Dr. Zacharias-Alexis Schneider
1 Allgemeines
Rz. 1
Die Vorschrift ermöglicht zum Zwecke der Sicherung der Funktionsfähigkeit des steuerlichen Verwaltungsverfahrens auf Ersuchen einer Finanzbehörde die gerichtliche Vertreterbestellung für Verfahrensbeteiligte i. S. d. § 78 AO, die zwar grundsätzlich existent, aber an der aktiven oder passiven Teilnahme am steuerlichen Verwaltungsverfahren gehindert sind.
Die Norm gliedert sich in 4 Teilbereiche
- Gründe für die Bestellung eines Vertreters von Amts wegen (Abs. 1);
- Bestimmung des zuständigen Betreuungsgerichts/Familiengerichts (Abs. 2);
- Regelung des Vergütungsanspruchs des Vertreters (Abs. 3);
- Anwendbarkeit der Vorschriften über die Betreuung und Pflegschaft (Abs. 4).
Die Vorschrift erfasst fünf typisierte Fälle des Fehlens eines Verfahrensbeteiligten für den Fall der Unbekanntheit, Abwesenheit, Aufenthalt im Ausland, Krankheit oder Behinderung sowie der herrenlosen Sache.
Die Norm entspricht weitgehend den Vorschriften § 16 VwVfG (Bestellung eines Vertreters von Amts wegen), § 207 BauGB (Von Amts wegen bestellter Vertreter) und § 15 SGB X (Bestellung eines Vertreters von Amts wegen).
2 Zweck der Norm
Rz. 2
§ 81 AO bezweckt die Sicherstellung eines zügigen und ununterbrochenen Verwaltungsverfahrens durch die Bestellung eines geeigneten Vertreters für einen Verfahrensbeteiligten von Amts wegen. Ist ein Verfahrensbeteiligter für die Finanzbehörde nicht erreichbar oder nicht ansprechbar, so wird hierdurch das Verwaltungsverfahren entscheidend behindert. Dies gilt insbesondere, aber nicht ausschließlich, für die notwendige Bekanntgabe von Verwaltungsakten sowie für die Mitwirkung bei der Sachverhaltsermittlung, ohne die ein Verwaltungsverfahren in der Regel nicht effizient durchgeführt werden kann. Der Zweck des § 81 AO liegt darin, diese Behinderung des Verwaltungsverfahrens auszuräumen und sicherzustellen, dass ein handlungsfähiger Beteiligter vorhanden ist. Zum anderen trägt die Vorschrift aber auch der Zielsetzung Rechnung, dass Steuern materiell richtig festzusetzen sind. Die Abwesenheit oder Nichterreichbarkeit eines Beteiligten soll in erster Linie nicht das berechtigte Interesse der Allgemeinheit an einem störungsfreien Ablauf und dem Abschluss des Verwaltungsverfahrens beeinträchtigen sowie nicht zulasten einer zutreffenden Besteuerung – i. S. d. Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung – gehen. Durch die Bestellung eines Vertreters von Amts wegen wird schließlich aber auch dem besonderen Fürsorgebedürfnis zum Schutz des (vertretenen) Beteiligten Rechnung getragen. Dieser muss zwar einerseits das Handeln des Vertreters für und gegen sich gelten lassen, obwohl er den Vertreter nicht selbst bestellt hat; die Vertretung soll dem Beteiligten jedoch überhaupt eine Vertretung seiner Interessen ermöglichen. Die Finanzverwaltung geht selbst von einer begrenzten Praxisrelevanz der Norm aus, da diese im Allgemeinen keinen Anlass haben, die Bestellung eines Vertreters von Amts wegen zu beantragen.
Die Vorschrift gilt für das gesamte Steuerverwaltungsverfahren, nicht jedoch für das Steuerstrafverfahren, das Bußgeldverfahren oder ein finanzgerichtliches Verfahren.
Rz. 3
Die Bestellung eines Vertreters von Amts wegen ist auf die in § 81 AO genannten Fallkonstellationen beschränkt und die Regelung daher abschließend. Die Norm ist jedoch insoweit unglücklich aufgesetzt, als sie ausdrücklich nur natürliche Personen in den persönlichen Anwendungsbereich mit aufnimmt. § 81 AO findet jedoch analog entsprechend Anwendung, als die Vertreter von juristischen Personen, nicht rechtsfähigen Personengemeinschaften und sonstigen steuerrechtsfähigen Gebilden unbekannt, abwesend etc. sind.
3 Voraussetzungen der Bestellung
3.1 Beteiligter ohne Vertretung
3.1.1 Grundlagen
Rz. 4
Die Bestellung eines Vertreters gem. § 81 AO setzt voraus, dass ein Vertreter des Beteiligten nicht vorhanden ist, die Finanzbehörde nicht gem. § 156 Abs. 2 AO von der Verfahrensdurchführung absie...