Rz. 1
Nach § 189 S. 1 AO ist eine Zerlegung zu ändern oder nachzuholen, wenn der Anspruch eines Steuerberechtigten im Zerlegungsbescheid nicht behandelt, also weder berücksichtigt noch zurückgewiesen, worden ist. Ist der Anspruch, z. B. durch Anwendung eines falschen Zerlegungsmaßstabs, in zu geringer Höhe berücksichtigt worden, so ist dies vom Steuerberechtigten im Rechtsbehelfsweg oder durch eine andere Änderung zu verfolgen. Ist der beanspruchte Anteil nicht anerkannt worden, so ist er im Zerlegungsbescheid mit der Angabe "0 EUR" oder auf andere Weise zurückzuweisen, da sonst die Änderungsmöglichkeit des S. 1 anzunehmen ist. Aus welchem Grund der Anspruch des Steuerberechtigten nicht berücksichtigt oder zurückgewiesen worden ist, ist ohne Bedeutung. Eine Änderung nach § 189 AO bedarf keiner neuen Tatsachen oder Beweismittel. Ob die Beteiligung mangels Anspruchserhebung unbekannt war, ob sie übersehen worden ist oder ob neue Tatsachen oder eine Änderung der Rspr. die Veranlassung gegeben haben, ist dafür belanglos, ob eine Änderung nach S. 1 durchzuführen ist. Korrektiv für diese großzügigen Voraussetzungen ist die Befristung des S. 2.
Rz. 2
Die Berücksichtigung des Anspruchs eines Steuerberechtigten kann nach S. 1 auch nachzuholen sein. Diese Nachholung tritt an die Stelle der Änderung in den Fällen, in denen eine Zerlegung bisher vollständig unterblieben ist. Ist ein GewSt-Bescheid unmittelbar auf der Grundlage eines Steuermessbescheids ergangen, da ein Zerlegungsfall nicht als gegeben angesehen wurde, und wird danach ein Anteil am Steuermessbetrag von einer weiteren Gemeinde beansprucht, so ist die Zerlegung nachzuholen.
Rz. 3
Die Änderung oder Nachholung setzt nicht die Unanfechtbarkeit des Zerlegungsbescheids voraus (Umkehrschluss aus S. 2). Sie kann von Amts wegen oder auf Antrag geschehen. Den Antrag kann nur der Steuerberechtigte, nicht der Stpfl. stellen. Auch ein Tätigwerden der Gemeinde nach den Grundsätzen über die Geschäftsführung ohne Auftrag kommt nicht in Betracht.
Rz. 4
Die Änderung oder Nachholung beschränkt sich bei Unanfechtbarkeit des Zerlegungsbescheids nach S. 2 auf die nachträgliche Berücksichtigung des bisher übergangenen Steuerberechtigten. Eine weitergehende Aufrollung soll von dem Augenblick an nicht mehr möglich sein, in dem die bisher beteiligten Steuerberechtigten den Zerlegungsbescheid nicht mehr anfechten können. Vor der Unanfechtbarkeit sind dagegen unter den Voraussetzungen des S. 1 Änderungen und Nachholungen zulässig. Das bedeutet insbesondere, dass bei nachträglicher Berücksichtigung eines Anteils nach Unanfechtbarkeit der danach verbleibende Teil des Messbetrags nach dem Aufteilungsmaßstab des ursprünglichen Zerlegungsbescheids auf die anderen Steuerberechtigten zu verteilen ist.
Rz. 5
Lange Zeit war es in Rspr. und Lit. heftig umstritten, ob S. 2 die Änderung von Zerlegungsbescheiden nach anderen Änderungsvorschriften ausschließt. Der Wortlaut der Vorschrift mit der Formulierung "dürfen bei der Änderung der Zerlegung nur solche Änderungen vorgenommen werden, die sich aus der nachträglichen Berücksichtigung der bisher übergangenen Steuerberechtigten ergeben" schien eine Änderungssperre auszudrücken. Hinzu kam, dass eine entsprechende Anwendung anderer Änderungsvorschriften, insbesondere des § 173 Abs. 1 AO, wegen grundlegender struktureller Unterschiede zwischen dem Zerlegungsverfahren und der Steuerfestsetzung Schwierigkeiten bereitet und deswegen für unzulässig erklärt wurde. Der BFH hat sich in einer grundlegenden Entscheidung für die Zulässigkeit solcher Änderungen entschieden. Er hat diese Auffassung mehrfach bestätigt, und zwar auch für andere Änderungs- und Berichtigungsgrundlagen. Die Folgeänderungen nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO bei Änderungen des Steuermessbescheids als des Grundlagenbescheids waren auch zuvor allgemein für zulässig gehalten worden. Die Lit. hat sich der Auffassung des BFH zwischenzeitlich angeschlossen. Zur Veränderbarkeit des Zerlegungsmaßstabs bei Änderungen des Zerlegungsbescheids gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO s. § 185 AO Rz. 4.