Leitsatz (amtlich)
Der Pfandnehmer hat den Zugang der Verpfändungsanzeige beim Drittschuldner außerhalb des kritischen Zeitraumes nachzuweisen, da der Zugang unabdingbare Wirksamkeitsvoraussetzung einer Forderungsverpfändung ist.
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 19.04.2007; Aktenzeichen 4 O 15375/05) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG München I vom 19.4.2007 aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zur Masse 603.017,81 EUR zzgl. Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 25.9.2002 zu zahlen.
III. Im Übrigen werden die Klage und die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
IV. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Beklagte.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
VI. Die Revision wird nicht zugelassen.
VII. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 603.017,81 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der ... GmbH (künftig: Schuldnerin). Das Insolvenzverfahren wurde am 28.3.2002 auf Antrag der Schuldnerin vom 30.1.2002, eingegangen bei Gericht am 5.2.2002, wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet.
Die Beklagte war der Schuldnerin seit 1995/1996 mit einem Betriebsmittelkredit bis zu einer Kreditlinie von 2 Mio. DM zur Verfügung gestanden. Zur Absicherung hatte der Minderheitengesellschafter der Schuldnerin ... eine persönliche Bürgschaft übernommen. Im Sommer 2001 forderte die Beklagte, gestützt auf Nr. 13 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen von der Schuldnerin eine Nachbesicherung für die Fortführung des Betriebsmittelkredits mit einer um 1 Mio. DM gekürzten Kreditlinie. Die Vermögensverhältnisse des Bürgen ... hatten sich erheblich verschlechtert. Es zeichneten sich Verluste im Millionenbereich aus dessen unternehmerischer Tätigkeit als Einzelunternehmer ab, wie die Beklagte aufgrund ihrer geschäftlichen Verbindung auch mit dem Bürgen und dessen Unternehmen wusste.
Daraufhin verpfändete die Schuldnerin der Beklagten mit schriftlichem Vertrag vom 24.10.2001 (Anlage B 1) ihre Forderungen gegen die ... i.H.v. 1.016.695,21 EUR, über die zu diesem Zeitpunkt ein Rechtsstreit anhängig war.
Die Verpfändung zeigte die Beklagte im Auftrag der Schuldnerin der ... mit Schreiben vom 29.10.2001 an (Anlage B 2). Sie bezeichnete hierin die Verpfänderin richtig als ..., gab aber als deren Anschrift unzutreffend ... an. Die Drittschuldnerin erwiderte am 8.11.2001 (Anlage B 3), ihr sei die ... mit einer solchen Adresse nicht bekannt. Unter dem 14.11.2001 teilte die Beklagte erneut die Verpfändung, nunmehr jedoch mit dem zutreffenden Sitz der Schuldnerin in ... mit (Anlage B 4). Die Drittschuldnerin bestätigte den Eingang der Verpfändungsanzeige am 19.11.2001 (Anlage B 4). Nach Einigung mit der Schuldnerin zahlte die DFA GmbH i.L. den Vergleichsbetrag von 603.017,81 EUR mit Zustimmung des Klägers in der Interimsvereinbarung vom 9.8.2002 (Anlage K 3) an die Beklagte aus.
Der Kläger fordert von der Beklagten diesen Betrag nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.9.2002 heraus. Er hält die Verpfändung für unwirksam, zudem ficht er die Verpfändung nach §§ 131, 133, 134 InsO an. Die Schuldnerin sei bereits Ende 2000, spätestens aber zum Zeitpunkt der Verpfändung zahlungsunfähig gewesen. Der Beklagten seien die geschäftliche Verflechtung der Schuldnerin mit der Unternehmensgruppe ... und die Auswirkungen der dortigen finanziellen Krise auf die Schuldnerin bekannt gewesen. Sie habe die kritische Situation der Schuldnerin und die Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Schuldnerin zum Zeitpunkt der Verpfändung erkannt.
Das LG hat die Klage mit Urteil vom 19.4.2007 abgewiesen.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Rückzahlungsverlangen weiter.
Ergänzend wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil, die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze und die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 12.2.2008 Bezug genommen.
II. Die Berufung erweist sich in der Sache als begründet. Dem Kläger steht ein Rückgewähranspruch aus §§ 131 Abs. 1 Nr. 2, 143 Abs. 1 InsO zu.
1. Dem Kläger war gem. §§ 233, 236 ZPO Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist zu gewähren, da er an der rechtzeitigen Einlegung und Begründung des Rechtsmittels ohne Verschulden verhindert war und die Rechtsmitteleinlegung nebst Begründung rechtzeitig nachgeholt hat.
Der Kläger hat zwar die Berufungsfrist versäumt, aber innerhalb dieser Frist Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren beantragt. Der die Prozesskostenhilfe ablehnende Beschluss des Senats vom 15.11.2007 war ihm am 22.11.2007 zugestellt worden. Am 4.12.2007, mithin innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist (§ 234 Abs. 1 S. 1 und S. 2 ZPO...