Entscheidungsstichwort (Thema)
Pauschgebühren eines in einem Strafverfahren über mehrere Jahre als Pflichtverteidiger tätigen selbständigen Rechtsanwalts nach § 51 RVG sind keine tarifbegünstigten außerordentlichen Einkünfte aus mehrjähriger Tätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind nur dann den außerordentlichen Einkünften zuzuordnen, wenn der Steuerpflichtige sich während mehrerer Jahre ausschließlich einer bestimmten Sache gewidmet und die Vergütung dafür in einem einzigen Veranlagungszeitraum erhalten hat oder wenn eine sich über mehrere Jahre erstreckende Sondertätigkeit, die von der übrigen Tätigkeit des Steuerpflichtigen ausreichend abgrenzbar ist und nicht zum regelmäßigen Gewinnbetrieb gehört, in einem einzigen Veranlagungszeitraum entlohnt wird (Anschluss an BFH, Urteil v. 17.2.1993, I R 119/91, BFH/NV 1993 S. 593). Außer in diesen Fällen liegen außerordentliche Einkünfte aus Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit im Sinn des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG auch dann vor, wenn eine einmalige Sonderzahlung für langjährige Dienste aufgrund einer arbeitnehmerähnlichen Stellung geleistet wird (BFH, Urteil v. 7.7.2004, XI R 44/03, BStBl 2005 II S. 276).
2. Ist ein selbständiger Rechtsanwalt einem Angeklagten in einem sehr umfangreichen, mehrere Jahre dauernden Strafverfahren (hier: sechs Angeklagte, 15 Verteidiger) beigeordnet worden und hat er daneben auch noch andere Mandate bearbeitet, so ist das Strafverteidigermandat keine Sondertätigkeit und damit von der übrigen Tätigkeit des Anwalts nicht abgrenzbar; die dem Rechtsanwalt dafür später vom Gericht bewilligte Pauschalvergütung nach § 51 RVG ist ungeachtet dessen nicht nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG tarifbegünstigt, dass die Höhe der Vergütung zu Beginn der Pflichtverteidiger-Tätigkeit noch nicht absehbar war und die Pflichtverteidiger-Tätigkeit innerhalb seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt in einem mehrjährigen Zeitraum einen größeren zeitlichen Raum eingenommen hat.
3. Die vom Kläger gegen das FG-Urteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BFH zurückgewiesen, BFH, Beschluss v. 20.1.2020, VIII B 121/19.
Normenkette
EStG § 34 Abs. 1, 2 Nr. 4, § 18 Abs. 1; RVG § 51
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob Einkünfte als außerordentliche Einkünfte aus mehrjähriger Tätigkeit anzusehen sind.
Der Kläger ist selbständiger Rechtsanwalt und erzielte Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Er wurde als Pflichtverteidiger am … durch Beschluss des Landgerichts … einem Angeklagten beigeordnet. Das Oberlandesgericht … bewilligte dem Kläger mit Beschluss vom … eine Pauschalvergütung gemäß § 51 RVG in Höhe von EUR 45.500 brutto. Am … erhielt er aufgrund der Anrechnung von Vorschüssen den Betrag von EUR 24.866,24 brutto (EUR 20.896 netto) ausbezahlt.
Für das Jahr 2014 reichte der Kläger am … die Einkommensteuererklärung ein und erklärte Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von EUR 35.214. Mit Bescheid vom … setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2014 auf EUR 4.837 fest. Dagegen legte der Kläger Einspruch mit der Begründung ein, dass bei den erklärten Einkünften EUR 20.896 an außerordentlichen Einkünften aus mehrjähriger Tätigkeit enthalten seien. Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom … als unbegründet zurück.
Der Kläger ist der Auffassung, dass der Betrag von EUR 20.896 als außerordentliche Einkünfte anzusehen sei. Er sei im Zwischenverfahren beigeordnet worden, das Strafverfahren habe sechs Angeklagte und 15 Verteidiger umfasst. Das Verfahren sei sehr umfangreich gewesen, neben den Mandantengesprächen habe er die Ermittlungsakte mit 44.350 Seiten durcharbeiten müssen. Ferner habe er sich mit den anderen Verteidigern abstimmen müssen. Nach einer Vorbesprechung am … sei das Verfahren vor dem Landgericht … mit Beschluss vom … eröffnet worden. Es hätten dann … Hauptverhandlungstermine im Jahr 2012 durchgehend bis zum … 2013 stattgefunden. Danach sei das Verfahren beendet gewesen. Am … habe der Kläger einen Antrag auf Pauschvergütung gestellt. Der auf EUR 45.500 festgesetzte Betrag habe die gesamte Tätigkeit für das Verfahren im Zwischen- und Hauptverfahren umfasst. Den Antrag habe er naturgemäß erst am Ende des Verfahrens stellen können, da erst zu diesem Zeitpunkt der Umfang des Verfahrens festgestanden habe. Es habe sich insoweit um eine Nachzahlung für eine mehrjährige Tätigkeit gehandelt. Der Pflichtverteidiger erhalte eine niedrigere Vergütung als ein Wahlverteidiger und könne nur Vorschüsse abrechnen. Die Pauschalvergütung werde nur in den Fällen bewilligt, wenn aufgrund der Komplexität und des Umfangs des Verfahrens von vornherein der Umfang der Tätigkeit nicht absehbar sei. Diese gehe dann im Wege der nachträglichen Festsetzung über die abgerechneten Beträge hinaus.
Die übliche Vergütung habe EUR 356 netto pro Sitzungstag betragen, ggf. sei noch eine zusätzliche Ge...