Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer. Vertragliches Wahlrecht des Käufers, bereits vor Übereignung des Grundstücks einen geminderten Kaufpreis zu zahlen
Leitsatz (redaktionell)
Wird dem Erwerber eines Grundstücks mit noch zu errichtendem Gebäude das Wahlrecht eingeräumt, den Kaufpreis vor Erbringung der Gegenleistung unter Abzug eines Nachlasses zu zahlen, so kann bei Wahrnehmung dieser Option durch den Käufer eine Vorleistung des Kaufpreises bzw. des Werklohns nicht angenommen werden. Die Grunderwerbsteuer bemisst sich in diesem Fall allein nach dem (geminderten) Kaufpreis, der nicht um einen rechnerischen Zinsvorteil des Veräußerers zu erhöhen ist.
Normenkette
GrEStG 1997 § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1; BGB §§ 320, 322
Nachgehend
Tenor
1. Der Bescheid vom 5. Oktober 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. September 2002 wird dahingehend abgeändert, dass Grunderwerbsteuer von DM 85.223,63 festgesetzt wird.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist für die Klägerin hinsichtlich ihrer Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in der Höhe von 7/6 des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe von Grunderwerbsteuer.
Die Klägerin ist eine aus vier Personen bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Sie hat mit notariellem Kaufvertrag mit Sanierungsverpflichtung vom 23. Dezember 1998 das in D. gelegene Grundstück M.-Str., eingetragen im Grundbuch von D.-P., Bl. 2756 – 2774, Flurstück-Nr. A), erworben. Unter Punkt B III Ziffer 1 des Vertrages ist hinsichtlich des Kaufpreises geregelt, dass dieser DM 2.387.756,40 beträgt. Auf den Grundbesitz entfielen DM 808.760 und auf die Sanierungsleistungen DM 1.578.996,40. Unter Punkt B III Ziffer 2 ist vereinbart:
„Der Kaufpreis ist ein Festpreis bis zum 31. Dezember 1998. Zahlt der Erwerber den Kaufpreis oder Kaufpreisraten im Jahr 1999 so erhöht sich der Kaufpreis um 2 %.”
Nach Punkt B III Ziffer 4 ist der Kaufpreis in der Anlage F zur Vertragsurkunde ausgewiesen. Dort ist unter Ziffer I die Zahlung nach Baufortschritt vor grundbuchlicher Absicherung des Erwerbers nach den Bestimmungen der Makler- und Bauträgerverordnung – MaBV – festgelegt. Unter Ziffer II ist die Zahlung nach Baufortschritt nach grundbuchlicher Absicherung des Erwerbers u. a. insoweit geregelt, dass Teilzahlungen vom Käufer erbracht werden können (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 32 – 33 d. A. verwiesen). In Punkt V wird bestimmt, dass die Abnahme nach Fertigstellung und die Besitzübergabe nach Abnahme erfolgen sollen, wenn bis dahin der Erwerber seine Zahlungsverpflichtungen erfüllt hat. Nach Ziffer XXIII des Vertrages verpflichtete sich der Verkäufer, eine Bürgschaft Zug-um-Zug in Höhe des Kaufpreises mit dessen Eingang an die Klägerin zu leisten. Die Klägerin zahlte den Kaufpreis am 30. Dezember 1998 (vgl. Kontoauszug auf Bl. 104 Grunderwerbsteuerakte). Die Bauabnahme erfolgte am 27. Juli 1999.
Mit Bescheid vom 5. Oktober 1999 setzte der Beklagte Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz – GrEStG – in Höhe von DM 85.242 fest. Dabei ging er von einer Bemessungsgrundlage von DM 2.435.510 aus. Die Klägerin legte gegen den Bescheid Einspruch ein. Am 14. Juni 2002 wurde ein Nachtrag zum o. g. Kaufvertrag beurkundet, indem der Kaufpreis aufgrund einer umsatzsteuerlichen Option, welche ursprünglich nicht in den Vertrag aufgenommen wurde, um DM 49.856,07 erhöht wurde (Bl. 152 – 156 der Grunderwerbsteuerakte). Mit Schreiben vom 13. August 1998 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass beabsichtigt ist, den Kaufpreis entsprechend der Nachtragsurkunde und der Rechtsauffassung des Beklagten mit DM 2.463.664 als Bemessungsgrundlage anzusetzen und Grundwerbsteuer von DM 86.228 festzusetzen. Mit Einspruchsentscheidung vom 17. September 2002 wurde der Bescheid vom 5. Oktober 1999 geändert und Grunderwerbsteuer von DM 86.228 festgesetzt. Dabei wurde von einer Bemessungsgrundlage von DM 2.463.664 ausgegangen, die sich aus dem gezahlten Kaufpreis und einem errechneten Zinsvorteil von DM 28.703 ergibt. Die Nachzahlung wurde mit DM 47.205 angesetzt, da die hälftige Grunderwerbsteuer nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen wurde. Vom Bruttokaufpreis für die Gewerbeeinheit in Höhe von DM 1.098.235,30 wurde der bereits gezahlte Betrag von DM 1.051.030,14 abgezogen.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer der Kaufpreis ohne Hinzurechnung eines Zinsvorteiles von DM 28.703 sei. Die Parteien des Kaufvertrages hätten keinen Rabatt vereinbart, sondern ein Entgelt für die Vorleistung des Kaufpreises an die Verkäufer. Der Verkäufer habe den Zinsvorteil nicht unentgeltlich erhalten, da er einen um 2 % geringeren Kauf...