Rz. 11

Nach § 4 Nr. 1 GrStG ist von der Grundsteuer der Grundbesitz (§ 2 GrStG) befreit, der

  • dem Gottesdienst (Rz. 12)
  • einer Religionsgesellschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist (Rz. 13),
  • oder einer jüdischen Kultusgemeinde (Rz. 13)
  • gewidmet (Rz. 14)

ist.

Durch § 4 Nr. 1 GrStG i. d. F. das Grundsteuergesetzes v. 7.8.1973[1] wurde die bisherige Regelung in § 4 Nr. 5a GrStG 1951 unverändert übernommen.[2]

 

Rz. 12

Unter den Begriff "Gottesdienst" sind Veranstaltungen zur Gottesverehrung zu subsumieren, in denen die Teilnehmer in feierlichen Formen – durch Andacht, Gebet und Gesang – ein Gemeinschaftsbekenntnis zu Gott ablegen.[3] Gleichgültig ist, wer den Gottesdienst abhält. Dies werden in erster Linie Geistliche oder Prediger sein, aber auch Laien können einen Gottesdienst abhalten.

 

Rz. 13

Der Grundbesitz muss dem Gottesdienst einer Religionsgesellschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, oder einer jüdischen Kultusgemeinde gewidmet sein.

Hinsichtlich der Begriffe öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft und jüdische Kultusgemeinde wird auf die Kommentierung zu § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 GrStG verwiesen (§ 3 GrStG Rz. 74, 76). Durch die gesetzliche Beschränkung auf öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften ist der Grundbesitz, der dem Gottesdienst einer ihrer Orden, religiösen (geistlichen) Genossenschaften oder Verbände gewidmet ist, nicht nach § 4 Nr. 1 GrStG befreit. Entsprechendes gilt für die Steuerbefreiungen nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 und 6 GrStG (§ 3 GrStG Rz. 81, 82, 84).

Grundbesitz, der dem Gottesdienst einer anderen religiösen Vereinigung dient, kann aber nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 3b GrStG von der Grundsteuer befreit sein (§ 3 GrStG Rz. 57 ff., 61).

 

Rz. 14

Für die Anerkennung, dass der Grundbesitz dem Gottesdienst gewidmet ist, bedarf es keines Rechtsakts im Sinne einer öffentlich-rechtlichen Widmung. Für die Befreiung von der Grundsteuer nach § 4 Nr. 1 i. V. m. § 7 GrStG ist vielmehr entscheidend, ob der Grundbesitz unmittelbar für Zwecke des Gottesdienstes einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft oder einer jüdischen Kultusgemeinde benutzt wird. Die Begriffe "widmen" und "benutzen" sind insoweit identisch.[4] Ein Grundstück ist bereits dem Gottesdienst gewidmet, wenn es für diesen Zweck i. S. d. § 7 S. 2 GrStG (§ 7 GrStG Rz. 12) hergerichtet und dauernd bereitgehalten wird. Eine ggf. nur gelegentliche Benutzung zum Gottesdienst ist unerheblich[5], soweit die Benutzung zu anderen Zwecken nicht überwiegt (§ 8 GrStG).[6]

Im vorgenannten Sinne ist die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 GrStG auch nicht davon abhängig, ob der Grundbesitz, der für den Gottesdienst benutzt wird, einer bestimmten Person, etwa der öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft, gehört bzw. zuzurechnen ist. Eigentümer kann auch eine Privatperson sein, die den Grundbesitz entgeltlich oder unentgeltlich an die öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaft vermietet.[7]

Als nach § 4 Nr. 1 GrStG befreiter Grundbesitz kommen insbesondere Kirchen und Kapellen, einschließlich vorhandener Zugangswege, Vorplätze oder Parkflächen in Betracht.

 

Rz. 15

einstweilen frei

[1] Gesetz zur Reform des Grundsteuerrechts vom 7.8.1973, BGBl I 1973, 965.
[2] S. Gesetzesbegründung zu § 4 Nr. 1 GrStG, BT-Drs. VI/3418 v. 4.5.1972, 80.
[3] RFH v. 9.6.1938, RStBl 1938, 877 und RFH v. 3.6.1939, VI a 7/39, RFHE 47, 79.
[4] Abschn. 17 Abs. 1 S. 5 GrStR 1978.
[5] RFH v. 27.6.1940, III 15/39, RStBl 1940, 830.
[6] A 4.2 Abs. 1 S. 3-6 der koordinierten Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 22.6.2022 zur Anwendung des Grundsteuergesetzes ab 1.1.2025 (AEGrStG).

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