Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung aus Liefervereinbarung. Kostenfestsetzungsantrag gemäß § 19 BRAGO

 

Verfahrensgang

LG Kaiserslautern (Beschluss vom 06.01.1998; Aktenzeichen 3 O 258/96)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführer haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf einen Betrag bis 3.000,– DM festgesetzt.

 

Gründe

Das in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Senat teilt die Ansicht des vorlegenden Gerichts, wonach die Rechtsanwälte … für ihre Tätigkeit im Vollstreckungsverfahren keine Vergleichsgebühr gemäß § 23 BRAGO beanspruchen können.

In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass auch im Zwangsvollstreckungsverfahren – wie hier – ein Vergleichsabschluss möglich ist, insbesondere ein Ratenzahlungsvergleich durchaus geeignet sein kann, die Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO auszulösen (vgl. Senat Rpfleger 1992, 408; HansOLG Hamburg MDR 1973, 683; LG Arnsberg NJW 1972, 1430, 1431; Gerold/Schmidt/von Eicken, BRAGO 13. Aufl. § 57 Rdnr. 27; Hartmann, Kostengesetze 27. Aufl. § 57 Rdnr. 53 und § 23 Rdnr. 48; Riedel/Sußbauer/Keller, BRAGO 7. Aufl. § 57 Rdnr. 7; Hansens, BRAGO 8. Aufl. § 23 Rdnr. 8). Die Ausgangslage für einen Vergleichsabschluss liegt nämlich auch dann vor, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist, § 779 Abs. 2 BGB (BGHZ 39, 60, 63). Dabei kann sich die Ungewissheit der Anspruchsverwirklichung auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Schuldners oder auf den ungewissen Erfolg der Zwangsvollstreckung beziehen (Senat aaO; Staudinger/Marburger, BGB 13. Aufl. § 779 Rdnr. 26). Weitere Voraussetzung für die Annahme eines Vergleichs ist jedoch ein beiderseitiges Nachgeben der Parteien (BGHZ 30, 60, 62 f.; Senat aaO; OLG München JurBüro 1993, 156; Gerold/Schmidt/von Eicken a.a.O. § 23 Rdnr. 9; Riedel/Sußbauer/Fraunholz a.a.O. § 23 Rdnr. 13 f.). Daran fehlt es hier, so dass aufgrund der von den, Rechtsanwälten der Gläubigerin mit der Schuldnerin getroffene Vereinbarung keine Vergleichsgebühr in Rechnung gestellt werden kann.

Dabei braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob es sich bei der mit anwaltlichem Schreiben vom 10. Januar 1997 bestätigten Abrede um eine Ratenzahlungsvereinbarung handelt. Die Annahme einer solchen durch das Landgericht beruht offenbar darauf, dass die Schuldnerin sich neben der sofortigen Leistung eines Teilbetrages auch verpflichtet hat, bei weiterer Produktion im Kunststoffbereich die Geschäftsverbindung fortzusetzen und die restliche Forderung durch Zahlung eines um 10,– DM pro Tonne erhöhten Betrages zu tilgen. Wenn die Produktion im Kunststoffbereich hingegen nicht mehr aufgenommen werden sollte, gleichwohl aber der Teilbetrag fristgerecht erbracht wird, verzichtet die Gläubigerin nach der Vereinbarung auf ihre Restforderung.

Ungeachtet der rechtlichen Einordnung dieser Alternativen stellt die Vereinbarung keinen Vergleich dar. Sie beinhaltet nämlich nur einseitiges Nachgeben der Gläubigerin. An einem Nachgeben der Schuldnerin fehlt es, da diese bereits durch rechtskräftiges Anerkenntnisurteil zur Zahlung des Geldbetrages verpflichtet ist. Im Hinblick darauf kann deren bloße Erklärung, zu einem bestimmten Termin ein Teilbetrag zu leisten, nicht als ein über die ohnehin bestehende Verpflichtung hinausgehendes Zugeständnis bewertet werden. Soweit die Antragsteller unter Hinweis auf Gerold/Schmidt/von Eicken a.a.O. § 23 Rdnr. 9 der Ansicht sind, ein Vergleich könne auch schon vorliegen, wenn Parteien sich alsbald im Interesse einer schnellen gütlichen Erledigung auf eine bestimmte Geldsumme einigen, gilt dies für den Fall, dass noch kein rechtskräftiger Titel vorliegt. Wenn der Gläubiger hingegen nach Erlangung eines Titels im Zwangsvollstreckungsverfahren aus bestimmten Gründen, wie etwa die Erwartung weiterer Geschäftsbeziehungen oder das Vertrauen auf den geäußerten Zahlungswillen, auf einen Teil seiner Forderung verzichtet bzw. bei Fortsetzung der Produktion eine Bezugsbindung mit der Aussicht einer – von der Liefermenge abhängigen – ratenweisen Tilgung erlangt, fehlt es an einem Nachgeben des Schuldners. Denn allein das ungesicherte Versprechen, einen Teilbetrag zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erbringen, verschafft dem Gläubiger keinen weitergehenden konkreten Vorteil (vgl. HansOLG Hamburg MDR 1973, 683; Gerold/Schmidt/von Eicken § 57 Rdnr. 27; Riedel/Sußbauer/Fraunholz a.a.O. § 23 Rdnr. 14; a. A. Schmidt, NJW 1972, 1430). Ebenso ungewiss ist die für den Fall der Produktionsfortsetzung zugesagte Geschäftsverbindung. Dafür, dass die Schuldnerin hier irgendwelche verbindliche Zugeständnisse gemacht hätte (z.B. Sicherungsübereignung, Gehalts- oder Forderungsabtretung, Stellung einer Bürgschaft), ist nichts ersichtlich.

Das Rechtsmittel ist demzufolge mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Den Wert des Beschwerdegegenstandes hat der Senat entsprechend dem Kosteninteresse festgeset...

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