Zusammenfassung
Mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG), das die Befugnis zur Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen regelt, wurde das Rechtsberatungsgesetz (RBerG) vollständig abgelöst. Konsequenterweise wurden daher auch Verfahrensordnungen über die gerichtliche Vertretung neu geordnet. Durch Änderungen der Bundesrechtsanwaltsordnung u. a. wurden die Möglichkeiten der interprofessionellen Zusammenarbeit von Anwälten/innen mit Angehörigen anderer Berufe erweitert.
Das RDG regelt die Befugnis zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen nicht mehr abschließend. Befugnisse zur Rechtsberatung oder Rechtsbesorgung können sich auch aus anderen Gesetzen ergeben. Insbesondere die umfassende Rechtsberatungs- und -vertretungsbefugnis der Rechtsanwälte leiten sich allein aus den Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) ab. Entsprechendes gilt für die Rechtsdienstleistungsbefugnisse der Patentanwälte, Notare, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer aufgrund der entsprechenden Berufsgesetze.
Das grundsätzliche Verbot von Rechtsberatung mit Erlaubnisvorbehalt ist verfassungsgemäß (BVerfG, Beschluss v. 5.5.1987, 1 BvL 5/84; BVerfG, Beschluss v. 25.2.1976, 1 BvR 8/74). Der Anwaltsberuf ist der einzige umfassende Rechtsberatungsberuf.
Das Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts (RDG) ist zum 1.7.2008 in Kraft getreten (BGBl 2007 I S. 2840 ff.). Am 12.4.2008 ist das 8. Steuerberateränderungsgesetz in Kraft getreten (BGBl 2008 I S. 666 ff.), das ebenfalls Auswirkungen auf die Tätigkeitsfelder der Steuerberater hat. Zuletzt wurde das StBerG geändert durch das JStG 2020 v. 21.12.2020 (BGBl 2020 I S. 3096). Das RDG wurde zuletzt geändert durch Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht und zur Änderung weiterer Vorschriften v. 22.12.2020 (BGBl 2020 I S. 3320). Weitere Gesetzesänderungen im RDG stehen in 2021 an aufgrund von Themen wie Legal Tech bzw. Anbieterportalen wie flightright.de oder geblitzt.de.
Weitere wichtige Entscheidungen:
BVerwG, Urteil v. 20.1.2016, 10 C 17/14, BFH/NV 2016 S. 880: Auftreten von Steuerberatern in Widerspruchsverfahren und vor den Verwaltungsgerichten;
LG Hamburg, Urteil v. 18.3.2015, 315 O 82/15: Unzulässige Rechtsdienstleistung durch pensionierte Richter;
BSG, Urteil v. 5.3.2014, B 12 R 7/12 R, BFH/NV 2014 S. 1712: Zurückweisung eines Steuerberaters als Bevollmächtigten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a SGB; Berufsrechtliches Handbuch der BStK: 5.2.1 Allgemeine Hinweise der Bundessteuerberaterkammer für die Ausübung vereinbarer Tätigkeiten.
1 Wichtige Vorschriften des RDG
1.1 Anwendungsbereich und Zweck
§ 1 Abs. 1 RDG regelt den Anwendungsbereich und den Zweck (vor allem Schutz des rechtsuchenden Bürgers vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen) des Gesetzes. Inhaltlich ist Letzteres auf den außergerichtlichen Bereich beschränkt.
Entscheidend ist dabei in der Regel, ob das Gericht Adressat einer Handlung ist, ob also die rechtsdienstleistende Tätigkeit, z. B. eine Prozesshandlung, gegenüber dem Gericht vorgenommen wird. In den Anwendungsbereich des Gesetzes fällt damit, – soweit nicht verfahrensrechtliche Sonderregelungen bestehen –, auch die Vertretung von Personen im Verfahren vor allen Behörden. Der Anwendungsbereich des RDG endet erst, wenn das behördliche Verfahren in ein gerichtliches Verfahren übergeht.
Außergerichtliche Rechtsdienstleistungen können auch im Zusammenhang mit einem gerichtlichen Verfahren stehen, etwa bei Verhandlungen mit dem Prozessgegner, die während des bereits anhängigen gerichtlichen Mahn- oder Klageverfahrens geführt werden oder bei der Einleitung von Vollstreckungshandlungen durch Beauftragung des Gerichtsvollziehers.
Auch die fortlaufende Beratung einer Prozesspartei und die Vorbereitung von Schriftsatzentwürfen an das Gericht stellen außergerichtliche Tätigkeiten dar. Die Zulässigkeit solcher nicht an das Gericht adressierten und damit außergerichtlichen Handlungen richtet sich damit nach dem RDG, soweit keine vorrangige Spezialregelung eingreift. Im Zusammenhang mit den prozessualen Vertretungsregelungen stellen sich damit alle Hilfeleistungen in Bezug auf ein gerichtliches Verfahren entweder als außergerichtliche, dem Anwendungsbereich des RDG unterliegende, oder als gerichtliche, nach den Verfahrensordnungen zu beurteilende Handlungen dar.
Wird eine Rechtsdienstleistung ausschließlich aus einem anderen Staat heraus erbracht, gilt das RDG nur, wenn ihr Gegenstand deutsches Recht ist.
§ 1 Abs. 3 RDG enthält den Grundsatz, dass sich Rechtsdienstleistungsbefugnisse auch aus anderen gesetzlichen Vorschriften ergeben können. Damit ist das RDG im Verhältnis zu anderen Gesetzen "lex generalis". Rechtsdienstleistungsbefugnisse, die in anderen Gesetzen speziell geregelt sind, bedürfen daher keiner Regelung im RDG. Das betrifft eine Vielzahl von Berufsgesetzen, beispielhaft die Bundesrechtsanwaltsordnung, das Steuerberatungsgesetz, die Bundesnotarordnung, die Patentanwaltsordnung und die Wirtschaftsprüferordnung, aber auch einzelne R...