Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 178
Beim Strukturwandel eines (gewerblichen, land- und forstwirtschaftlichen oder freiberuflichen) Betriebs zur Liebhaberei sind die in der betrieblichen Zeit angesammelten stillen Reserven steuerlich verhaftet (verstrickt), die später während der Liebhaberei entstehenden stillen Reserven aber nicht. Der Übergang zur Liebhaberei stellt keine Betriebsaufgabe/Entnahme dar, sodass die steuerverhafteten, in der betrieblichen Zeit angesammelten stillen Reserven noch nicht zu diesem Zeitpunkt, sondern erst später bei tatsächlicher Veräußerung oder der tatsächlichen Entnahme realisiert und versteuert werden. Die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens bleiben eingefrorenes Betriebsvermögen. Der Übergang eines Betriebs, der seinen Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, zur Liebhaberei führt auch nicht zum Wechsel der Gewinnermittlungsart, sodass auch kein Übergangsgewinn anzusetzen und sofort zu versteuern ist. Da dies lange Zeit später erfolgen kann, ist es zweckmäßig, den Unterschied zwischen gemeinem Wert und Buchwert gesondert und, wenn mehrere Beteiligte vorhanden sind, einheitlich festzustellen. Diese Möglichkeit eröffnet § 8 der VO zu § 180 Abs. 2 AO.
Rz. 178a
§ 8 der VO gilt nur für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, nicht für Umlaufvermögen. Hat der Betrieb bis zum Übergang zur Liebhaberei seinen Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, waren die Anschaffungskosten der Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens als Betriebsausgaben abgezogen worden. Im Falle der Veräußerung von Umlaufvermögen nach dem Übergang zur Liebhaberei ist daher derjenige Nettobetrag des einzelnen Wirtschaftsgutes des Anlagevermögens als nachträgliche Betriebseinnahme zu versteuern, mit dem es zum Zeitpunkt des Übergangs zur Liebhaberei in eine Übergangsbilanz einzustellen gewesen wäre. Eine gesonderte Feststellung dieser Werte auf den Zeitpunkt des Übergangs zur Liebhaberei erfolgt nicht, ist ggf. auch nicht notwendig, wenn das zu diesem Zeitpunkt vorhandene Umlaufvermögen zeitnah veräußert wird.
Rz. 179
Da Tatbestandsvoraussetzung des § 8 der VO die Wandlung eines Betriebs zur Liebhaberei ist, ist die Vorschrift nur auf die drei Gewinneinkunftsarten anwendbar. Ein Bedürfnis für eine gesonderte Feststellung bei den Überschusseinkünften besteht nicht, da hier die stillen Reserven nicht steuerverhaftet sind (keine Besteuerung von reinen Vermögenssteigerungen).
Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist Voraussetzung für die gesonderte Feststellung, dass der Betrieb ab einem bestimmten Zeitpunkt zur Liebhaberei übergegangen ist. Das setzt voraus, dass vor diesem Zeitpunkt Gewinnerzielungsabsicht bestand, die zu dem Zeitpunkt entfallen ist. Sehr weitgehend wendet FG Mecklenburg-Vorpommern diese Vorschrift auch für den Fall an, dass von Anfang keine Gewinnerzielungsabsicht bestand, dies aber bestandskräftig in den Steuerbescheiden zu Unrecht angenommen wurde. M. E. ist dem nicht zu folgen. Nach § 8 der VO kommt es darauf an, dass der Betrieb ab einem bestimmten Zeitpunkt und damit tatsächlich von der Gewinnerzielungsabsicht zur Liebhaberei übergegangen ist. Es ist damit eine Handlung des Stpfl. erforderlich, der die Gewinnerzielungsabsicht aufgibt. Es kommt daher nicht darauf an, ob formal eine Änderung in der steuerlichen Behandlung erfolgt, weil das FA für die vorhergehende Zeit zu unrichtigen Entscheidungen gekommen war.
Rz. 180
Diese Feststellung ist durchzuführen, ein Ermessensspielraum der Verwaltung besteht nicht. Da § 180 Abs. 3 AO für § 180 Abs. 2 AO nicht gilt, sind Feststellungen auch in Fällen geringerer Bedeutung durchzuführen. Das bedeutet, dass die (spätere) steuerliche Erfassung der stillen Reserven davon abhängig ist, dass sie gesondert festgestellt worden sind. Ist die Feststellung unterblieben, und kann sie auch nicht mehr nachgeholt werden, etwa weil die Feststellungsfrist abgelaufen ist, weil die Finanzbehörde von dem Strukturwandel nichts erfahren hat, sind die stillen Reserven endgültig der Steuer entzogen. Die Regelung dürfte insgesamt unzweckmäßig sein, da in einer Vielzahl von Fällen bereits Feststellungsverjährung eingetreten sein wird, wenn die Finanzbehörde von dem Sachverhalt Kenntnis erhält.
Die gesonderte Feststellung ist auf den Zeitpunkt des Übergangs zur Liebhaberei zu treffen (maßgeblicher Zeitpunkt).
Rz. 181
Festzustellen ist der Unterschiedsbetrag zwischen gemeinem Wert im maßgeblichen Zeitpunkt und dem Wert, der in diesem Zeitpunkt nach den steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften anzusetzen ist (Buchwert) der Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Das gilt auch für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG. Ein Übergang zum Betriebsvermögensvergleich ist darin nicht zu sehen, da die steuerliche Behandlung der Anschaffungskosten bei Anlagevermögen unabhängig von der Gewinnermittlungsart ist. Festgestellt wird nur der Unterschiedsbetrag; Buchwert und gemeiner Wert sind nur unselbstständige Besteuerungsgrundlagen, die nicht i...