Entscheidungsstichwort (Thema)
Tonnagebesteuerung ist bei kurzzeitigem Einsatz eines Seeschiffes zur Überführung an den Erwerber nicht anwendbar
Leitsatz (amtlich)
Der für die Anwendung der Tonnagebesteuerung nach § 5a EStG erforderliche Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr liegt nicht vor, wenn sich der Einsatz des einzigen Seeschiffes auf die Überführung von der Werft zum Ort der Übergabe an den Käufer beschränkt und die Fahrt ihrem Hauptzweck nach nicht der Beförderung von Personen oder Gütern dient, sondern der Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag.
Die Veräußerung des Seeschiffes ist nicht als begünstigtes Hilfsgeschäft i.S.d. § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG anzusehen, wenn mit dem Kaufpreis ein weiteres Seeschiff zum Betrieb im internationalen Verkehr erworben wird.
Der Gewinn aus der Veräußerung des Seeschiffes unterliegt nicht der ermäßigten Besteuerung nach den §§ 16, 34 EStG, wenn der Gewerbebetrieb durch Erwerb eines neuen Seeschiffes fortgeführt wird.
Normenkette
EStG § 5 a, § 16, § 34
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin im Streitjahr 2003 die Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 5a des Einkommensteuergesetzes 2002 (EStG) ermitteln durfte.
Die Klägerin ist eine im Jahre 2001 gegründete KG, deren Gegenstand insbesondere der Erwerb und Betrieb der MS „A“ ist. Der Gesellschaftszweck umfasst weiterhin den Erwerb, Betrieb und die Veräußerung anderer Seeschiffe sowie das Betreiben von Schifffahrtsgeschäften aller Art (vgl. § 2 des Gesellschaftsvertrags vom 1. November 2001). Komplementärin der Klägerin ohne Vermögensbeteiligung ist die MS „A“ Schiffahrtsverwaltungsgesellschaft mbH (A-GmbH); als Kommanditisten sind die … GmbH & Co KG (B-KG) mit einer Einlage von 49.500 EUR zu 99% und die … GmbH & Co KG (C-KG) mit einer Einlage von 500 EUR zu 1% beteiligt.
Am 12. November 2002 schloss die Klägerin mit einer Werft in Z (Ausland) einen Bauvertrag über die Herstellung des Container-Schiffes MS „A“ zum Preis von 20,6 Mio. US-Dollar ab, dessen Fertigstellung für den Herbst 2003 vorgesehen war. Mit der C-KG wurde am 20. Dezember 2002 ein Bereederungsvertrag über die Bereederung der MS „A“ abgeschlossen. Die C-KG nahm durch die … Schiffahrts KG am 16. Dezember 2002 Verhandlungen mit der Firma … als potentiellem Charterer auf, die Anfang 2003 ohne Einigung beendet wurden. In der Folgezeit wurden entsprechende Verhandlungen mit weiteren potentiellen Charterern geführt. Im Juli 2003 erhielt die Klägerin von der E AG ein Kaufangebot für die noch im Bau befindliche MS „A“. Am 22. September 2003 wurde zwischen der … GmbH & Co KG (D-KG) und der …. (X) ein Chartervertrag über die MS „A“ abgeschlossen; nach dem Vertrag stand der D-KG das Recht zur Benennung eines Vercharterers und der X das Recht zur Benennung eines Charterers zu. Durch Zusatzvereinbarung vom 30. September 2003 wurden die … Ltd. (E-Ltd) von der D-KG als Vercharterer und die H von der X als Charterer benannt.
Mit Vertrag vom 26. September 2003 verkaufte die Klägerin die MS „A“ zum Preis von 26 Mio. US-Dollar an die E-Ltd als Treuhänderin für die K Schifffahrts GmbH & Co KG. Am 6. Oktober 2003 übernahm die Klägerin die MS „A“ in Z (Ausland) von der Werft. Die Klägerin überführte das Schiff am 7./8. Oktober 2003 von Z nach Y (anderes ausländisches Land) und übergab es dort am 9. Oktober 2003 an die E-Ltd (vgl. Übergabeprotokoll vom 9. Oktober 2003). Auf der Fahrt von X nach Y war die MS „A“ mit der Erstausrüstung sowie einem leeren Container beladen, in dem die Erstausrüstung im Auftrag der D-KG per Lkw vom Inland nach Z befördert worden war. Der Auftrag zum Rücktransport des Containers ins Inland wurde der Klägerin von der M-GmbH erteilt (vgl. Schreiben vom 29. September 2003). Die Erstausrüstung wurde im Auftrag der D-KG nach Y befördert. Nach dem Kaufvertrag waren unbenutzte Ausrüstungsgegenstände im Verkauf der MS „A“ enthalten; für die Erstausrüstung sollte die E-Ltd 350.000 EUR an die D-KG zahlen. Im Zeitraum vom 6. bis 9. Oktober 2003 war die MS „A“ im Schiffsregister beim Amtsgericht … unter der Nummer … eingetragen. Nach der Umbenennung in „AAA“ wurde das Schiff ab dem 10. Oktober 2003 von der E-Ltd im Rahmen des von der D-KG abgeschlossenen Chartervertrags eingesetzt. Der durch die Veräußerung der MS „A“ erzielte Gewinn in Höhe von 3.076.134,46 EUR wurde von der Klägerin im Jahre 2005 für eine Anzahlung in Höhe von 1.967.087 EUR zum Kauf des Container-Schiffes „MM“ verwendet.
Am 18. Dezember 2002 stellte die Klägerin einen Antrag auf Anwendung der Tonnagebesteuerung nach § 5a EStG ab dem 1. Januar 2002. Der Beklagte gab dem Antrag am 30. Dezember 2002 statt und stellte den Unterschiedsbetrag gemäß § 5a Abs. 4 EStG zum 31. Dezember 2001 auf 0 EUR fest. In der am 7. Oktober 2004 eingegangenen Feststellungserklärung für das Streitjahr setzte die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 2.746,56 EUR an. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb beinha...