Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Änderung von Steuerbescheiden bei Verlust von Körperschaftsteuerminderungspotenzial
Leitsatz (redaktionell)
Die Feststellung der Endbestände gem. § 36 Abs. 7 KStG ist bindend für die Ermittlung des KSt-Guthabens. Eine Änderung der nach altem Recht bestandskräftig festgestellten Endbestände des verwendbaren Eigenkapitals ist auch nicht auf der Grundlage des § 181 Abs. 5 Satz 1 AO möglich. Diese Vorschrift vermittelt keine eigenständige Korrekturbefugnis und führt auch nicht dazu, dass der Vorbehalt der Nachprüfung trotz zwischenzeitlichen Ablaufs der Festsetzungsfrist fortbesteht oder wiederauflebt.
Normenkette
KStG § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 S. 3, §§ 34 f, 36-37, 38 Abs. 1, § 47 Abs. 1 Nr. 1; AO § 164 Abs. 2, 4, § 171 Abs. 10, § 179 Abs. 1, § 181 Abs. 5, § 182 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Anschluss an den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 17.11.2009 1 BvR 2192/05 BGBl I 2010, 326 über einen Anspruch der Klägerin auf Änderung zuvor ergangener Steuerbescheide, deren Feststellungen/ Festsetzungen zu einem Verlust von Körperschaftsteuerminderungspotenzial geführt haben.
Das BVerfG erklärte in dem Beschluss vom 17.11.2009 die Umgliederungsvorschrift des § 36 Abs. 3 Körperschaftsteuergesetz (KStG) insoweit für verfassungswidrig, als die Umgliederung des zum Zeitpunkt des Systemwechsels vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren mit 45 % belasteten Eigenkapitals (EK 45) in mit 40 % belastetes Eigenkapital (EK 40) und unbelastetes Eigenkapital (EK 02) zu einem Verlust von Körperschaftsteuerminderungspotenzial führt. Es verpflichtete den Gesetzgeber, mit Wirkung zum 01.01.2011 für die noch nicht bestandskräftig abgeschlossenen Verfahren eine Neuregelung zu treffen, die den Erhalt des im Zeitpunkt des Systemwechsels in dem Teilbetrag EK 45 enthaltenen Körperschaftsteuerminderungspotenzials sicherstellt.
Durch das Jahressteuergesetz 2010 hat der Gesetzgeber die Vorgaben des BVerfG umgesetzt: Nach § 34 Abs. 13 KStG ist die Neuregelung des § 36 Abs. 3 bis 6 a KStG in allen Fällen, in denen die Endbestände im Sinne des § 36 Abs. 7 KStG noch nicht bestandskräftig festgestellt sind, in der dort genannten Fassung anzuwenden.
Bereits vor der gesetzlichen Neuregelung - mit Schreiben vom 18.05.2010 beantragte die Klägerin unter Bezugnahme auf den Beschluss des BVerfG vom 17.11.2009 die Aufhebung folgender Steuerbescheide:
1. zusammengefasste Bescheide vom 28.02.2003 über die gesonderte Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG und über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG zum 31.12.2001 (Bescheid Nr. 1),
2. Bescheid vom 17.02.2004 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 3, 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 KStG zum 31.12.2002 (Bescheid Nr. 2),
3. Bescheid vom 16.11.2004 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 3, 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 KStG zum 31.12.2003 (Bescheid Nr. 3),
4. Bescheid vom 31.01.2007 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 3, 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 KStG zum 31.12.2004 (Bescheid Nr. 4),
5. Bescheid vom 09.01.2007 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 3, 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 KStG zum 31.12.2005 (Bescheid Nr. 5),
6. Bescheid vom 06.05.2008 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG zum 31.12.2006 (Bescheid Nr. 6),
7. Bescheid vom 26.09.2008 über die Festsetzung des Anspruchs auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens gemäß § 37 Abs. 5 KStG (Bescheid Nr. 7).
Sie machte geltend, sie sei durch die verfassungswidrigen Übergangsregelungen steuerlich belastet, da ihr durch die beanstandeten Feststellungen Körperschaftsteuerminderungspotenzial entzogen worden sei. Mangels wirksamer gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage seien die beanstandeten Feststellungen rechtswidrig und deshalb aufzuheben.
Der Gesichtspunkt der Bestandskraft stehe dem nicht entgegen. Alle angefochtenen Bescheide stünden im Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid zueinander, endend mit dem Bescheid über die Festsetzung des Anspruchs auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens als letztem Folgebescheid. Gemäß § 181 Abs. 5 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) könne eine gesonderte Feststellung auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung sei, für die die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen sei.
Der Beklagte, das Finanzamt (FA), lehnte den Aufhebungsantrag mit Verfügung vom 22.06.2010 ab: Die zusammengefassten Bescheide vom 28.02.2003 über die gesonderte Feststellung der Endbestände gemäß §...