Entscheidungsstichwort (Thema)
Doppelte Haushaltsführung; Berücksichtigung von Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bei Vorliegen zweier Wohnungen
Leitsatz (amtlich)
Aufwendungen für Fahrten von einer weiter entfernten Zweitwohnung zur Arbeitsstätte können nur insoweit als Werbungskosten berücksichtigt werden, als sich dort der Lebensmittelpunkt befindet.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1Satz 3 Nr. 4 S. 6
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung bzw. der Berücksichtigung von Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von der weiter entfernt liegenden Wohnung bei Vorliegen zweier Wohnungen.
Die Kläger sind verheiratet und waren im Streitjahr ab 1. September 2005 mit Hauptwohnsitz in A (zuvor Zweitwohnsitz) gemeldet. Während der Woche (Arbeitstage) hielten die Kläger sich in ihrem Einfamilienhaus in B auf (seit 1. September 2005 Zweitwohnsitz, davor Erstwohnsitz). Die Wochenenden und den Urlaub verbrachten sie in ihrer Wohnung in A. Die Wohnung in A wurde 2001 erworben. Sie ist in einem fünfstöckigen Wohnblock gelegen, welcher 1975 erbaut wurde und aus insgesamt 64 Eigentumswohnungen besteht. Es handelt sich um eine 3-Zimmer-Wohnung mit Einbauküche, Vollbad, Schlaf-, Ess- und Wohnzimmer sowie mit Blick auf das Wasser. Die Wohnungsgröße beträgt 58,74 qm. Das Einfamilienhaus (Doppelhaushälfte) wurde 1985 erworben. Die Wohnfläche beträgt 114,52 qm. Es verfügt über ein Wohnzimmer, ein Esszimmer, ein Schlafzimmer, ein Arbeitszimmer, eine Küche und zwei Badezimmer.
Im Rahmen der Einkommensteuer(ESt)-Erklärung 2005 machten die Kläger Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in folgendem Umfang geltend:
Kläger:
158 Fahrten von B nach C - einfache Entfernung 32 km
46 Fahrten von A nach C - einfache Entfernung 172 km
Klägerin:
178 Fahrten von B nach C - einfache Entfernung 9 km
46 Fahrten von A nach C - einfache Entfernung 170 km
Hinsichtlich der geltend gemachten Fahrten von A aus erkannte das Finanzamt diese nur in der Höhe an, wie sie für Fahrten zwischen der näher zur Arbeitsstätte gelegenen Wohnung angefallen wären. Gegen den entsprechenden ESt-Bescheid für 2005 vom 6. Juni 2007 legten die Kläger form- und fristgerecht Einspruch ein. Der Einspruch richtete sich gegen die Nichtberücksichtigung der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte hinsichtlich der Fahrten ab A. Der ESt-Bescheid für 2005 wurde aus anderen - hier nicht relevanten - Gründen mit Bescheid vom 11. September 2007 geändert und Gegenstand des laufenden Einspruchsverfahrens.
Mit Einspruchsentscheidung vom 12. September 2007 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Besitze ein Arbeitnehmer mehrere Wohnungen und begebe er sich teilweise von der einen und teilweise von der anderen Wohnung aus zur Arbeitsstätte, so seien nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) auch die Aufwendungen für Fahrten von der weiter entfernt liegenden Wohnung zur Arbeitsstätte Werbungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 4 Einkommensteuergesetz (EStG), wenn diese weiter entfernt liegende Wohnung den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers bilde. Wo eine Person den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen habe, werde bestimmt durch die persönlichen Beziehungen zu diesem Ort und die Art und Weise, wie die Beziehungen aufrecht erhalten würden. Der Ort, zu dem ein Arbeitnehmer besondere Beziehungen habe, könne aber nur dann als Mittelpunkt der Lebensinteressen angesehen werden, wenn sich der Arbeitnehmer nachhaltig dort aufhalte. Nur dann sei der Schluss gerechtfertigt, dass der Arbeitnehmer die Bindungen nicht nur durch gelegentliche Besuchsfahrten, sondern dadurch aufrecht erhalte, dass er weitgehend dort lebe. Daran ändere auch nichts die Verlegung des Wohnortes nach melderechtlichen Gesichtspunkten. Ein Arbeitnehmer könne nicht willkürlich entscheiden, welche seiner Wohnungen den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen bilde. Dies hänge vielmehr von seinem tatsächlichen Verhalten und den objektiv feststellbaren Gegebenheiten ab. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen setze das Verweilen an einem Ort für eine gewisse Zeitdauer voraus. Eine Zweitwohnung bilde den Lebensmittelpunkt nur dann, wenn sie nicht nur an den Wochenenden oder nur kurzfristig genutzt werde (BFH vom 10. November 1978, VI R 21/76). Ferien- und Wochenendwohnungen könnten deshalb - unabhängig von ihrer Größe und Ausstattung - in der Regel nicht den Mittelpunkt der Lebensinteressen bilden, wenn sie nicht ununterbrochen für längere Zeit im Kalenderjahr genutzt würden. So reiche es für die Annahme eines Lebensmittelpunkts am Ort der weiter entfernt liegenden Wohnung nicht aus, wenn diese nur an den Wochenenden und in den Schulferien (bei schulpflichtigen Kindern) genutzt werde. Dem hauswirtschaftlichen Leben in einer solchen Wohnung hafte in der Regel das Kennzeichen des Provisorischen, des Vorübergehenden an (BFH vom 3. Oktober 1985, VI R 168/84).
Die Kläger würden die Wohnung in A ausschl...