Leitsatz (amtlich)
1. Eine GmbH wird im Rechtsstreit mit einem ausgeschiedenen Geschäftsführer durch den Aufsichtsrat vertreten, soweit ein solcher nach dem Gesellschaftsvertrag bestellt worden ist.
2. Erhebt ein ausgeschiedener Geschäftsführer Klage gegen die GmbH, vertreten durch ihre jetzigen Geschäftsführer, obwohl die Gesellschaft insoweit durch den bestellten Aufsichtsrat vertreten wird, so ist dieser Mangel durch Beitritt des Aufsichtsrats zum Rechtsstreit heilbar. In einem solchen Fall kann der Aufsichtsrat seinen Beitritt jedoch nicht auf die Geltendmachung des bisherigen Mangels der Vertretung der Gesellschaft beschränken.
Normenkette
GmbHG § 52 Abs. 1; AktG § 112
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 16 HKO 16014/01) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG München I vom 29.1.2002 samt der zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsverfahrens an das LG München I zurückverwiesen.
II. Gerichtskosten für dieses Berufungsverfahren werden nicht erhoben.
III. Die Revision wird nicht zugelassen; der Wert der Beschwer der Parteien übersteigt 20.000 Euro.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 58.172,96 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger war vom 1.1.1995 bis 31.12.1999 stellvertretender Geschäftsführer der Beklagten und begehrt festzustellen, dass ihm nach § 2 Abs. 2 der Versorgungszusage vom 17.7.1995 (Anlage K 2) eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft zusteht. Die Parteien streiten hierüber insb. darum, ob der Kläger auf Grund eigener Kündigung oder infolge einvernehmlicher Aufhebung des Anstellungsverhältnisses ausgeschieden ist.
Die Beklagte ist eine Tochtergesellschaft der X. Ihrem Gesellschaftsvertrag nach ist ein Aufsichtsrat bestellt worden. Ihm obliegt satzungsgemäß die Beschlussfassung über die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer einschl. der Anstellungsbedingungen und deren Änderung. Er vertritt nach § 8 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages die Beklagte ggü. den Geschäftsführern gerichtlich und außergerichtlich.
Der Kläger hat die Klage gegen die Beklagte, vertreten durch die Geschäftsführer, erhoben. Entsprechend wurde auch die Klageschrift zugestellt. Das LG München I hat in der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2001 darauf hingewiesen, dass es fraglich sei, ob das Anerkenntnis der Beklagten im Schreiben ihrer Geschäftsführer vom 13.1.2000 im Hinblick auf die dem Kläger bekannte Kompetenzverteilung in der Beklagten ihm ggü. bindend sein konnte, und daraufhin am 29.1.2002 der Klage stattgegeben.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte die Abweisung der Klage weiter.
Auf Hinweis des Senats hat der Kläger nunmehr die Klage gegen die Beklagte, vertreten durch ihren Aufsichtsrat, gerichtet und beantragt Aufhebung des Ersturteils und Zurückverweisung an das LG. Die Beklagte hält nach Hinweis des Senats die Klage bereits für unzulässig. Sie trägt vor, dass ihr Aufsichtsrat die Prozessführung durch die Geschäftsführung in erster Instanz nicht genehmigt habe und sich in der Berufungsinstanz lediglich zum Zwecke der Klarstellung des Vertretungsmangels in erster Instanz neben der Geschäftführung beteilige.
Im Übrigen wird auf den Tatbestand des Ersturteils, die zwischen den Parteien im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift vom 17.7.2002 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Das Verfahren vor dem LG leidet an einem wesentlichen Mangel. Das Ersturteil war daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG München I zurückzuverweisen (§ 539 ZPO in der nach § 26 Nr. 5 EGZPO anzuwendenden Fassung zum 31.12.2001).
1. Die Klage war zunächst unzulässig.
Die Beklagte wird in einem Rechtsstreit mit einem Geschäftsführer durch ihren Aufsichtsrat vertreten. Das ergibt sich aus § 52 Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 112 AktG und § 8 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten. Das gilt auch für ausgeschiedene Geschäftsführer. § 112 AktG will eine sachgerechte und unbefangene, von möglichen Interessenkollisionen und darauf beruhenden sachfremden Erwägungen frei bleibende Vertretung der Gesellschaft sicherstellen. Die Erfüllung dieses Anliegens wäre wegen möglicher Interessenkollisionen oder Rücksichtnahmen nicht ausreichend gewährleistet, wenn die Gesellschaft bei gerichtlichen Auseinandersetzungen nicht nur mit gegenwärtigen, sondern auch ehemaligen Vorstandsmitgliedern bzw. Geschäftsführern durch deren Kollegen oder Nachfolger im Amt vertreten würde. Dabei kann es im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit nicht darauf ankommen, ob diese Besorgnis im Einzelnen tatsächlich berechtigt ist, was zudem meist nur schwer feststellbar wäre. Es reicht vielmehr aus, dass auf Grund der gebotenen und typisierenden Betrachtung in derartigen Fällen regelmäßig die abstrakte Gefahr einer nicht unbefangenen Vertretung der Gesellschaft vorhanden ist (BGH v. 23.9.1996 – II ZR 126/95, MDR 1...