Leitsatz (amtlich)
Die Übernahme eines Handelsgeschäfts unter Fortführung einer bloßen Geschäfts- oder Etablissementsbezeichnung löst eine Haftung nach § 25 Abs. 1 HGB nicht aus. Auf die Fortführung einer Etablissements- oder Geschäftsbezeichnung kann § 25 Abs. 1 HGB auch nicht entsprechend angewandt werden.
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 23.09.2010; Aktenzeichen 27 O 134/10) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23.9.2010 verkündete Urteil der 27. Zivilkammer des LG Köln - 27 O 134/10 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.
Die Beklagte haftet nicht gem. § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB für die Verbindlichkeiten, die Frau L., handelnd unter der Bezeichnung "C. ", bei der Klägerin in der mit der Klage verfolgten Höhe von 18.591,10 EUR eingegangen ist.
Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Beklagte das vormals von Frau L. geführte Handelsgeschäft übernommen hat. Eine Haftung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB scheitert daran, dass die Beklagte das Geschäft nicht unter der bisherigen Firma fortgeführt hat. Die Bezeichnung "C. " ist keine Firma. Die Firma ist der Handelsname des Kaufmanns. Davon zu unterscheiden ist eine Geschäfts- oder Etablissementbezeichnung, die im Sinne einer Branchenangabe oder einer sonstigen Bezeichnung lediglich das Geschäft oder den Betrieb allgemein kennzeichnet (vgl. nur MünchKomm/HGB/Heidinger, 3. Aufl., § 17 Rz. 35). Demgemäß setzt eine Firmenfortführung nach § 25 Abs. 1 HGB voraus, dass tatsächlich auch eine Firmenbezeichnung weiter verwendet wird. Die Übernahme eines Handelsgeschäfts unter Fortführung einer bloßen Geschäfts- oder Etablissementbezeichnung löst eine Haftung nach § 25 Abs. 1 HGB nicht aus; dies entspricht nahezu einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung und in der neueren handelsrechtlichen Literatur (vgl. BGH, DB 1964, 1297 [Helios-Filmtheater], OLG Brandenburg MDR 1998, 1299 [Strandhotel Imperial], OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 965 [Laterna]; LG Bonn NJW-RR 2005, 1559; VGH BW, Urt. v. 24.10.2011 - 2 S 1652/11 - [Gaststätte "Zum Viertele"]; s. ferner OLG München, ZIP 2008, 1823, 1824; Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl., § 25 Rz. 7, 8; Staub/Burgard, HGB, 5. Aufl., § 25 Rz. 64 und § 17 Rz. 24; MünchKomm/HGB-Thiessen, 3. Aufl., § 25 Rz. 60; Ammon/Ries in: Röhricht/Graf v. Westphalen, HGB, 3. Aufl., § 25 Rz. 17; Ammon in: Heidel/Schall, HGB, § 25 Rz. 21; Vossler in: Oetker, HGB, 2. Aufl., § 25 Rz. 26).
C. bedeutet übersetzt entweder Großstadtmarkt (so die Beklagte) oder Hauptstadtmarkt (so die Klägerin). Welche Übersetzung zutrifft, kann dahingestellt bleiben. C. ist in beiden Übersetzungsvarianten lediglich eine allgemeine Geschäftsbezeichnung, die (nicht anders als etwa "Supermarkt") lediglich pauschal die Branche kennzeichnet und daher von vornherein als Handelsname eines Kaufmannes untauglich ist.
Auf die Fortführung einer Etablissement- oder Geschäftsbezeichnung kann § 25 Abs. 1 HGB auch nicht entsprechend angewandt werden. Eine ausdehnende Anwendung dieser Bestimmung ist zwar in der Vergangenheit vereinzelt in der Literatur befürwortet worden (vgl. Staub/Hüffer, HGB 4. Aufl., § 25 Rz. 45 mit Rz. 83 ff.; K. Schmidt, ZHR 145 [1981], 2, 21 ff.). Diese Auffassung hat sich in der Rechtsprechung und auch in der neueren Literatur indes nicht durchgesetzt. Der BGH ist einer analogen Anwendung des § 25 HGB mit der Begründung, angesichts der klaren Regelung des § 25 HGB im Rahmen der firmenrechtlichen Vorschriften bestehe keine Regelungslücke, die eine entsprechende Anwendung auf andere Sachverhalte gebieten könne, entgegengetreten (BGH NJW 1992, 112, 113 unter II. 4. b. bb.; ebenso OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG Brandenburg, a.a.O.; Staub/Burghard, HGB, 5. Aufl., § 25 Rz. 64; Roth in: Koller/Roth/Morck, HGB, 7. Aufl., § 25 Rz. 3). Dem schließt sich der Senat an. Die Auffassung, in Bezug auf die Nichteinbeziehung einer fortgeführten Geschäfts- oder Etablissementbezeichnung in den Anwendungsbereich des § 25 Abs. 1 HGB bestehe eine planwidrige Regelungslücke, lässt sich jedenfalls seit der Reform des Firmenrechts (Gesetz vom 22.6.1998, BGBl. I, 1474, in Kraft getreten am 1.7.1998) nicht mehr vertreten; hätte der Gesetzgeber insoweit einen Handlungsbedarf gesehen, hätte es nahegelegen, § 25 Abs. 1 HGB entsprechend zu fassen, was indes nicht geschehen ist (so zutreffend LG Bonn, a.a.O.).
Allerdings hat das KG in einem Urteil vom 14.11.1995 (KGReport Berlin 1996, 197) eine entsprechende Anwendung von § 25 Abs. 1 HGB bei Umwandlung eines ehemals organisationseigenen Betriebs der früheren DDR in eine GmbH befürwortet. Dabei handelt es sich indes offenkundig um eine besondere Fallgestaltung, so dass die Ausführungen des KG nicht verallgemeinerungsfähig sind. Die Entschei...