OFD Karlsruhe, Verfügung v. 19.7.2018, S 270.6/57 - St 213
1. Allgemeines
Eine körperschaftsteuerliche Organschaft i.S.d. 14 KStG hat u.a. zur Voraussetzung, dass sich eine Kapitalgesellschaft durch einen Gewinnabführungsvertrag (GAV) i.S. des § 291 AktG verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes gewerbliches Unternehmen abzuführen. Darüber hinaus müssen die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 KStG (z.B. finanzielle Eingliederung) erfüllt sein.
Sofern die körperschaftsteuerlichen Organschaftsvoraussetzungen vorliegen, wird auch gewerbesteuerlich ein Organschaftsverhältnis angenommen (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG).
Die ertragsteuerliche Organschaft ermöglicht es, Gewinne und Verluste nachgeschalteter Tochter- und ggf. auch Enkelgesellschaften (Organgesellschaften) beim Organträger zusammenzufassen und dort zu versteuern.
2. BgA als Organträger
Durch den Bezug in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG auf Körperschaften i.S. des § 1 KStG kann auch ein BgA grundsätzlich Organträger sein. Zwingende Voraussetzung für die Annahme eines Organschaftsverhältnisses ist, dass der Organträger ein gewerbliches Unternehmen ist. Ein derartiges gewerbliches Unternehmen liegt aber nur vor, wenn die Voraussetzungen für einen Gewerbebetrieb i.S. des § 2 GewStG erfüllt sind. Danach ist, im Gegensatz zur Definition eines BgA, bei der lediglich Einnahmeerzielungsabsicht gefordert wird (§ 4 Abs. 1 Satz 2 KStG), eine Gewinnerzielungsabsicht und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erforderlich (§ 2 Abs. 1 GewStG i.V. mit § 15 Abs. 2 EStG).
Um als Organträger anerkannt werden zu können, muss der BgA also zusätzlich die beiden vorgenannten Voraussetzungen erfüllen.
Eine Gewinnerzielungsabsicht ist bei Dauerverlustgeschäften regelmäßig nicht gegeben. Ein defizitär arbeitender BgA (z.B. BgA „Verkehrsbetriebe”, BgA „Schwimmbad” oder BgA „Parkhaus”) kann daher wegen der fehlenden Eigenschaft eines „gewerblichen Unternehmens” nicht die Stellung eines Organträgers einnehmen (vgl. BMF-Schreiben vom 12.11.2009, BStBl 2009 I S. 1303, RdNr. 94 unter Verweis auf RdNr. 5 des BMF-Schreibens vom 26.8.2003, BStBl 2003 I S. 437).
Bei einem reinen (auch gewinnträchtigen) Verpachtungs-BgA mangelt es an einem gewerblichen Unternehmen, da lediglich eine nicht gewerbesteuerpflichtige Vermögensverwaltung ausgeübt wird, die nur durch die gesetzliche Regelung in § 4 Abs. 4 KStG im Wege der Fiktion als BgA gilt. Folglich scheidet auch ein solcher Verpachtungs-BgA als Organträger i.S. des § 14 KStG aus.
3. Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht bei BgA
Bei Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht stellt sich die Frage, ob ein BgA, der eine dauerdefizitäre Tätigkeit ausübt, zu dessen notwendigem oder gewillkürtem Betriebsvermögen aber eine (gewinnbringende) Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gehört, ein Gewerbebetrieb ist, wenn die durch die Beteiligung erwirtschafteten Erträge (Gewinnausschüttungen, Dividenden) die Verluste aus der Dauerverlusttätigkeit übersteigen.
Hinweis:
Eine Beteiligung einer jPöR an einer Kapitalgesellschaft, die selbst keinen BgA darstellt, kann grundsätzlich als gewillkürtes Betriebsvermögen in einen BgA eingelegt werden. Die Grundsätze des § 4 Abs. 6 KStG finden hier keine Anwendung. Dies gilt auch für Beteiligungen, die 100 % des Nenn- oder Stammkapital umfassen.
Ob eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft einen BgA begründet, richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen (siehe hierzu R 4.1 Abs. 2 Satz 2 ff. KStR).
Nach bundeseinheitlich abgestimmter Verwaltungsauffassung ist für die Frage der Gewinnerzielungsabsicht auf den Unterschiedsbetrag nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG, also auf den „bilanziellen Gewinn” abzustellen. Regelungen wie z.B. die Steuerbefreiungen nach § 8b KStG oder nicht abziehbare Betriebsausgaben (z.B. § 10 KStG, § 4 Abs. 5 ff. EStG), die erst im Zuge der steuerlichen Einkommensermittlung berücksichtigt werden, haben keinen Einfluss auf die Gewinnerzielungsabsicht.
Nicht relevant für diese Prüfung ist folglich, ob sich die Beteiligung im notwendigen oder im gewillkürten Betriebsvermögen des BgA befindet, denn sowohl notwendiges als auch gewillkürtes Betriebsvermögen wirken sich auf die Höhe des Gewinns und somit auf die Höhe des Unterschiedsbetrag nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG aus.
Somit sind in die Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht auch Beteiligungserträge einzubeziehen, die der künftige Organträger (bisher) aus der Beteiligung an der Gesellschaft bezieht, zu der die Organschaft begründet werden soll.
Liegt nach diesem Prüfungsansatz – ob sich die Beteiligung auf den Unterschiedsbetrag i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG auswirkt – ein gewerbliches Unternehmen vor, handelt es sich auch um ein gewerbliches Unternehmen i.S. des § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG, das somit als Organträger tauglich ist. Insoweit gelten bei § 14 KStG keine Sonderregelungen.
Beispiel 1
Ein Bäder-BgA (Dauerverluste) hält eine (bilanzierte) 100%-ige Beteiligung an einer Stadtwerke-GmbH (Verflechtung über ein Blockheizkraftwerk...