0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift trat am 1.7.2001 durch Art. 68 Abs. 1 SGB IX in Kraft und wurde erstmals aufgrund des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) mit Wirkung ab 1.1.2018 leicht angepasst. Zunächst wurde der Begriff der "Teilhabe" durch den Begriff "Teilhabe am Leben in der Gesellschaft" näher definiert. Ferner nahm der Gesetzgeber die "Leistungen zur Teilhabe an Bildung" neu als Leistungsgruppe auf. Außerdem ersetzte er die Wörter "Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft" durch den Begriff "Leistungen zur sozialen Teilhabe", ohne dass sich etwas am Inhalt dieser Leistung änderte. Sowohl die Leistungen zur Teilhabe an Bildung als auch die Leistungen zur sozialen Teilhabe entsprachen ab 1.1.2018 dem Leistungsumfang, wie sie bereits vorher und bis Dezember 2019 im Sozialgesetzbuch XII aufgeführt waren (vgl. BT-Drs. 18/9522 S. 228).
1 Allgemeines
Rz. 2
§ 5 enthält eine Übersicht über die einzelnen Leistungsgruppen, die unter dem Oberbegriff der Teilhabeleistungen zusammengefasst sind. Die Vorschrift hat Wegweiser-Funktion, obwohl sich die konkreten Leistungsansprüche nur aus dem jeweiligen rehabilitationsträgerspezifischen Recht (z. B. SGB III, V, VI, VIII) ableiten lassen. Trotzdem setzt die Regelung des § 5 i. V. m. § 6 die Weichen, welches rehabilitationsträgerspezifische Recht anzuwenden ist. Somit ist z. B. die Krankenversicherung nicht für den Bereich der Leistungen zur Teilhabe an Bildung zuständig (vgl. § 5 Nr. 4 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 1).
Rz. 2a
Ist die Zuständigkeit nach § 5 i. V. m. § 6 geklärt, richtet sich die weitere Zuständigkeit nach § 7 Abs. 1. Danach richten sich die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe nach den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zählen zu dem Leistungskatalog der Kranken- und Rentenversicherung. Hier regelt dann § 40 Abs. 4 SGB V die vorrangige Zuständigkeit der Rentenversicherung, falls gegenüber dem Rentenversicherungsträger unter Beachtung der §§ 9 bis 12 SGB VI ein Leistungsanspruch besteht. Hat also ein Versicherter, der eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation (z. B. § 40 SGB V, § 15 SGB VI) benötigt, die in § 11 SGB VI geforderte zeitliche Anspruchsvoraussetzung (Wartezeit) nicht erfüllt oder kann durch die Rehabilitationsleistung die Erwerbsfähigkeit des Versicherten i. S. d. § 10 SGB VI nicht wieder erreicht werden, fällt die Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers weg; zuständig ist dann die Krankenkasse.
2 Rechtspraxis
2.1 Grundsätze
Rz. 3
Das SGB IX stellt für Menschen mit Behinderung oder drohender Behinderung eine Reihe von Leistungen zur Verfügung, die diese zur Verbesserung der Teilhabe im Bedarfsfall erhalten können. § 5 unterteilt die Teilhabeleistungen des 1. und 2. Kapitels des SGB IX in 5 Leistungsgruppen. Davon sind 4 Hauptleistungsgruppen, die i. V. m. § 6 auch die grundsätzlichen Zuständigkeiten zwischen den einzelnen Rehabilitationsträgern regeln:
Leistungsgruppen und Zuständigkeiten
Die Leistungsgruppe "unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen" stellt eine Besonderheit dar. Sie weist im Wesentlichen darauf hin, dass der Rehabilitand im Zusammenhang mit medizinischen Rehabilitationsleistungen oder mit Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben unterhaltssichernde Leistungen (Krankengeld, Übergangsgeld etc.) und ergänzende Leistungen (Reisekosten, Haushaltshilfe, Rehabilitationssport, Funktionstraining etc.) beanspruchen kann.
Rz. 4
Jede Leistung, die im Bedarfsfall benötigt wird, kann einer Leistungsgruppe zugeordnet werden. Die Zuordnung einer Leistung erfolgt in hintereinander folgenden Schritten:
Geht bei einem Rehabilitationsträger oder einem sonstigen Sozialleistungsträger (§ 12 SGB I) ein Antrag auf Leistungen ein, ist – losgelöst von den §§ 14, 15 – zunächst zu prüfen, ob die beantragte Leistung den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 5 Nr. 1) zugeordnet werden kann. Ist dies nicht der Fall, ist zu erkunden, ob die beantragte Leistung den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 5 Nr. 2) zuzuschreiben ist. Ist auch dies nicht möglich, hat der Träger eine Zuordnung zu den Leistungen zur Teilhabe an Bildung (§ 5 Nr. 4) zu prüfen. Bei fehlender Zuordnung ist anschließend zu prüfen, ob die benötigte Leistung den Leistungen zur sozialen Teilhabe (§ 5 Nr. 5) zugeschrieben werden kann.
Ist eine Leistung keiner der 4 Leistungsgruppen zuzuordnen und handelt es sich auch nicht um unterhaltssichernde oder sonstige ergänzende Leistungen (§ 5 Nr. 3), besteht im Rahmen der beiden Teile 1 und 2 des SGB IX (§§ 1 bis 150a) regelmäßig keine Leistungsverpflichtung eines Rehabilitationsträgers. Ggf. ist dann aber noch zu prüfen, ob gegen einen Sozialleistungsträger (§ 12 SGB I) außerhalb des Rehabilitations- und Teilhaberechts ein Anspruch auf Leistungen besteht (z. B. Anspruch auf ärztliche Behandlung oder Krankenhausbehandlung...