Entscheidungsstichwort (Thema)

Sorgfaltspflichten einer Bank bei telefonisch veranlasster Blitzüberweisung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Erfordert eine Bank nach telefonischer Entgegennahme eines Auftrags für eine Blitzüberweisung zu Dokumentationszwecken zusätzlich einen schriftlichen Überweisungsauftrag, so hat sie durch geeignete Vorkehrungen in ihrem Geschäftsbetrieb sicherzustellen, dass es nicht zu einer irrtümlichen Doppelüberweisung kommt.

2. Auf die typischen und unvermeidbaren Risiken standardisiert abzuwickelnder Massengeschäfte kann sich nicht berufen, wer von deren standardisierter Behandlung abweicht.

 

Normenkette

BGB §§ 276, 280, 675, 676a

 

Verfahrensgang

LG Flensburg (Urteil vom 24.02.2004; Aktenzeichen 2 O 166/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 24.2.2004 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des LG Flensburg - 2 O 266/03 - abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 34.086,13 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5.1.2000 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche der Klägerin in gleicher Höhe gegen die A. Spedition GmbH. Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten beider Rechtszüge haben die Beklagte 2/3 und die Klägerin 1/3 zu tragen.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Jedoch kann die Beklagte die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet. Ebenso kann die Klägerin die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der verklagten Bank Ersatz für eine irrtümlich ausgeführte Doppelüberweisung.

Die Mitarbeiterin R. der Rechtsvorgängerin der Klägerin beauftragte den Mitarbeiter L. der Beklagten telefonisch mit der Durchführung einer Blitzüberweisung. Die Beklagte sagte deren Ausführung zu, forderte aber zu Dokumentationszwecken durch ihren Mitarbeiter L. einen schriftlichen Überweisungsauftrag nach. In der Folgezeit wurde ein derartiger Überweisungsauftrag zusammen mit weiteren Aufträgen bei einer Filiale der Beklagten eingereicht. Nach Behauptung der Klägerin habe R. einen auf den L. lautenden Adressvermerk auf dem Überweisungsträger mittels einer Büroklammer befestigt gehabt. Eine Weiterleitung des Überweisungsauftrages an den L. erfolgte jedoch nicht. Vielmehr wurde der Überweisungsauftrag durch einen anderen Mitarbeiter der Beklagten irrtümlich erneut ausgeführt. Die Zahlungsempfängerin - die A. Spedition GmbH - befindet sich zwischenzeitlich in der Insolvenz.

Das LG hat die Zahlungsklage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte überwiegend Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Klägerin, früher als J. GmbH & Co. KG firmierend und infolge Umwandlung Rechtsnachfolgerin der S. und P. GmbH, verlangt von der Beklagten die Rückzahlung einer doppelt ausgeführten Überweisung i.H.v. 51.129,19 EUR (100.000 DM).

Die S. und P. GmbH sowie die Beklagte standen bis vor einiger Zeit in langjähriger Geschäftsbeziehung. Hierbei waren schon in der Vergangenheit von der Beklagten Blitzüberweisungen auf telefonisch erteilten Auftrag durchgeführt worden. Am Donnerstag, den 28. Oktober oder am Freitag, den 29.10.1999 erteilte die Mitarbeiterin R. der S. und P. GmbH telefonisch dem Mitarbeiter L. der Beklagten in der Hauptgeschäftsstelle F. den Auftrag, eine schnellstmöglich vorzunehmende Blitzüberweisung i.H.v. 100.000 DM zu Lasten des Geschäftskontos der S. und P. GmbH an die Firma A. Spedition GmbH auf deren Konto bei der D. Bank AG, Filiale F., zu veranlassen und diese Überweisung der D. Bank AG zugleich telefonisch zu avisieren. Der Mitarbeiter L. sagte eine Ausführung auch zu - ausweislich eines von der Beklagten vorgelegten Monatsauszuges erfolgte eine Abbuchung am 28.10.1999 (B 2, Bl. 50 d.A.) -, erforderte aber noch einen unterschriebenen Überweisungsauftrag, der nachgereicht werden solle. Nach telefonischer Bestätigung der Richtigkeit der Anweisung durch Herrn K. - Mitglied der Geschäftsleitung der S. und P. GmbH - ggü. dem Mitarbeiter L. erfolgte die telegrafische Anweisung des Betrages und die telefonische Benachrichtigung der D. Bank.

Am folgenden Montag, dem 1.11.1999, reichte die S. und P. GmbH den zur Bestätigung gedachten ausgefüllten Überweisungsauftrag zusammen mit einer Reihe weiterer Aufträge bei der Filiale R. der Beklagten in F. ein. Eine Weiterleitung des Dokuments an Herrn L. erfolgte jedoch nicht. Vielmehr wurde aufgrund des aus diesem ersichtlichen Überweisungsauftrags eine weitere Überweisung i.H.v. 100.000 DM zugunsten der Firma A. ausgeführt, was die S. und P. GmbH nach Durchsicht des ihr am 3.11.1...

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