Rz. 16

Ein Teilerlass von der Grundsteuer nach § 34 GrStG setzt voraus, dass gem. § 34 Abs. 1 S. 1 und 2 GrStG der normale Rohertrag (s. Rz. 13) um mehr als 50 % oder um 100 % gemindert ist.

Nach dem Wortlaut des § 34 Abs. 1 GrStG bleibt offen, um welche Referenzgröße der normale Rohertrag zu mindern ist, um das Ausmaß der Minderung des Rohertrags zu ermitteln. Erst anhand der Einbeziehung der Gesetzesbegründung zum bisherigen § 33 GrStG[1] und der Verwaltungsanweisungen[2] wird deutlich, dass sich die Minderung des normalen Rohertrags aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem

  • normalen Rohertrag zu Beginn des Erlasszeitraums (die nach den Verhältnissen zu Beginn des Erlasszeitraums geschätzte übliche Jahresmiete, s. Rz. 13) und
  • dem im Erlasszeitraum tatsächlich erzielten Rohertrag

ergibt.

Die Minderung des Rohertrags ist in einem Prozentsatz des normalen Rohertrags anzugeben.[3]

Der Prozentsatz der Rohertragsminderung ermittelt sich mithin nach folgender Formel:

Prozentsatz der Rohertragsminderung

 
Praxis-Beispiel

Normaler Rohertrag am 1.1.2026 = 40.000 EUR

Tatsächlich erzielter Rohertrag im Kalenderjahr (Erlasszeitraum) 2026 = 10.000 EUR

Unterschied = 30. 000 EUR

Minderung des normalen Rohertrags ((40.000 – 10.000) x 100) / 40.000) = 75 %

Die Grundsteuer wird in Höhe von 25 % erlassen.

Zum tatsächlichen Rohertrag gehören grundsätzlich alle Entgelte, die der Mieter für die Benutzung des bebauten Grundstücks im Erlasszeitraum entrichtet hat. Neben der sog. Grundmiete (Nettokaltmiete) gehören hierzu insbesondere

  • Mieteinnahmen für Nebengebäude, z. B. für Garagen,
  • Mieteinnahmen für Stellplätze,
  • Untermietzuschläge sowie
  • Baukostenzuschüsse und Mietvorauszahlungen, soweit sie auf die Miete anzurechnen sind.

Nicht in den tatsächlichen Rohertrag einzubeziehen sind hingegen insbesondere

  • Einnahmen für die Überlassung von Betriebsvorrichtungen, die gem. § 243 Abs. 2 Nr. 2 BewG nicht zum Grundvermögen gehören,
  • Einnahmen für die Überlassung von Einrichtungsgegenständen (z. B. bei möblierten Wohnungen, Ferienwohnungen, Studentenwohnheimen),
  • Einnahmen für Dienstleistungen, die nicht die Grundstücksnutzung betreffen (z. B. Reinigungsdienste) sowie
  • die zur Deckung der Betriebskosten gezahlten Umlagen (analog zur Nichteinbeziehung in den normalen Rohertrag i. S. d. § 34 Abs. 1 S. 5 GrStG).

Die Berücksichtigung der Nettokaltmiete trägt der Tatsache Rechnung, dass die in den örtlichen Mietspiegeln ausgewiesenen ortsüblichen Vergleichsmieten in der Regel keine sog. "kalten" Betriebskosten (umlagefähige Betriebskosten i. S. d. § 2 der Betriebskostenvereinbarung) und "warme" Betriebskosten (Kosten für Heizung und Warmwasser) enthalten.

Bei der Ermittlung des Ausmaßes der Rohertragsminderung ist nicht nur auf einzelne vermietete Wohnungen, sondern stets auf das gesamte Objekt abzustellen. Für eigengenutzte Wohnungen (z. B. Einfamilienhaus, Wohnungseigentum oder Wohnung im Mehrfamilienhaus) dürfte eine Ertragsminderung nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen. Das kann etwa der Fall sein, wenn die Nutzung des Einfamilienhauses durch die Zerstörung eines Teils des Gebäudes gemindert ist.[4] Für eigengenutzte Gebäudeteile, die nicht eigengewerblich genutzt werden (s. § 34 Abs. 2 GrStG, Rz. 24 ff.), ist dem tatsächlichen Rohertrag ein fiktiver Rohertrag des eigengenutzten Teils des bebauten Grundstücks hinzuzurechnen. Dieser fiktive Rohertrag ist in Anlehnung an die Jahresrohmiete zu schätzen, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird. Auf individuelle Besonderheiten der Eigennutzung kommt es nicht an.[5]

 

Rz. 17

einstweilen frei

[1] BT-Drs. VI/3418 v. 4.5.1972, 95.
[2] Abschn. 40 Abs. 1 GrStR 1978.
[3] Abschn. 40 Abs. 1 GrStR 1978.
[4] Abschn. 40 Abs. 4 S. 3 bis 5 GrStR 1978.
[5] OVG NRW v. 10.7.2018, 14 A 1106/16, KStZ 2018, 179.

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