Rz. 21
Die Realsteuern sind im GewStG und GrStG bundesrechtlich geregelt. In den meisten Bundesländern ist von der Möglichkeit Gebrauch gemacht worden, einen Teil der Verwaltung den Gemeindebehörden zu übertragen. Nach Abs. 2 gelten die Vorschriften der AO bei den Realsteuern auch insoweit grundsätzlich, als die Verwaltung den Gemeinden übertragen worden ist. Diese Regelung dient der Rechtseinheit in den Bundesländern.
Rz. 22
§ 1 Abs. 2 Nr. 1 AO wurde durch Art. 17 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Gesetze dahin geändert, dass bei den Realsteuern auch die Vorschriften des Vierten, Sechsten und Siebenten Abschnitts des Ersten Teils (Verarbeitung geschützter Daten, Rechte der betroffenen Personen, Datenschutzaufsicht und Rechtsschutz in datenschutzrechtlichen Angelegenheiten) Anwendung finden.
Rz. 23
In der positiven Aufzählung der durch die Gemeindebehörden anzuwendenden AO-Vorschriften, die die grundsätzliche Geltung der AO ergibt, fehlen im Wesentlichen nur die Vorschriften über die Zuständigkeit der Finanzbehörden, die Haftungsbeschränkung der Amtsträger und die Ausschließung und Ablehnung von Amtsträgern. Es erschien dem Bundesgesetzgeber trotz seiner uneingeschränkten Gesetzgebungsbefugnis für die Realsteuern zweckmäßig, die Regelungen einschließlich der Vorschriften über das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren – mit Ausnahme der §§ 351 und § 361 Abs. 1 S. 2 und Abs. 3 AO – von den Gemeinden durchführen zu lassen, soweit diesen die Verwaltung der Realsteuern übertragen worden ist.
Rz. 23a
Grundsätzlich gilt die Nichtgeltung der AO auch für die Vollstreckung.
Hier schien es dem Bundesgesetzgeber angemessen, die Gemeinden die Vollstreckung nach den auch sonst von ihnen anzuwendenden Landesvorschriften durchführen zu lassen.
Durch den zum 29.12.2020 neu eingefügten § 1 Abs. 2 Nr. 6 AO wird jedoch nunmehr bundesgesetzlich bestimmt, dass § 249 Abs. 2 S. 2 AO von dem Gemeinden bei der Verwaltung von Realsteuern angewendet werden kann. Aufgrund der damit unmittelbar anzuwendenden Offenbarungsvorschrift können die Gemeinden Ihnen bekannte Informationen, die dem Steuergeheimnis unterliegen, zukünftig auch für die Vollstreckung von nichtsteuerlichen Forderungen nutzen.
Rz. 24
Nicht die Regeln der AO über das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren, sondern die Vorschriften der VwGO über das Widerspruchsverfahren sind anzuwenden, weil der Rechtsweg in Realsteuersachen – soweit die Gemeinden zuständig sind – zu den Verwaltungsgerichten führt, vor denen die Gemeinden auch sonst die öffentlich-rechtlichen Rechtsstreitigkeiten führen. Ausnahmsweise sind von den Vorschriften der AO über das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren jedoch auch hier § 351 sowie § 361 Abs. 1 S. 2 und Abs. 3 als notwendige Ergänzungen der Vorschriften der VwGO über das Widerspruchsverfahren anwendbar.
Rz. 25
Die Vorschriften der AO befassen sich mit Fragen des Verhältnisses zwischen Grundlagen- und Folgebescheiden bei der Vollziehbarkeit bzw. Aussetzung der Vollziehung im Rechtsbehelfsverfahren. Dagegen gilt im Widerspruchsverfahren nach der VwGO § 110 trotz Fehlens einer Ausnahme in § 1 Abs. 2 Nr. 3 AO nicht. Der unmittelbare Zusammenhang mit dem außergerichtlichen Verfahren, das sich nicht nach der AO regelt, muss hier vorgehen. Die Vorschriften über die sachliche und örtliche Zuständigkeit sowie über die Ausschließung und Ablehnung von Amtsträgern und anderen Personen sind nicht anwendbar, da sie die Gemeinden entweder nicht berühren oder die Besonderheiten der Gemeindeverwaltungen nicht berücksichtigen. Ebenso wenig ist § 32 AO zur Haftungsbeschränkung der Amtsträger anwendbar.
Rz. 26
Zur Frage des Prüfungsrechts der Gemeinden bei den Realsteuern vgl. § 21 Abs. 3 FVG. Ein eigenes Prüfungsrecht steht den Gemeinden nicht zu.