Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung von Umsatzsteuerbescheiden wegen behaupteter Verfassungswidrigkeit von § 27b UStG. Entscheidung über ein missbräuchliches Ablehnungsgesuch im Rahmen der Hauptsacheentscheidung
Leitsatz (redaktionell)
1. Umsatzsteuerbescheide, die ausschließlich auf Steueranmeldungen des Steuerpflichtigen und nicht auf vom Finanzamt im Rahmen einer Umsatzsteuer-Nachschau gewonnenen Erkenntnissen beruhen, können nicht mit der Behauptung angefochten werden, § 27b UStG sei verfassungswidrig.
2. Über ein rechtsmissbräuchliches Ablehnungsgesuch braucht kein gesonderter Beschluss zu ergehen; die Qualifizierung des Gesuchs als unzulässig darf in den Gründen der Hauptsacheentscheidung erfolgen.
Normenkette
UStG 1999 § 27b; FGO §§ 51, 40 Abs. 2; GG Art. 13
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Kläger begehren die Nichtigkeit des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in der seit 01. Januar 2002 jeweils geltenden Fassung festzustellen.
Die Klägerin zu 1) hatte in der Zeit vom 24. Februar 2000 bis 12. Juni 2003 ein Einzelunternehmen (Einzelhandel mit Tiefkühlkost, Tiernahrung, Wein) angemeldet. Außerdem meldete sie ab 01. Dezember 2002 eine weitere gewerbliche Tätigkeit (Gesundheitsberatung) an, die bis heute besteht. Den für die Jahre 2002 und 2003 eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärungen stimmte der Beklagte ohne Abweichung zu. Weitere Umsatzsteuerbescheide sind nicht ergangen.
Die Klägerin zu 2) wurde am 31. März 2004 in das Handelsregister eingetragen. Der für das Jahr 2004 eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärungen stimmte der Beklagte ohne Abweichung zu. Die Umsatzsteuerfestsetzung 2005 beruht auf einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen, da die Klägerin keine Jahressteuererklärung eingereicht hat. Den Umsatzsteuervoranmeldungen der Klägerin zu 2) für den Zeitraum vom 1. Quartal 2006 bis zum 2. Quartal 2007 ist der Beklagte Abweichung gefolgt.
Eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung fand bei den Klägerin nicht statt, ebensowenig eine Umsatzsteuer-Nachschau gemäß § 27b Umsatzsteuergesetz (UStG).
Mit Schreiben vom 18. August 2007 legte die Klägerin zu 1) gegen die vom Beklagten erlassenen „Umsatzsteuerbescheide, Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide (2002 bis 2007)” Einspruch ein. Die Bescheide seien nichtig, da sie sich auf das verfassungswidrige und damit nichtige Umsatzsteuergesetz 1999 stützten.
Mit Schreiben vom 15. September 2007 haben die Kläger Feststellungsklage erhoben. Außerdem habe sie im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 114 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beantragt, dem Beklagten Vollstreckungsmaßnahmen zu untersagen bzw. durchgeführte Vollstreckungshandlungen aufzuheben Aktenzeichen des Sächsischen Finanzgerichts 5 V 2/08). Diesen Antrag lehnte der Senat mit Beschluß vom 03. Januar 2008 ab.
Die Kläger verweisen zunächst auf eine im Gesetzgebungsverfahren abgegebene Stellungnahme des Bundes deutscher Finanzrichter, daß die durch Art. 13 GG geschützte Unverletzlichkeit der Wohnung durch die Neuregelung des UStG beeinträchtigt werde. Die Kläger erklären, entgegen der Auffassung des Beklagten werde durch § 27b UStG nicht nur das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt. Die Kläger stellen die durch § 27b UStG eröffneten Maßnahmen im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau und die damit verbundenen Intentionen des Gesetzgebers im einzelnen dar. Die Norm eröffne dem Staat auch die Möglichkeit, die Wohn- und Geschäftsräume des Steuerpflichtigen unangemeldet und unaufgefordert zu betreten und ggf. mit der Anwendung unmittelbaren Zwanges seine Absichten insgesamt durchzusetzen. Die Machtfülle, mit der der Amtsträger hierdurch ausgestattet werde, widerspreche bereits einer rechtsstaatlichen Verwaltungsführung. § 27b UStG sei unter Beachtung der Breite seiner Wirkung eben keine Verwaltungsmaßnahme, sondern tatsächlich eine polizeiliche Ermittlungsmethode, die einer Durchsuchung gleichzustellen sei. Diese Grundrechtseinschränkung, u.a. also auch auf körperliche Unversehrtheit und Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 GG), des Briefgeheimnisses sowie des Post- und Fernmeldegeheimnisses und nun auch aus dem hier gegebenen Anlaß, nämlich das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG), seien spätestens mit Einführung des § 27b in das UStG erfolgt. Daraus begründe sich zwingend die Beachtung des Zitiergebotes und ebenso zwingend im UStG. Der Antragsgegner habe inzwischen Vollstreckungsmaßnahmen durch Kontopfändung durchgeführt.
Die Richter am Sächsischen Finanzgericht Z, L und K seien wegen dem konkreten Verdacht der Befangenheit von der Teilnahme am weiteren Verfahren auszuschließen. Die als befangen bezeichneten Richter hätten ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter mit Beschluß vom 03. Januar 2008 über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung entschieden. In dem Beschluß sei die umfassende Begründung...