Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerblicher Grundstückshandel und Abschirmwirkung einer GmbH
Leitsatz (amtlich)
Die Bebauung eines abgetrennten Grundstückteils mit Einzelhandelsflächen sowie 45 Eigentumswohnungen durch eine GbR kann auch bei Einschaltung einer beteiligungsidentischen GmbH in die Bebauungs- und Veräußerungsaufgabe als gewerblicher Grundstückshandel zu qualifizieren sein. Die Zwischenschaltung der GmbH ist rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 42 Abs. 1 AO, wenn die Vertragsgestaltung und der Vertragsvollzug unausgewogen sind, mit der Folge, dass die gesamte Wertschöpfung der GbR verbleibt, während die GmbH kurzfristig nach Abverkauf der letzten Eigentumswohnung in Insolvenz gerät.
Unabhängig von der Frage der Zurechnung der Veräußerungsaktivitäten der GmbH kann sich eine gewerbliche Betätigung der GbR bereits daraus ergeben, dass sie die gesamte Bebauungs- und Veräußerungsaufgabe umfassend vorgeplant hat, weil sie eine eigene Investitionsverpflichtung gegenüber der öffentlichen Hand zu erfüllen hat.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 2, 3 Nr. 1, § 21 Abs. 3; AO § 42 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückhandels.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Sie wurde am 15. Oktober 1992 mit Sitz in X gegründet. Ihre Gesellschafter sind Herr A (Gewinnanteil: 35 %), Herr B (Gewinnanteil: 35 %) und Herr C (Gewinnanteil: 30 %). Auf den näheren Inhalt des Gesellschaftsvertrages wird Bezug genommen. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 9. November 1992 erwarb sie von einer im Besitz der Treuhandanstalt (THA) stehenden Gesellschaft ein mit einem Verwaltungsgebäude sowie diversen Nebengebäuden bebautes Grundstück in Größe von 7.259 qm, belegen in Y zum Preis von 2.000.000 DM. Es handelt sich im Einzelnen um das im Grundbuch von Y Bl. 5 eingetragene Flurstück ... der Flur ... in Größe von 7.096 qm sowie das Flurstück ... der Flur ... in Größe von 173 qm. Der Vertrag, auf dessen Inhalt verwiesen wird, enthält die Verpflichtung, mindestens 11.500.000 DM in den Kaufgegenstand zu investieren (§ 11 des Vertrags) sowie dafür Sorge zu tragen, "daß in dem Kaufgegenstand bis spätestens 31. Dezember 1995 mindestens 75 Vollzeitarbeitnehmer (ohne ABM-Kräfte) beschäftigt werden" (§ 12 des Vertrags). Für den Fall einer Weiterveräußerung des Grundstücks vor dem 31. Dezember 1995 wurde eine Abführung des Mehrerlöses in Höhe von 80% an die Treuhandanstalt vereinbart (§ 29 des Vertrages). Der dem Vertrag als Anlage I beigefügte Finanzierungs- und Investitionsplan sah u.a. die Modernisierung des Altbaus für 1.500.000 DM und die Erstellung eines Neubaus auf dem Grundstück zum Preis von 6.250.000 DM vor.
Das Verwaltungsgebäude wurde anschließend saniert und ab Juli 1993 an das Land zum Betrieb eines Grundbuchamtes zu einem Nettomietzins von 25 DM/qm vermietet. Die Nebengebäude wurden vereinbarungsgemäß mit einen Kostenaufwand von 400.000 DM abgerissen. Auf dem frei gewordenen Grundstücksteil plante die Klägerin zunächst die Errichtung eines Bürogebäudes nebst Einzelhandelsgeschäft zur Vermietung an Dritte. Die entsprechende Baugenehmigung erhielt sie am 3. Februar 1994. Da die bereits im Vorwege angestrengten Vermietungsbemühungen nicht den gewünschten Erfolg zeigten, entschloss sich die Klägerin zu einer Umplanung. Anstelle der in den Obergeschossen vorgesehenen Büros sollten nunmehr 45 Wohnungen errichtet werden. Die entsprechend geänderte Baugenehmigung wurde der Klägerin antragsgemäß am 13. Dezember 1994 erteilt.
Bereits mit Vertrag vom 14. Oktober 1994 gründeten die Gesellschafter der Klägerin die ... mbH mit Sitz in X (nachfolgend GmbH). Das Stammkapital betrug 50.000 DM. Die Stammeinlagen waren wie folgt verteilt: A 17.500 DM = 35 %, B 17.500 DM = 35 % und C 15.000 = 30 %. Zu jeweils einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführern wurden die Gesellschafter C und A bestellt. Die GmbH wurde am 30. Dezember 1994 in das Handelsregister eingetragen. Sie sollte die entsprechenden Baumaßnahmen durchführen bzw. in Auftrag geben und die Wohnungen vermarkten. Mit Vertrag vom 9. Januar 1995 veräußerte die Klägerin an die GmbH einen 6.604/10.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück (Teilfläche des Flurstücks ... in Größe von 5.212 qm) zum Preis von 700.000 DM zuzüglich anteiliger Abbruchkosten von 268.000 DM und Grundstücksnebenkosten in Höhe von 80.400 DM, insgesamt 1.048.400 DM. Der bei den Bp-Akten befindliche Kaufvertrag, auf dessen Inhalt verwiesen wird, enthält in § 2 die nachfolgende Bauverpflichtung:
- "Die Käuferin verpflichtet sich, auf dem Kaufgrundstück gemeinsam mit der Verkäuferin ein Gebäude zu errichten, wobei die Verkäuferin im Erdgeschoss Gewerberäume errichtet, während die Käuferin im Obergeschoss Wohnungen errichtet und hier insgesamt 11.000.000 DM investiert. Diese Investitionen verteilen sich auf die Herstellung der Wohnungen, der dazugehörigen Kellerräume sowie der Stellplätze und der antei...