Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung. Tätigkeit für das MfS. Fragebogenlüge
Leitsatz (redaktionell)
Hinweis der Geschäftsstelle:
Neue Telefon-Nr. des Bundesarbeitsgerichts ab 22.11.1999: (03 61) 26 36-0; neue Telefax-Nr.: (03 61) 26 36 – 20 00.
Das Bundesarbeitsgericht bittet, sämtliche Schriftsätze in siebenfacher Ausfertigung bei dem Bundesarbeitsgericht einzureichen.
Normenkette
BGB § 626; SächsPersVG § 37
Verfahrensgang
ArbG Leipzig (Urteil vom 01.04.1999; Aktenzeichen 9 Ca 7977/98) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 01. April 1999 – 9 Ca 7977/98 – wird auf Kosten des Klägers
zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung.
Der am 11. Dezember 1960 geborene Kläger war beim Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgänger seit 1986 als Gymnasiallehrer für Sport beschäftigt. Der Kläger ist verheiratet und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Bei dem Beklagten besteht ein Personalrat.
Der Kläger leistete von 1979 bis 1982 Wehrdienst bei der Nationalen Volksarmee der DDR. Als Offizier im Range eines Unterleutnants war er im Grenzregiment … stationiert und dort als Zugführer eingesetzt. Am 13. April 1981 verpflichtete sich der Kläger in einer von ihm handschriftlich verfassten Berufungsurkunde, deren vorgefertigten Text er abschrieb, zur Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit. In dieser Urkunde heißt es u. a.:
„…
Wir erwarten von Ihnen eine … Zusammenarbeit in folgender Richtung:
- Verhinderung von Fahnenflucht,
- rechtzeitiges Erkennen von Vorbereitungshandlungen,
- vorbeugende Tätigkeit zur Verhinderung von Militär- und Staatsverbrechen.
Am heutigen Tage wurde mit mir durch einen Mitarbeiter des MfS ein Gespräch geführt; in dessen Ergebnis wurde ich auf freiwilliger Basis zur engeren Zusammenarbeit mit dem MfS berufen. Ich bin bereit, die vom MfS erhaltenen Aufträge in guter Qualität zu erfüllen. In den erhaltenen Aufträgen werde ich ehrlich und gewissenhaft in mündlicher oder schriftlicher Form berichten. Die geplanten Zusammenkünfte und das vereinbarte Verbindungssystem werde ich einhalten. Ich verpflichte mich und wurde darüber belehrt, daß ich über die Zusammenarbeit mit dem MfS zu keiner anderen Person sprechen werde und strengste Geheimhaltung zu wahren habe. Die von mir erarbeiteten Informationen werde ich mit folgendem Namen unterschreiben:
Gerd Techen
(Unterschrift) M. Hafemeister”
In dem Bericht der Hauptabteilung I des MfS vom 13. April 1981 über die Berufung des Klägers zum gesellschaftlichen Mitarbeiter Sicherheit (GMS) ist festgehalten, dass für die Verbindungsaufnahme durch andere Mitarbeiter des MfS mit dem Kläger folgende Losung vereinbart wurde:
„Mitarbeiter: ‚Einen schönen Gruß von Techen.’
GMS: ‚Meinen Sie den Gerd?’”
Ebenfalls am 13. April 1981 wurden dem Kläger zwei Komplexaufträge erteilt. Wegen der Einzelheiten dieser Aufträge wird auf die Unterlagen BStU 139 bis 144 (Bl. 48 bis 53 d. A.) Bezug genommen.
Unter dem Datum des 13. April 1981 fertigte der Kläger einen handschriftlichen Bericht über einen namentlich genannten Armeekameraden. In diesem Bericht führt der Kläger aus, dass die Führungsfähigkeiten des genannten Armeekameraden seiner Meinung nach nicht dem entsprechen, wie sie eigentlich sein sollten. In diesem Bericht ist weiter ausgeführt, dass der benannte Armeekamerad mit Vorgesetzten Schwierigkeiten habe. Wegen der Einzelheiten wird auf diesen Bericht (BStU 121, 122 = Bl. 55/56 d. A.) Bezug genommen. Unter dem Datum 02. Juli 1981 fertigte der Kläger – wiederum mit Decknamen unterzeichnet – einen weiteren Bericht über einen Soldaten. In dem Bericht ist mitgeteilt, dass der Soldat die Ursachen eines im Dienst erfolgten Unfalls offenbar zu vertuschen suchte. Wegen der Einzelheiten wird auf diesen Bericht vom 02. Juli 1981 (BStU 125 = Bl. 58 d. A.) Bezug genommen.
In einem weiteren Bericht gab der Kläger handschriftlich und mit Decknamen unterzeichnet eine Personeneinschätzung eines namentlich genannten Unteroffiziers. Darin wird mitgeteilt, dass das anfängliche Bemühen, die gestellten Aufgaben zu erfüllen, nachgelassen habe, da dieser sich den Dienst nicht so belastend vorgestellt habe. Der Genannte sei labil, zeige keine Einsatzbereitschaft und vor allem keinen Willen, diese Einstellung zu ändern. Auf Hilfe reagiere er abweisend und äußere beispielsweise „sowieso alles Sackstand hier, ich wollte ja eigentlich Küchenleiter werden. Ich habe keine Lust mehr zu dienen und will nach Hause. Wenn ich überhaupt noch was mache, dann fahre ich am liebsten Streife.” Wegen der Einzelheiten wird auf diesen Bericht (BStU 127 = Bl. 60 d. A.) Bezug genommen.
In einem Bericht vom 15. September 1981, der ebenfalls handschriftlich vom Kläger abgesetzt und mit Decknamen unterschrieben ist, teilte der Kläger mit, dass ein namentlich benannter Soldat von seiner Frau erfahren habe, dass sie sich scheiden ...