Entscheidungsstichwort (Thema)
Schulgeld für den Besuch einer nicht staatlich anerkannten Ergänzungsschule im Inland im Veranlagungszeitraum 2004 nicht abzugsfähig
Leitsatz (redaktionell)
1. Schulgeld für den Besuch einer inländischen Ergänzungsschule, der nicht die Eigenschaft einer staatlich anerkannten Ergänzungsschule verliehen wurde (im Streitfall handelt es sich um eine Ergänzungsschule nach § 13 PSchG BW), ist im Veranlagungszeitraum 2004 ist nicht als Sonderausgabe abzugsfähig.
2. Soweit § 52 Abs. 24b Satz 2 EStG in der Fassung durch das Jahressteuergesetz 2009 dazu führt, dass das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG für Schulgeldzahlungen für den Besuch von Privatschulen, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU belegen sind, nicht mehr zu prüfen ist, während dieses aufgrund der (fortgeltenden) Anknüpfung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG in der Fassung des Gesetzes vom 13.12.2006 an die staatliche Anerkennung der allgemein bildenden Ergänzungsschule dem Sonderausgabenabzug im Veranlagungszeitraum 2004 entgegensteht, begegnet diese Ungleichbehandlung weder europarechtlichen noch verfassungsrechtlichen Bedenken.
3. Auch gegen das Gebot der steuerlichen Verschonung des Familienexistenzminimums ist nicht verstoßen, weil diesem prinzipiell durch den Familienleistungsausgleich (Kinderfreibetrag/Kindergeld, §§ 31 f., 62 ff. EStG) und den Ausbildungsfreibetrag (§ 33a Abs. 2 EStG) Rechnung getragen ist.
4. Die Aufwendungen für die Schulausbildung des Sohnes sind auch nicht als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG zu berücksichtigen, da keine zwangsläufig größeren Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen Familienstands entstanden sind.
Normenkette
EStG 2002 Fassung: 13.12.2006 § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 9; EStG 2002 Fassung: 19.12.2008 § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 9; EStG 2002 Fassung: 19.12.2008 § 52 Abs. 24b S. 2; GG Art. 7 Abs. 4 S. 3, Art. 3 Abs. 1; PSchG BW §§ 4, 13, 15; EG Art. 18, 39, 43, 49
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Sohn der Kläger, R., besuchte im Schuljahr 2004/2005 das K.-Internat in B.. Hierbei handelt es sich um eine private Ergänzungsschule nach § 13 des Gesetzes für die Schulen in freier Trägerschaft des Landes Baden-Württemberg (Privatschulgesetz), im Folgenden: PSchG BW. Dem K.-Internat ist nicht die Eigenschaft einer genehmigten Ersatzschule (§ 4 PSchG BW) oder staatlich anerkannten Ergänzungsschule (§ 15 Abs. 1 PSchG BW) verliehen worden (siehe auch Bestätigung der Oberfinanzdirektion Karlsruhe, Rechtsbehelfsakte, Bl. 52, Mitteilung des K.-Internats vom 9. Oktober 2008, Gerichtsakte, Bl. 24 f.). Für den Besuch des K.-Internats im Schuljahr 2004/2005 zahlten die Kläger im September 2004 28.158,– EUR, wobei der auf den Unterricht entfallende Anteil (Schulgeld) 22.526,40 EUR beträgt (Schulbescheinigung des K.-Internats vom 11. Januar 2005, Gerichtsakte Bl. 5). Die Kläger haben im Streitjahr für ihren Sohn R. Anspruch auf Kindergeld nach §§ 62 ff. EStG.
Mit Bescheid vom 18. April 2006 setzte der Beklagte (das Finanzamt E., im Folgenden nur: das Finanzamt) die Einkommensteuer für 2004 auf 30.046,– EUR fest. Das Finanzamt berücksichtigte das Schulgeld für den Sohn nicht als Sonderausgabe gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 Einkommensteuergesetz (EStG). Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren änderte das Finanzamt den Bescheid über Einkommensteuer für 2004 wegen anderer – hier nicht streitiger Sachverhalte – und setzte mit Bescheid vom 17. November 2006 die Einkommensteuer für 2004 auf 25.456,– EUR fest.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (vgl. Einspruchsentscheidung vom 7. November 2007) haben die Kläger Klage erhoben. Sie machen geltend, § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EStG verstoße gegen Art. 7 Abs. 4 Grundgesetz (GG) und den EG-Vertrag (EGVfr), da nicht sämtliche Arten von Privatschulen erfasst seien. Zudem verweisen sie auf die Urteile des EuGH vom 11. September 2007, Az. C 318/05 und C 76/05. Das Schulgeld sei so hoch, da das vom Sohn besuchte Internat anders als bspw. die Internatsschule Salem nicht zu 80% staatlich bezuschusst würde. Weiterhin sei das K. Internat wie vom BFH im Urteil vom 17. Juli 2008, X R 62/04, gefordert, allgemein zugänglich. Ein Teil der Schüler seien Stipendiaten, für andere Schüler übernehme das Jugendamt die Kosten. Das Internat führe auch zu einem allgemeinen Abschluss (Realschulabschluss und Abitur). Die Übergangsregelung des § 52 EStG erfordere lediglich, dass die Schule in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union (EU) oder in einem Staat belegen sei, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) Anwendung findet. Es müsse sich damit nicht um eine staatlich anerkannte Ergänzungsschule handeln. Außerdem widerspreche es dem Gleichheitssatz, Zahlungen an in- und ausländische Schul...