rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerermäßigung für im genehmigten Linienverkehr durchgeführte Stadtrundfahrten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das von einem Busunternehmen in Zusammenhang mit der Beförderung von Touristen auf Stadtrundfahrten im genehmigten Linienverkehr vereinnahmte Entgelt, unterliegt dem ermäßigten Umsatzsteuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG 1993.

2. Dem steht nicht entgegen, dass die Fahrgäste die Beförderung als Rundfahrt nutzen, da die aussteigenden Fahrgäste ihre Fahrten mit späteren Bussen fortsetzen können und während der Fahrten Informationen über Sehenswürdigkeiten durch eine Bandansage erfolgen. Auch Vergnügungsfahrten erfüllen den Begriff der Beförderung.

 

Normenkette

UStG 1993 § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b; PBefG § 42

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.06.2011; Aktenzeichen V R 44/10)

 

Tenor

1. Der Umsatzsteuerjahresbescheid 2007 vom 23.06.2009 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 28.09.2009 wird dahin geändert, dass die Umsatzsteuer um 345.366,43 Euro vermindert wird.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 100 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die von der Klägerin ausgeführten Leistungen insgesamt dem Umsatzsteuersatz von 19 % oder zu einem wesentlichen Teil dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % unterliegen.

Die Klägerin nimmt ganz überwiegend für Touristen mit Kraftomnibussen Stadtrundfahrten in D. (und Umgebung) vor. Sie bedient vier Linien. So führt die Linie 1 vom T.-Str. in D. über 22 Haltestellen zurück zum T.-Str.. Die Klägerin fährt die Haltestellen an, so dass Gelegenheit besteht, aus- bzw. einzusteigen. Wer aussteigt, kann einen späteren Bus zur Weiterfahrt nutzen. Der Fahrgast erhält über Bandansage Informationen zu den Sehenswürdigkeiten, die an der Fahrstrecke gelegen sind. Die Klägerin erhob im Streitjahr 2007 für die Gesamtfahrt auf der Linie 1 ein Entgelt von 18 Euro, das auch zur Teilnahme an Führungen etwa durch den Z.-Sehenswürdigkeit oder rund um die F.-Sehenswürdigkeit berechtigt. Das Angebot, an geführten Besichtigungen teilzunehmen, nahmen nur ca. 14 % der Fahrgäste wahr. Abendfahrten in der Zeit von 18.00 bis 22.00 Uhr, die ohne Führungen angeboten werden, kosteten 12 Euro.

Der Linienverkehr der Linie 1 ist durch das Regierungspräsidium D. mit Bescheid v. 14.7.2006 nach § 42 PBefG genehmigt worden. Die Genehmigung legt die Haltestellen, die Abfahrzeiten und das Entgelt fest. Danach beträgt das Entgelt für die Gesamtfahrt 18 Euro, für eine Teilstrecke 3 Euro.

Laut Genehmigungsurkunde v. 5.6.2008 beträgt das genehmigte Beförderungsentgelt der Linie 1 für eine Gesamtfahrt 19 Euro. Die Klägerin wies ihren Fahrpreis für diese Strecke seit August 2008 mit 20 Euro aus.

Die Linie 2 mit dem Ausgangspunkt und Endpunkt P.-Str. in D. ist am 9.11.2001 und am 17.1.2005, die Linie 3 zum P.-Sehenswürdigkeit ist am 5.4.2001 und die Linie 4 vom K.-Str. in D. nach M. ist am 5.4.2001 genehmigt worden. Diese Genehmigungen nehmen auf § 43 PBefG Bezug. Sie bestimmen die Linienführung, enthalten aber keine Vorschriften zu Beförderungsentgelten oder einen Fahrplan. Im Laufe des Jahres 2008 wurden vom Regierungspräsidium für diese Linien neue Genehmigungen auf der Grundlage des § 42 PBefG erteilt und neben der Fahrstrecke auch Abfahrzeiten und Entgelte vorgeschrieben. Die im Jahre 2007 erhobenen und die im Jahr 2008 in die Genehmigungsurkunde aufgenommenen Entgelte stimmen überein.

In ihren monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen des Jahres 2007 wandte die Klägerin auf die Entgelte, die sie für die Beförderung auf ihren Rundfahrtlinien vereinnahmte, den Umsatzsteuersatz von 7 % an. In einer Umsatzsteuersonderprüfung zum Prüfungszeitraum 01-07/2007 kam das Finanzamt D. ausweislich des Berichtes v. 30.11.2007 zu dem Schluss, dass sämtliche Umsätze der Klägerin (steuerfreie Umsätze ausgenommen) einem Steuersatz von 19 % unterlägen. Der Beklagte erließ danach von den Umsatzsteuervoranmeldungen abweichende Vorauszahlungsbescheide, welche die angemeldeten Umsätze zu 7 % einem Steuersatz von 19 % unterwarfen. Gegen diese Bescheide legte die Klägerin Einspruch ein. Am 23.6.2009 erging ein Umsatzsteuerjahresbescheid 2007 auf Schätzungsgrundlage, nachdem die Klägerin eine Umsatzsteuerjahreserklärung trotz Aufforderung nicht abgegeben hatte. In diesem Umsatzsteuerjahresbescheid wird Umsatzsteuer in Höhe von 399.300 Euro, durch Einspruchsentscheidung v. 28.9.2009 geändert zu 400.105,76 Euro, festgesetzt. Umsätze werden dort nicht zu 7 %, sondern auf einer Bemessungsgrundlage von 3.288.834 Euro zu 19 % versteuert.

Am 5.10.2009 erhob die Klägerin gegen die Vorauszahlungsbescheide in der Fassung der Einspruchsentscheidung v. 2.9.2009 Klage. Sie ist der Meinung, dass ihr der ermäßigte Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 10 b) UStG zugute komme. D...

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