Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 01.03.1996; Aktenzeichen 17 O 9/94) |
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 1. März 1996 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufungsinstanz werden den Klägern auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer der Kläger übersteigt nicht 60.000,00 DM.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Kläger, die sich nach Rücknahme der Berufungen gegen die Beklagten zu 2) und 3) nur noch gegen den Beklagten zu 1) und die Abweisung der gegen ihn erhobenen Klage richtet, ist nicht begründet.
Vertragliche Schadenersatzansprüche gem. § 635 BGB wegen etwaiger Planungsfehler oder Mängel der Bauaufsicht des Beklagten zu 1) stehen den Klägern nicht zu. Der zwischen den Parteien abgeschlossene Architekten-Werkvertrag ist gem. §§ 134, 139 BGB nichtig.
Wie die Parteien bei ihrer Anhörung gem. § 141 ZPO im Senatstermin übereinstimmend eingeräumt haben, waren dem Beklagten zu 1), unabhängig vom Umfang des Architektenauftrags bezüglich des hier streitigen Balkonanbaus im einzelnen, Bauplanung und -aufsicht für das Umbauvorhaben zu einem Festpreis von 19.000,00 DM übertragen worden, wobei von Anfang an ausdrücklich vereinbart war, daß eine Rechnung über die ausgeführten Architektenleistungen nicht erteilt werden sollte. Die Abrede diente, wie auch die Kläger erkannt hatten, eindeutig dazu, die auf das Honorar gem. §§ 1 Abs. 1, 13 UStG entfallende Umsatz-/Mehrwertsteuer zu „sparen”, d.h. verbotswidrig nicht an das Finanzamt abzuführen. Ein anderer Grund für die „O-R-Abrede” ist von den Parteien – und insbesondere auch nicht von den Klägern – nicht dargetan worden und nicht ersichtlich. Zu diesem Zweck ist von vornherein die Erteilung einer Rechnung, deren Ausstellung die Kläger andererfalls gem. § 14 Abs. 1 UStG jederzeit hätten verlangen können, ausgeschlossen und so die Nichtverbuchung des Geschäftsvorfalls in den Geschäftsbüchern des Beklagten zu 1) (§ 22 UStG) abgesichert worden. Tatsächlich hat der Beklagte zu 1) auch keine Rechnung im Sinne von § 14 UStG ausgestellt und lediglich DM 6.000,00 von den Klägern per Überweisung erhalten, die er nach eigenen Angaben ordnungsgemäß verbucht und versteuert haben will. Der Restbetrag ist hingegen unstreitig bar, sozusagen „schwarz” gezahlt und vom Beklagten zu 1) entsprechend der getroffenen „Ohne-Rechnung-Abrede” „O-R-Abrede”) nicht verbucht und versteuert worden.
Als Vereinbarung, die letztlich ausschließlich der Ermöglichung und Absicherung einer Umsatzsteuerverkürzung (§§ 370 AO, 1, 13 UStG) diente, ist jedoch die Abrede, keine Rechnung erteilen zu müssen, gem. § 134 BGB nichtig (vgl. hierzu BGH MDR 68, 834; Staudinger-Sack, BGB, 13. Aufl., § 134 Rdnr. 288; Soergel-Hefermehl, BGB, 12. Aufl., § 134 Rdnr. 65). Ob die Abrede daneben zumindest auf Seiten des Beklagten zu 1) zusätzlich der unrechtmäßigen Verkürzung weiterer Steuern und Abgaben (z.B. Einkommenssteuer) diente, kann letztlich dahinstehen.
Die Nichtigkeit dieser getroffenen Nebenabrede führt gem. § 139 BGB zur Nichtigkeit des gesamten Architektenvertrages, da nicht anzunehmen ist, daß dieser ohne die Nebenabrede zu denselben Konditionen, insbesondere zum Honorar von DM 19.000,00 abgeschlossen worden wäre. Der Beklagte zu 1) hätte zumindest die ihn als Steuerschuldner im Sinne des § 13 Abs. 1 UStG treffende Umsatzsteuerpflicht bei seiner Honorarkalkulation berücksichtigt und dem vereinbarten Honorar den seinerzeit gültigen Mehrwertsteuersatz von 14 % hinzugeschlagen. Dies ist von ihm in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eindeutig erklärt worden.
Die Höhe des vereinbarten Honorars von 19.000,00 DM spricht aber auch im übrigen dafür, daß die gemessen an den üblichen Honorarsätzen der HOAI vergleichsweise äußerst günstige Honorarberechnung maßgeblich von dem Umstand beeinflußt war, daß eben das Geschäft nicht „durch die Bücher laufen” und das Honorar „am Finanzamt vorbei” vereinnahmt werden sollte. Demgemäß hat auch der Beklagte bei seiner Anhörung im Termin unwidersprochen darauf verwiesen, daß er im Falle einer ordnungsgemäßen Abrechnung seiner Tätigkeit auch noch Kosten für die Statik und für seine Tätigkeit im Zusammenhang mit der Beauftragung zur Erwirkung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung in Rechnung gestellt hätte.
Demnach steht zur Überzeugung des Senats fest, daß ohne die getroffene „O-R-Abrede” der Architektenvertrag keinesfalls mit einem vereinbarten Festhonorar von DM 19.000,00 abgeschlossen worden wäre.
Aufgrund der Nichtigkeit des Architektenvertrages scheiden daher vertragliche Schadensersatzansprüche der Kläger gegen den Beklagten zu 1) aus.
Ebensowenig stehen den Klägern gesetzliche Schadenersatzansprüche gem. § 823 Abs. 1 BGB zu. Es ist nicht ersichtlich, daß es durch Planungsfehler oder sonstige Versäumnisse des Beklagten zu 1) zu Substanzverletzungen an bis dahin unbeschädigtem Eigentum der Kläger gekommen ...