Erblasser, der letztwillig nicht verfügt hat, von ihr und der Beteiligter zu 2) zu je 1/2 beerbt worden sei. Sie hat dazu eine von dem Standesbeamten in Bad Homburg v.d.H. am 2.3.1993 ausgestellte Sterbeurkunde vorgelegt, in der es heißt, der Erblasser sei am 26.2.1993 um 03,39 Uhr gestorben.
Die durch einen Ergänzungspfleger vertretene Beteiligte zu 2) ist diesem Antrag mit dem Vortrag entgegengetreten, sie habe ihren Vater allein beerbt. Bei diesem sei nämlich schon einige Tage vor dem 26.2.1993 der Hirntod eingetreten, Die behandelnden Ärzte hätten den Erblasser auf Weisung der Beteiligten zu 1) durch künstliche Beatmung am Leben erhalten. Die Beteiligte zu 1) habe diese Lage rechtsmißbräuchlich durch Rücknahme ihres Scheidungsantrage ausgenutzt, um sich ihr gesetzliches Erbrecht zu sichern. Die Beteiligte zu 1) hat erwidert, sie habe ihren Verfahrensbevollmächtigten den Auftrag zur Rücknahme des Scheidungsantrags schon zu einem Zeitpunkt erteilt, als der Erblasser noch nicht im Krankenhaus gewesen sei. Aus dem Verhalten des Erblassers zum damaligen Zeitpunkt habe sie geschlossen, daß ihre Ehe noch gerettet werden könne.
Die Rechtspflegerin des Nachlaßgerichts hat mit Beschluß vom 4.6.1993 die Erteilung eines dem Antrag der Beteiligten zu 1) entsprechenden Erbscheins angekündigt, sofern nicht binnen zwei Wochen Erinnerung eingelegt werde. Der gegen diesen Beschluß von der Beteiligten zu 2) eingelegten Erinnerung haben die Rechtspflegerin und der Richter des Nachlaßgerichts nicht abgeholfen. ...