Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs im Sinne von § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG
Leitsatz (amtlich)
Eine Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs im Sinne von § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG liegt nicht vor, wenn der Aufhebungsvertrag zum ursprünglichen Grundstückskaufvertrag und der nachfolgende Kaufvertrag mit einem der ursprünglichen Erwerber in zwei aufeinander folgenden notariellen Urkunden erfolgen und der Erwerber ein wirtschaftliches Interesse am Zustandekommen des zweiten Kaufvertrages hat.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 13 Nr. 1, § 16 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Aufhebung von Grunderwerbsteuerfestsetzungen.
Die Kläger waren zu je ½ ideelle Miteigentümer des Grundstücks in ... Das Grundstück hat eine Größe von 1.308 qm und war mit einem zum Mehrfamilienhaus umgebauten Einfamilienhaus bebaut. Mit notariellem Kaufvertrag vom 23. September 2006 veräußerten die Kläger das Grundstück an Frau A und Herrn B jeweils zur ideellen Hälfte. Der Kaufpreis betrug 199.000 € und war nach § 2 des Kaufvertrages am 31. Oktober 2006 fällig. Der Besitz an dem Kaufgegenstand sollte nach § 4 des Kaufvertrages am 01. November 2006 auf die Käufer übergehen, jedoch nicht, bevor der gesamte Kaufpreis auf einem Notaranderkonto eingegangen war. Die Kläger bewilligten in dem Kaufvertrag die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu Gunsten der Käufer und waren sich mit den Käufern über den Eigentumsübergang einig (Auflassung).
Mit Grunderwerbsteuerbescheiden vom 03. November 2006 setzte der Beklagte gegenüber Herrn B und Frau A jeweils eine Grunderwerbsteuer von 3.482 € fest.
Nachdem der Kaufpreis aus dem Grundstückskaufvertrag vom 23. September 2006 nicht entrichtet worden war, hoben die Vertragsparteien mit notariellem Vertrag vom 25. November 2006 den Kaufvertrag auf und wiesen den Notar an, den Vollzug des Vertrages nicht weiter zu betreiben. Die Käufer verpflichteten sich, an die Kläger einen pauschalen Schadensersatz in Höhe von 1.000 € zu zahlen, womit alle gegenseitigen Ansprüche aus der Auflösung des Kaufvertrages vom 23. September 2006 erledigt sein sollten. Die Käufer bewilligten und beantragten, die bereits im Grundbuch des Amtsgerichts eingetragene Auflassungsvormerkung zu ihren Gunsten zu löschen. Die Kaufvertragsparteien beantragten ferner, die Grunderwerbsteuerfestsetzungen aufzuheben. Beim Abschluss des Aufhebungsvertrages vertrat Frau A aufgrund einer Vollmacht vom 10. November 2006 Herrn B.
Mit notariellem Kaufvertrag vom selben Tag (nächste Urkundenrollen Nr. desselben Notars) veräußerten die Kläger das streitgegenständliche Grundstück an Frau A zu Alleineigentum. Der Kaufpreis blieb mit 199.000 € unverändert und war am 01. Dezember 2006 fällig. In § 4 des Kaufvertrages ist bestimmt, dass der Besitz am Kaufgegenstand bereits am 01. Oktober 2006 auf die Käuferin übergegangen ist, ebenso die Gebäudeversicherung und die mit dem Kaufgegenstand verbundenen Rechte und Nutzen sowie die Gefahr des zufälligen Unterganges.
Die Löschung der zu Gunsten von Herrn B und Frau A im Grundbuch eingetragenen Auflassungsvormerkung erfolgte am 07. Dezember 2006.
Nachdem Herr B die Grunderwerbsteuer aus dem Bescheid vom 03. November 2006 nicht entrichtet hatte und er auf eine Vollstreckungsankündigung des Beklagten nicht reagierte, setzte der Beklagte nach Anhörung mit Bescheiden vom 29. Mai 2007 gegenüber den Klägern jeweils Grunderwerbsteuer in Höhe von 1.741 € fest. In den Erläuterungen zu den Bescheiden wurde jeweils ausgeführt, dass bei einem Kaufvertrag oder einem anderen Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründe, stets alle Vertragsteile auf der Erwerber- und Veräußerungsseite Steuerschuldner seien und der Erwerber Herr B bisher keine Grunderwerbsteuer gezahlt habe.
Die Kläger erhoben am 27. Juni 2007 Einspruch gegen diese Bescheide, die sie im Wesentlichen damit begründeten, dass für den ursprünglichen Erwerbsvorgang ein Aufhebungsanspruch aus § 16 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) zu berücksichtigen sei, weil die Beteiligten die tatsächliche und vollständige Rückgängigmachung des Kaufvertrages bewirkt hätten. Sie hätten durch den Folgevertrag sämtliche Wirkungen aus dem Erwerbsvorgang aufgehoben und damit eine Rechtslage geschaffen, als ob dieser Vertrag nicht zu Stande gekommen sei. Insbesondere sei die Löschung der zu Gunsten der Erwerber eingetragenen Auflassungsvormerkung bewirkt worden. Deshalb sei die Heranziehung des Herrn B ohne Grundlage und auch die Kläger hätten nicht als Gesamtschuldner einzutreten.
Mit Einspruchsentscheidungen vom 30. Januar 2008 wies der Beklagte die Einsprüche der Kläger als unbegründet zurück.
Die Kläger haben am 03. März 2008 (einem Montag) Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, dass Herr B ursprünglich allein den Kaufpreis aus dem Vertrag vom 23. September ...