Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuschätzung von Umsätzen im Rahmen einer Betriebsprüfung bei nicht ordnungsgemäßer Buchführung. Erhöhte Anforderungen an die Dokumentation von Bargeschäften
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Betriebsprüfungsbericht kann die Schlussfolgerung, die Kassenbuchführung des Steuerpflichtigen sei wegen der Erfassung zu geringer Tagessummen, Nichtaufbewahrung der Tagesendsummenbons und fehlender Kassensturzfähigkeit nicht ordnungsgemäß, nicht belegen, wenn er dazu nur verallgemeinernde Mängelbeschreibungen enthält und der Steuerpflichtige die als Beleg angeführten Vorkommnisse glaubhaft und plausibel als einmalige oder jedenfalls nur vorübergehend aufgetretene Begebenheiten erklären kann.
2. Die Buchführung des Steuerpflichtigen ist dennoch zu verwerfen, wenn er im Gerichtsverfahren schwerwiegende Mängel wie z.B. eine nur monatliche Erfassung der Einnahmen zu rechtfertigen versucht und dadurch selbst bestätigt.
3. An der Rechtmäßigkeit der im Rahmen der Betriebsprüfung auf Grund einer Nachkalkulation vorgenommenen Zuschätzung von Umsätzen bestanden dem Grunde und der Höhe nach keine ernstlichen Zweifel.
Normenkette
AO § 162 Abs. 1 S. 1, § 146 Abs. 1, § 145 Abs. 2; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist die Hinzuschätzung von Umsätzen sowie die Streichung von Vorsteuerbeträgen.
Der Antragsteller betreibt in ausrangierten Bahnwaggons das „W.”. Es handelt sich um eine Gaststätte und einen Imbiss, aus denen der Antragsteller umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt. In 1998 erklärte er aufgrund einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unter anderem Umsätze zu 16 % in Höhe von 501.660,– DM, Umsätze zu 15 % in Höhe von 125.075,– DM und Umsätze zu 7 % in Höhe von 197.243,– DM. Im Streitjahr 1999 ging der Antragsteller zur Bilanzierung über und erklärte unter anderem Umsätze zu 16 % in Höhe von 719.347,– DM und Umsätze zu 7 % von 186.775,– DM. Der Antragsgegner folgte dem zunächst, änderte die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Festsetzungen jedoch später aufgrund einer Betriebsprüfung.
Die Prüferin hatte in ihrem Bericht ausgeführt, der Antragsteller habe die Kassenbewegungen nicht ordnungemäß aufgezeichnet. Ein Abgleich des tatsächlichen mit dem buchmäßigen Kassenbestand sei nicht möglich. Denn nach Auskunft von Frau K würden die Tageseinnahmen eingetragen, ohne dass eine Herausrechnung von enthaltenen EC-Karten- oder Scheckzahlungen erfolge. „Oftmals” seien Belege erst am Monatsende ins Kassenbuch eingetragen worden, obwohl keinerlei betriebliche Gründe gegen eine tägliche Aufzeichnung sprächen. Die Einnahmen aus dem Imbissbereich seien „oftmals” erst am Monatsende in einer Gesamtsumme aufgezeichnet worden. Die Aufbewahrung der Tagesendsummenbons sei nur lückenhaft erfolgt. Für einige Monate seien keine Bons ausgedruckt worden (z. B. für Januar bis Juni 1998 infolge eines defekten Bondruckers) oder teilweise mit zu geringen Tagesendsummen, die dann handschriftlich um geschätzte Beträge ergänzt worden seien (z. B. Monat Mai 1999). Für die Ermittlungen der Einnahmen aus dem Imbissbereich existierten für die Streitjahre nur handschriftliche Aufzeichnungen. Der Antragsteller habe die Einnahmen täglich notiert, dabei jedoch unüblich „runde” Beträge erfasst. Auch die Monatsbeträge seien ebenfalls häufig auf glatte Summen gerundet worden. Eine Verbuchung durch das Buchführungsbüro sei teilweise ohne jegliche Aufzeichnung nach einer Telefonauskunft des Antragstellers erfolgt. Aufgrund dieser groben Verstöße seien die Einnahmen zu schätzen. Anhand der vorgelegten Speisekarte werde im Wege einer Nachkalkulation nachvollzogen, welche Umsätze der Antragsteller erzielt habe. Der erklärte Wareneinsatz sei um den Eigenverbrauch/unentgeltliche Wertabgaben, Abgaben an Personal und Verderb zu berichtigen. Da der Wareneinsatz für das Restaurant und den Imbiss nicht getrennt aufgezeichnet worden sei, werde der Gesamtwareneinsatz der Ermittlung zu Grunde gelegt. Die Übernachtungserlöse seien entsprechend der Aufzeichnungen herausgerechnet worden. Genauere Aufzeichnungen habe der Antragsteller nicht vorlegen können. Zu den Einnahmen des Jahres 1999 hatte die Prüferin 46.000,– DM hinzugeschätzt. Für 1998 – so die Prüferin weiter – „ wurde sich in der Schlussbesprechung auf eine Einnahmezuschätzung i. H. v. 52.000 DM netto geeinigt”. Diese entfalle zu ¼ (13.000,– DM) auf Umsätze zu 15 % und zu ¾ (39.000,– DM) auf Umsätze zu 16 %. An der Schlussbesprechung hatten unter anderem der damalige steuerliche Vertreter des Antragstellers sowie der Sachgebietsleiter des Antragsgegners teilgenommen.
Ferner hatte die Prüferin festgestellt, vor dem Imbiss des Antragstellers befinde sich ein Biergarten, der von den Imbissgästen genutzt werde. Da keine gesonderten Aufzeichnungen über die Abgabe von Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle vorlägen, werde ein Anteil von 66 % der Umsätze aus dem...