Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung eines Steuerberaters
Leitsatz (amtlich)
Beginn der Verjährungsfrist im haftunsprozess gegen Steuerberater.
Maßgeblich für den Verjährungsbeginn ist nicht die Zugangsfiktion in § 122 Abs. 2 AO, sondern der (frühere) tatsächliche Zuang des Steuebescheids.
Grundsatz der Schadenseinheit.
Normenkette
BGB § 204; AO § 122
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 13.01.2006; Aktenzeichen 6 O 13289/05) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des LG München I vom 13.1.2006 wird zurückgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 94 %, die Beklagten samtverbindlich 6 %.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagten zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von den Beklagten, seinen Steuerberatern, den Ersatz von Steuernachteilen und der Gerichtskosten eines FGverfahrens.
Der Kläger ist Apotheker sowie Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Sch.-Verlag für medizinisch-pharmazeutische Informationen GmbH (im Folgenden: GmbH).
Im Jahre 1980 begann der Kläger systematisch Informationen über die Wechselwirkung von Arzneimitteln zu sammeln und aufzubereiten. Ergebnis dieser Arbeiten waren die "Sch.-Liste" in Buchform und die vom Kläger zusammen mit der Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung mbH München entwickelte, auf einem mikrocomputergestützten Informationssystem basierende, "Sch.-Arzneimitteldatenbank".
Der Kläger hatte zunächst mit Vereinbarung vom 1.4.1985 (Anlage K 1a) der GmbH das Recht, "Arzneimittelinformationen, insb. die Sch.-Liste Arzneimittelwechselwirkungen" zu vervielfältigen und zu vertreiben, und das Nutzungs- und Vertriebsrecht für die Sch.-Arzneimitteldatenbank eingeräumt. Mit als "Lizenzvertrag" bezeichnetem Vertrag vom 14.1.1992 (Anlage K 1) zwischen dem Kläger und der GmbH wurde diese Vereinbarung modifiziert und präzisiert.
Nach diesem Lizenzvertrag hat die GmbH als "Lizenz" pauschal 54 % des Umsatzes mit der Sch.- Arzneimitteldatenbank an den Kläger abzuführen; eine Änderung dieser Vergütung ist vorgesehen bei zusätzlichen Leistungen des Klägers und einem Anstieg der Kosten der GmbH über 46 % des Umsatzes. Die Höhe der an den Kläger zu leistenden Vergütungen wurde jährlich in einer "Lizenzbesprechung" zwischen dem Kläger und der die Mandate mit dem Kläger und der GmbH bearbeitenden Beklagten zu 1) festgelegt.
Der Kläger erklärte die Lizenzgebühren der GmbH bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit. Nach Außenprüfungen beim Kläger und bei der GmbH (vgl. Anlage K 12 zu Blatt 80/89) kam das Finanzamt 1997 zu dem Ergebnis, dass zwischen dem Einzelunternehmen des Klägers und der GmbH eine Betriebsaufspaltung vorliege, und erließ für das Einzelunternehmen des Klägers unter dem Datum 6.7.1999 (erstmals) Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 1993, 1994, 1995 (Anlage B 1) und mit Gewerbesteuermessbescheiden vom 5.8.2002 (Anlagen K 12a, 12b zu Blatt 44/48) für die Wirtschaftsjahre 1996 und 1997. Die Landeshauptstadt München setzte in der Folge mit Bescheid vom 20.8.1999 die Gewerbesteuer für die Wirtschaftsjahre 1993 bis 1995 und mit Bescheid vom 20.8.2002 die Gewerbesteuer für die Wirtschaftsjahre 1996 und 1997 mit insgesamt 675.593 DM (344.402,64 EUR) fest (Anlagen K 2).
Gegen die Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 1993, 1994 und 1995 erhob der Kläger, vertreten durch die Beklagten, nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage vor dem FG München, die mit Urteil vom 10.9.2003 abgewiesen wurde (Anlage K 3).
Mit der vorliegenden, am 9.7.2005 bei Gericht eingegangenen Klage vom 8.7.2005 machte der Kläger die Zahlung von 336,131,23 EUR nebst Zinsen als Schadensersatz geltend, wobei sich der Betrag aus den festgesetzten Gewerbesteuern für 1993 bis 1997, den Nachzahlungszinsen zur Gewerbesteuer für 1993 bis 1997, den für die Aussetzung der Vollziehung der Gewerbesteuerbescheide für die Verfahrensdauer von Einspruch und Klage festgesetzten Zinsen sowie den für das Verfahren beim FG angefallenen Gerichtskosten abzgl. der wegen der Gewerbesteuernachzahlung erfolgten Einkommensteuererstattung 1998 i.H.v. 105.325,60 zusammen setzt. Mit Schriftsatz vom 26.10.2005 wurde die Klage erweitert auf 441.456,83 EUR; die Klageerweiterung beruht darauf, dass der Kläger nunmehr die Auffassung vertritt, dass die aufgrund der Gewerbesteuerbelastung erfolgte Einkommensteuererstattung 1998 nicht auf den Schaden anzurechnen sei.
Daneben begehrte der Kläger die Feststellung, dass die Vergütungsansprüche der Beklagten gegen den Kläger aus Rechnung vom 3.11.2004 i.H.v. 19.725,38 EUR durch Aufrechnung erloschen sind.
Der Kläger ist der Ansicht, dass seine, infolge der festgestellten Betriebsaufspaltung zwischen dem Kläger und der GmbH entstandene...