Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Klagebefugnis des zum Einspruchsverfahren Hinzugezogenen bei Abhilfebescheid gegenüber dem Einspruchsführer in Form einer Einspruchsentscheidung
Leitsatz (redaktionell)
Wird das Einspruchsverfahren ohne entsprechenden Antrag oder ohne Zustimmung des Hinzugezogenen durch Abhilfebescheid gegen den Einspruchsführer abgeschlossen, so ist der Hinzugezogene nicht i.S. von § 174 Abs. 5 Satz 1 AO zu beteiligen. Das gilt auch dann, wenn das Finanzamt dem Antrag des Einspruchsführers in vollem Umfang stattgegeben und den erforderlichen Abhilfebescheid gegenüber dem Einspruchsführer unzulässigerweise in Form einer Einspruchsentscheidung erlassen hat; ein zum Einspruchsverfahren hinzugezogener Dritter hat in diesem Fall keine Möglichkeit, die Einspruchsentscheidung abzufechten.
Normenkette
AO § 174 Abs. 5 S. 1, § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 359 Nr. 2, §§ 360, 367 Abs. 2 S. 3; FGO § 40 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen eine Änderung der Umsatzsteuerbescheide 1995 und 1996 nach § 174 Abs. 4 AO im Rahmen des Einspruchsverfahrens des Beigeladenen, mit der ihr der begehrte Vorsteuerabzug versagt wurde.
Der Beigeladene erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 9. Dezember 1994 das mit einem Wohngebäude bebaute Grundstück B.str. 16 in P. im eigenen Namen zu Alleineigentum. Der Beigeladene wurde in das Grundbuch eingetragen. In den Streitjahren erfolgte die Sanierung. Den entsprechenden Werkvertrag schloss der Beigeladene in eigenem Namen. Die im Rahmen der Sanierung ausgestellten Rechnungen lauten nicht auf die Klägerin, sondern fast vollständig auf den Beigeladenen als Rechnungsempfänger. Nach Abschluss der Sanierungsarbeiten vermietete der Beigeladene im eigenen Namen. Im Jahr 1997 erklärte der Beigeladene gegenüber dem Beklagten, das Objekt nicht in eigenem Namen, sondern als Treuhänder für die Klägerin erworben zu haben. Der entsprechende Treuhandvertrag sei mündlich am 9. Dezember 1994 geschlossen worden. Am 18. März 2002 habe man den Treuhandvertrag auch schriftlich niedergelegt. Zwischenzeitlich sei auch die Klägerin im Grundbuch eingetragen.
Der Beklagte erließ am 14. Januar 1998 Umsatzsteuerbescheide gegenüber dem Beigeladenen, in denen er für 1995 die Umsatzsteuer auf – 45.455,00 DM und für 1996 auf – 165.571,00 DM festsetzte. Am 11. September 2002 reichte die Klägerin ebenfalls Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre ein, welche der Beklagte nicht veranlagte, da die Umsätze bereits bei dem Beigeladenen berücksichtigt wären. Im Rahmen einer Betriebsprüfung will der Beklagte erkannt haben, dass die Umsätze der Klägerin zuzurechnen seien. Nach Einreichung einer weiteren Umsatzsteuererklärung der Klägerin vom 8. Juni 2004 erließ der Beklagte am 10. Mai 2005 gegenüber der Klägerin erklärungsgemäße Bescheide und hob am 10. Juni 2005 die Umsatzsteuerbescheide vom 14. Januar 1998 an den Beigeladenen auf. In dem von dem Beigeladenen dagegen geführten Einspruchsverfahren zog der Beklagte die Klägerin hinzu. Der Beklagte korrigierte im Einspruchsverfahren seine zwischenzeitliche Auffassung, dass die Umsätze der Klägerin zuzurechnen seien und setzte mit der Einspruchsentscheidung vom 9. Mai 2006 die Umsatzsteuer für 1995 auf – 45.455,00 DM und für 1996 auf – 165.571,00 DM gegenüber dem Beigeladenen fest. Der Beklagte führte dazu aus, dass der Beigeladene und nicht die Klägerin als Unternehmer anzusehen sei, da er als Treuhänder nach außen aufgetreten sei. Der Rechtsbehelfsbelehrung ist folgender Zusatz beigefügt: „Der Hinzugezogene erhält als Beteiligter am Verfahren eine Ausfertigung der Einspruchsentscheidung. Einwendungen gegen die steuerlichen Folgerungen bei seiner Veranlagung kann der Hinzugezogene nur mit einer lage gegen diese Einspruchsentscheidung geltend machen.”
Mit gesonderten Bescheiden vom 2. Juni 2005 hob der Beklagte die Umsatzsteuerbescheide gegenüber der Klägerin auf. Diese Bescheide sind Gegenstand des Verfahrens 2 K 365/07.
Die Klägerin trägt vor, dass die Umsätze ihr zuzurechnen seien, weswegen ihr der Vorsteueranspruch zustehe. Sie habe am 28. Oktober 1997 Umsatzsteuererklärungen eingereicht, die nicht bearbeitet worden seien. Dass der Erlass der Umsatzsteuerbescheide gegenüber dem Beigeladenen am 14. Januar 1998 auf Umsatzsteuererklärungen beruhe, werde bestritten. Weder Originale noch Kopien der Umsatzsteuererklärungen seien in den Akten. Die Klägerin sei richtigerweise als Unternehmerin anzusehen, da nicht der Treuhänder, sondern (stets nur) der Treugeber Unternehmer sei. Entscheidend für die Vorsteuera...